# taz.de -- Debatte um das N-Wort: Woher kommt diese Obsession?
> Satire oder Zitat werden oft als Entschuldigung für die Verwendung des
> N-Wortes genutzt. Doch warum wollen einige Worte nutzen, die andere
> verletzen?
IMG Bild: Auch mittelmäßige WG-Partys sind keine Rechtfertigung, das N-Wort mitzugrölen
Eigentlich wollte ich über Liebe, Dates und Issa Raes Hochzeit schreiben,
aber die Obsession nicht-Schwarzer Menschen, das N-Wort zu sagen, zwingt
mich mal wieder, aus meiner Liebesblase herauszutreten.
Die Kanzlerkandidatin der Grünen, [1][Annalena Baerbock, nutzte in einem
Interview das rassistische „N-Wort“] und entschuldigte sich daraufhin auf
Twitter. Direkt danach gingen die Diskussionen los. Ich als offizielle
Vertreterin der Anna Dushimes, die in Berlin wohnen und eine taz Kolumne
schreiben, möchte mich nun dazu äußern.
Baerbock wurde viel kritisiert und verteidigt. Ihre Verteidiger*innen
sprachen über Kontext und Intention und betonten, dass sie das Wort nur
zitiert habe. Ich finde es gut, dass sie sich entschuldigt hat, und finde
auch, dass es absolut nicht das Gleiche ist, das Wort beleidigend jemandem
entgegenzubrüllen und in einem Gespräch zu „zitieren“.
Die Frage, welche Gespräche ein solches Zitat brauchen, lass ich mal hier
so im Raum stehen. Um mal eines unmissverständlich klar zu machen: Ich
finde, dass weiße Menschen niemals das Wort nutzen sollten. Weder beim
Zitieren noch bei einer mittelmäßigen WG-Party, weil das Lied n****s in
Paris von Kanye West und Jay-Z läuft.
## Oft die Zähne zusammengebissen
Viele Schwarze Menschen werden das kennen: Kontext, Satire, Zitat werden
oft als Entschuldigung für die Verwendung des Wortes genutzt. [2][Jede
Schwarze Person, die ich kenne, zuckt zusammen], wenn sie das Wort aus dem
Mund nicht-Schwarzer Menschen hört. Egal in welchem Zusammenhang. Ja, Luca
auch dein Freund, der das angeblich witzig findet, hat sich entweder
irgendwann damit arrangiert, weil er keine Lust hat, „Spielverderber“ zu
sein, oder glaubt, dass das der Preis ist, um dazuzugehören.
Wie oft habe ich in der Schule als Elfjährige die Zähne zusammengebissen,
wenn im Unterricht das Wort von Lehrer*innen und Schüler*innen
verwendet wurde. Weil es in einem Text vorkam oder aus anderen Gründen im
Unterricht Thema war. Was wollen denn die Verfechter*innen des
Kontextarguments der elfjährigen Anna erklären, die traurig und wütend nach
Hause kam, weil sie das Wort an dem Tag zehnmal gehört hat?
Und wenn ich oder meine Schwestern so beleidigt wurden und es der
Vertrauenslehrerin sagten, die daraufhin das Wort ebenfalls mehrmals
wiederholte? Dazu empfahl sie uns auch, die Jungs, die uns beleidigt
hatten, doch mal Weißbrot zu nennen. Ich glaube inzwischen, dass das Satire
war.
[3][Das Wort schmerzt,] und jedes Gespräch gepaart mit der Bitte, das nicht
mehr zu verwenden, fühlt sich so an, als würden wir immer und immer wieder
unsere Menschlichkeit verhandeln. Dabei ist es doch wirklich nicht so
kompliziert: Wenn du nicht Schwarz bist, benutzt du das Wort nicht. Was ich
gerne verstehen würde: Woher kommt diese Obsession mit dem N-Wort? Warum
darauf beharren, ein Wort zu verwenden, das so vielen Menschen weh tut?
27 Jul 2021
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## AUTOREN
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