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       # taz.de -- Debatte über Pränataltests im Bundestag: Fortschritt oder „Selektion“?
       
       > Seit 2022 ist der Test auf mögliche Trisomien für Schwangere
       > Kassenleistung. Bundestagsabgeordnete wollen das nun überprüfen lassen.
       
   IMG Bild: Eine medizinisch-technische Assistentin mit der Blutprobe einer schwangeren Frau
       
       Berlin taz | Am Mittwoch debattiert der Bundestag über Regeln für den
       Einsatz von Pränataltests. Der Antrag wurde von einer überparteilichen
       Gruppe eingebracht, in der Abgeordnete aller Parteien außer der AfD
       vertreten sind. Initiiert wurde er unter anderem von Corinna Rüffer (Grüne)
       und Hubert Hüppe (CDU). Die Abgeordneten wollen die letzten zwei Jahre seit
       [1][Einführung des nichtinvasiven Pränataltests (NIPT) als Kassenleistung]
       überprüfen lassen. Außerdem soll eine Expert:innenkommission
       eingesetzt werden, die den Bundestag berät, um den Einsatz von
       Pränataltests besser zu regeln.
       
       NIPT können in einem frühen Stadium der Schwangerschaft durch eine einfache
       Blutentnahme Hinweise auf eine genetische Anomalie des Fötus geben. Die
       Bekannteste ist Trisomie 21, auch bekannt als Downsyndrom. Allerdings gibt
       es auch andere genetische Fehlbildungen wie Trisomie 13 und 18, die zu
       deutlich schwereren Beeinträchtigungen führen. Seit 2022 werden die Kosten
       eines NIPT von der Krankenkasse übernommen. Seitdem ist die Zahl der
       Schwangeren, die den Test durchführen lassen, deutlich gestiegen.
       
       „NIPT als Kassenleistung ist ein humanitärer Rückschritt“, sagte der
       Abgeordnete Hubert Hüppe der taz. Der Test wirke der [2][Teilhabe von
       Menschen mit Behinderungen] entgegen und führe zu mehr Abtreibungen
       ungeborener Kinder mit Behinderungen. „Der Test dient nicht der Therapie,
       sondern der Selektion“, so Hüppe. Der Status als Kassenleistung verleihe
       NIPT ein besseres Image. Frauen, die ihn ablehnten, gerieten aber unter
       weiteren Rechtfertigungsdruck, so Hüppe.
       
       Die Antragsteller:innen behaupten einen Zusammenhang zwischen dem
       Einsatz von NIPT und der [3][gestiegenen Anzahl von Spätabbrüchen].
       Statistische Belege gibt es dafür keine. Die Spätabbrüche sind in
       Deutschland im gesamten Zeitraum 2012 bis 2022 kontinuierlich angestiegen,
       also auch, bevor der NIPT kostenlos wurde.
       
       ## Keine klaren Richtlinien
       
       Der Test wird auch deswegen häufiger durchgeführt, weil unklar geregelt
       ist, wann er eingesetzt werden sollte. Als der NIPT 2022 Kassenleistung
       wurde, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) dafür keine klaren
       Richtlinien festgelegt. Medizinische Studien haben ergeben, dass ein NIPT
       für jüngere Schwangere nicht allgemein sinnvoll ist, weil es dann eine
       höhere Chance gibt, dass der Test falsch positiv ist.
       
       Die fehlende Festlegung lässt einen großen Handlungsspielraum für
       Gynäkolog:innen. Um sich rechtlich abzusichern, führen viele den Test in
       Situationen durch, in denen er medizinisch nicht unbedingt notwendig ist.
       Auch aus Sicht der Schwangeren bleibt durch diese Regelung eine
       Unsicherheit.
       
       Der Antrag der Abgeordneten kritisiert das und verweist auf eine Umfrage,
       nach der etwa 30 Prozent der Frauen die Informationen, die sie von den
       Krankenkassen über den Test bekommen, als klare Empfehlung zur Durchführung
       des Bluttests verstehen würden.
       
       23 Apr 2024
       
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       ## AUTOREN
       
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