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       # taz.de -- Demonstration gegen Plastik: „Wir müssen radikaler werden“
       
       > Am Samstag findet in Berlin die Bye-Bye-Plastik-Demonstration statt. Die
       > Veranstalter fordern Mut zum zivilen Ungehorsam.
       
   IMG Bild: Eine Hassliebe: Plastik schadet Mensch und Umwelt, macht aber auch ganz schön viel Spaß
       
       taz: Herr Maiwald, Ihre Umweltinitiative „Civil Integrity“ organisiert ihre
       erste Demo in Berlin. Was wollen Sie erreichen? 
       
       Phillip Maiwald: [1][Unsere Initiative] steckt noch in der Aufbauphase. Wir
       wollen aber schon jetzt einen kleinen Beitrag im Kampf gegen
       Umweltverschmutzung leisten. Durch kreative Aktionen wollen wir eine
       Botschaft an die Politik senden, die sich dringend mit der Vergiftung der
       Erde und der Bedrohung durch den Klimawandel beschäftigen muss. Das sind
       aus unserer Sicht die größten Probleme der Gegenwart und wir haben keine
       Zeit, „realpolitisch“ immer nur kleine Schritte zu gehen.
       
       Sie fordern dazu auf, Müll auf die Straßen zu werfen . 
       
       Das ist höchstens eine versteckte Aufforderung. Ich werde bei der Demo
       nicht dazu aufrufen, Müll auf die Straße zu schmeißen. Das ist zunächst
       eine Idee und ein Anstoß, über andere Protestformen nachzudenken. Dazu
       könnte [2][auch ziviler Ungehorsam] gehören. Wir können nicht immer nur
       freundlich und kooperativ sein. Wir brauchen kreativen Protest am Rande des
       rechtsstaatlichen Rahmens um eine andere Gangart angesichts der drängenden
       Probleme einlegen zu können. Es wäre schön, wenn diese Idee diskutiert wird
       und sich herumspricht. Mal sehen was passiert, vielleicht ja eine kleine
       Revolution.
       
       Warum nicht Müll aufsammeln? 
       
       Ich finde im Jahr 2018 ist es kompletter Blödsinn, das [3][Plastik auf den
       Straßen einzusammeln]. Ich mache das auch manchmal, aber denke dann oft:
       Die Dinge, die wir wegräumen, liegen am nächsten Tag schon wieder dort.
       Deswegen wählen wir den gegenteiligen Ansatz. Was wäre, wenn wir unseren
       Plastikmüll in großem Maßstab auf die Straße werfen? In dezentralen, gut
       organisierten Aktionen zum Beispiel.
       
       Stellen Sie Ihre Forderungen auch an das Konsumverhalten der Einzelnen? 
       
       Uns geht es weniger um die Verbraucher. Das ist eine Ruhigstellungstaktik,
       wenn gesagt wird Konsumenten seien verantwortlich. Klar können wir unser
       Einkaufsverhalten hinterfragen. Aber die Verantwortlichen in der Politik
       und die Lobbyisten der Wirtschaftszweige tragen auch Verantwortung. Und die
       kann man den normalen Bürgern nicht einfach überstülpen. Es ist zu spät um
       ausschließlich auf Umweltbildung zu setzen.
       
       Sie protestieren gegen Plastik. Auf manchen Ihrer Protestschilder steht
       aber „I love Plastic“.
       
       Unsere Beziehung zu Plastik ist ambivalent. Wir alle sind mit Kunststoff
       groß geworden, es vereinfacht das Leben. Ich sehe da eine Hassliebe und
       glaube, dass wir liebevoller denken müssen. Es nützt nichts, das Plastik zu
       dämonisieren. Wir müssen anders recyclen, wertschätzender damit umgehen, es
       teilweise neu erfinden. Das muss man mitdenken, wenn man etwas
       entgegensetzen will.
       
       Was hat Kunst mit ihrem politischen Anliegen zu tun? 
       
       Wenn wir uns heutzutage an Politik und Gesellschaft wenden, ist das
       Erscheinungsbild wichtig. Wir wollen ästhetisch nicht an die klassische
       80er Jahre-Optik anknüpfen, mit dieser nach oben gereckten, roten Faust.
       Wir wollen zeitgemäßer, inhaltlich pointierter und provokanter sein.
       
       Also muss man Protest besser vermarkten? 
       
       Es ist auch grenzwertig, wenn alles eventisiert werden muss um die Leute zu
       mobilisieren. [4][Party-Protest] sehe ich eher kritisch. Wir wollen am
       Samstag zum Beispiel ruhige 60er-Jahre-Musik spielen. Das soll ein
       besinnlicher Spaziergang werden, keine laute Party.
       
       Ihre Initiative nennt sich postaktivistisch. Was meinen Sie damit?
       
       Protest muss einen Schritt weitergehen. Wir müssen aus der Komfortzone
       herauskommen, schärfer und radikaler werden. Mit Kreativität, Humor und
       Gelassenheit geht die Kultur des Protests weiter. Wir sind nicht die
       ersten, die das machen, aber andere Aktionen bleiben oft sehr klassisch und
       sind nicht an so provokante Aktionen gekoppelt.
       
       14 Sep 2018
       
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