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       # taz.de -- Datenschützerin über Patienten-Apps: „Nicht mit Gesundheit spielen“
       
       > Krankenkassen wollen per App Gesundheitsdaten austauschen. Rena Tangens
       > sagt, dass zentrale Problem dabei ist, dass dafür Smartphones verwendet
       > werden.
       
   IMG Bild: Keine Zettelwirtschaft mehr: Daten aus den Krankenakten sollen per App zugänglich werden
       
       taz: Frau Tangens, die Digitalisierung des Gesundheitswesens schreitet
       voran. Ist das gut? 
       
       Rena Tangens: Es ist wünschenswert, dass die PatientInnen Zugang zu ihren
       Gesundheitsdaten bekommen. Aber die Angebote, die bisher auf dem Markt
       sind, sind unzureichend.
       
       Warum? 
       
       Tangens: Zentrales Problem ist, dass die Gesundheitsdaten vom Smartphone
       abgefragt werden sollen. Es wird zwar damit geworben, dass nur die
       Patienten selbst Zugriff haben, und es gibt eine
       Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Tatsächlich ist es aber so, wenn ich Zugang
       zu den Daten über das Smartphone bekommen kann, ist das auch für
       Arbeitgeber und andere Dritte möglich. Der Chef könnte vor einer
       Personalentscheidung nach den Gesundheitsdaten fragen und seine Wahl auch
       danach treffen. Wer seine Krankenakte nicht zeigt, kommt nicht in die
       engere Auswahl.
       
       Ein starker Raucher könnte gezwungen sein, seine Daten offenzulegen, um zu
       zeigen, dass er ganz gesund ist? 
       
       Das hat etwas mit Machtverhältnissen in der Gesellschaft zu tun. Ein Chef
       kann den Bewerber zwar nicht zwingen, aber er kann Druck ausüben. Auch
       Versicherer haben großes Interesse an diesen Informationen. Etwa wenn es
       um den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung geht. Die Konditionen
       könnten – unabhängig vom tatsächlichen Gesundheitszustand – teurer werden,
       wenn jemand seine Krankenakte nicht offenlegt.
       
       Wie gut ist der Schutz technisch? 
       
       Gesundheitsdaten via Smartphone zugänglich zu machen halte ich für
       unverantwortlich. Schadsoftware, sogenannte Trojaner, können
       Sicherheitslücken in der IT ausnutzen und einen Komplettzugriff bekommen.
       Dabei ist es möglich, dass jeder Tastendruck aufgezeichnet und jede Anzeige
       auf dem Bildschirm mitgeschnitten und irgendwo anders hingeschickt wird.
       Dagegen hilft auch keine PIN und kein komplexes Passwort.
       
       Überwachung, Missbrauch, Datenhandel sind berechtigte Einwände. Aber
       profitieren nicht auch Patienten von der digitalen Akte? 
       
       Das bestreite ich nicht. Aber wir sollten unbedingt über den Tellerrand
       schauen und nicht nur an unsere eigene Bequemlichkeit denken. Es geht nicht
       mehr nur um digitale Akten, die Angebote gelten längst als
       Gesundheitsplattform, die sämtliche Daten über uns sammeln und
       weiterleiten. Zum Beispiel, wenn ich joggen gehe und einen Fitnesstracker
       nutze. Im Moment habe ich die Wahl, ob meine Daten an meine
       Krankenversicherung weitergeleitet werden. Dies könnte anders werden. Bin
       ich fit genug? Wie viel Schlaf bekomme ich? All diese Infos könnten
       zusammengeführt werden. Das würde unser Leben komplett verändern.
       
       Wie könnten wir vor allem die Vorteile der Gesundheits-Apps nutzen? 
       
       Denkbar wäre ein separates, extra abgesichertes Gerät. Denn mit unserer
       Gesundheit sollten wir nicht spielen.
       
       18 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tanja Tricarico
       
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