# taz.de -- Der sonntaz-Streit: Zeigefinger gen Osten
> Bundespräsident Joachim Gauck reist nicht zu den Winterspielen nach
> Sotschi. Dürfen wir es uns mit Russland verscherzen?
IMG Bild: Umstritten: Russlands Präsident Wladimir Putin.
Bundespräsident Gauck wird 2014 nicht nach Sotschi reisen. Vielleicht, weil
er ohnehin nie zu den olympischen Winterspielen fahren wollte. Vielleicht
aber auch, und das ist wahrscheinlicher, weil er gegen all die russischen
Missstände aufbegehren möchte, die das olympische Ereignis ins Licht einer
globalen Öffentlichkeit zerrt: ausgebeutete Wanderarbeiter, Korruption,
Homophobie und Umweltzerstörung. Es bedarf keiner bundespräsidialen
Begründung, um diesen Zusammenhang auszumachen.
Anders als Gauck begründete Viviane Reding, EU-Kommissarin für Justiz,
Grundrechte und Bürgerschaft, ihre Absage.
[1][//twitter.com/VivianeRedingEU/status/410127509674803200:Auf Twitter
schrieb sie]: „Ich werde sicherlich nicht nach Sotschi reisen, solange
Minderheiten weiter so von der russischen Regierung behandelt werden“.
Dem Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder wäre ein solcher Affront nie
untergekommen. Der russische Präsident Wladimir Putin und der Anwalt aus
Hannover sind Freunde. Sie können gut miteinander, sind ein eingespieltes
Team. Und wenn in Deutschland Kritik am russischen Präsidenten aufkam,
stellte sich Schröder schützend vor ihn. Putin sei ein lupenreiner
Demokrat, sagte er. Basta.
Noch heute erntet er Hohn und Spott für diesen Satz. Dass ihm das egal ist,
gilt als sicher. Dank seiner engen Beziehung Putin hat er heute ein gutes
Auskommen. Er darf sich um die Ostseepipeline kümmern, die sie gemeinsam
durchboxten.
Aber was, wenn hinter diesem mitunter obskuren Schauspiel nicht nur
Eigennutz, sondern auch eine wahre Einsicht steckt? Vielleicht ist der gute
Draht in den Kreml eine Notwendigkeit, weil man auf Putins autokratisches
Russland angewiesen ist – im UN-Sicherheitsrat, in Sachen Energieversorgung
und in der europäischen Außenpolitik.
Kann Deutschland, kann Europa unaufhörlich mit dem Zeigefinger auf Moskau
deuten? Darf ein deutsches Staatsberhaupt dem ewigen Regenten Putin
Benimmunterricht erteilen? Ist es konsequent, nur gen Osten von Freiheit zu
schwadronieren – und die USA und ihren Umgang mit Whistleblowern zu
schonen? Sollte tatsächlich die Moral- der Realpolitik den Garaus machen?
Wie sehen Sie das? Dürfen wir es uns mit Russland verscherzen?
Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten
Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom
14. Dezember/15. Dezember. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen
und mit dem Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin
oder des Autors versehen sein. Oder schicken Sie uns bis Mittwoch, 11.
Dezember, eine Mail an: streit@taz.de
10 Dec 2013
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