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       # taz.de -- Depressionen im Sommer: Kaum erforschte Summertime Sadness
       
       > Den Winterblues kennen viele, die Sommerdepression ist weniger bekannt.
       > Gerade angesichts der Klimakatastrophe ist das Wissen darum wichtig.
       
   IMG Bild: Summersadness oder Summerblues sind nicht so bekannt
       
       Es ist heiß. Verdammt heiß. Während sich die meisten übers Badewetter
       freuen, ist die Stimmung – ganz euphemistisch umschrieben – bei anderen
       weniger heiter als wolkig. Denn tatsächlich leiden manche Menschen mit
       einer sogenannten saisonal-affektiven Störung (SAD) bei diesem Wetter
       besonders.
       
       Den Begriff [1][Winterblues kennen viele], die Summertime Sadness aber ist
       einem wohl vorrangig aus dem gleichnamigen Lied der Popsängerin Lana Del
       Rey bekannt – außer man ist selbst betroffen. Dann äußert sich die
       Sommerdepression in Unruhe, Schlafschwierigkeiten, erhöhter Reizbarkeit,
       Appetitlosigkeit und Rückzug.
       
       Letzteres mag auch mangelndem Verständnis anderer geschuldet sein,
       schließlich ist objektiv ja grad die schönste Zeit im Jahr und etwaige
       Missstimmung nur schwer nachvollziehbar.
       
       Anders verhält es sich, wenn die saisonal-affektive Störung in Herbst und
       Winter auftritt, denn hier sorgt mangelndes Tageslicht für depressive
       Symptome. Bei leichter Ausprägung reicht es meist, der
       Herbst-/Winterdepression mit einer Lichttherapie und/oder der Zugabe von
       Vitamin D3 zu begegnen.
       
       Die Ursachen für das Stimmungstief im Sommer sind bisher allerdings weniger
       gut erforscht. Wissenschaftler*innen der Medizinischen Universität
       Graz gehen davon aus, dass hier ein Zusammenhang mit der Produktion [2][des
       Hormons Melatonin] besteht. Ausgeschüttet wird es, wenn es dunkel wird, so
       reguliert es unseren Wach-Schlaf-Rhythmus. Werden im Sommer die Tage
       länger, komme es, so die Forscher*innen, vermutlich zu Störungen bei der
       Melatoninproduktion oder auch -ausschüttung.
       
       ## Mehr Suizide bei Hitze
       
       Dies sorge für innere Unruhe, könne aber auch andere chemische Prozesse
       beeinflussen, die schließlich zu einer echten [3][Depression] führen.
       Betroffen sind schätzungsweise „nur“ etwa 4–6 Prozent der Bevölkerung,
       wobei die Sommerdepression verschiedenen Untersuchungen zufolge besonders
       bei Frauen zwischen 20 und 40 Jahren aufzutreten scheint.
       
       Auch unter zu depressiven Episoden Neigenden sind Unterschiede auszumachen,
       wenn es um eine SAD geht: So treten saisonal-affektive Störungen eher bei
       jenen mit einer bipolaren Störung auf als bei denjenigen, die zu einer
       unipolaren Depression neigen.
       
       Besonders schwerwiegend: Mit dem Pegelstand auf dem Thermometer steigt auch
       die Suizidrate. Zwar erhöhen steigende Temperaturen nicht direkt die
       Motivation zu einem Suizid, sie gelten aber mittlerweile als ein (!)
       beeinflussender Faktor. Vor allem hinsichtlich des Klimawandels [4][und der
       damit verbundenen Hitzesommer], die eher mehr als weniger werden, ist diese
       Entwicklung mehr als nur eine Beobachtung wert.
       
       29 Jun 2022
       
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