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       # taz.de -- Deutschlandticket wird teurer: Bye-bye, billig Bahn fahren!
       
       > Der Preis fürs 49-Euro-Ticket steigt, wie viel, ist offen. Derweil zeigt
       > eine neue Analyse: Es gibt zwar mehr Autos – aber weniger Verkehr.
       
   IMG Bild: Laut einer Studie führte das D-Ticket dazu, dass 2023 mehr Strecken mit der Bahn zurückgelegt wurden als 2019
       
       Berlin taz | Das Deutschlandticket wird im nächsten Jahr teurer – wie sehr
       der Preis steigt, ist allerdings nach wie vor unklar. „Die
       Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister der Länder sind sich einig, dass
       es im Jahr 2025 eine Erhöhung des Ticketpreises geben wird“, sagte
       Nordrhein-Westfalens Ressortchef Oliver Krischer (Grüne) nach einer
       Sonderkonferenz der Landesverkehrsminister:innen in Düsseldorf.
       
       Die Details der Preiserhöhung wollen Krischer und seine Kolleg:innen auf
       ihrer nächsten regulären Konferenz im Herbst klären. 2024 werde der Preis
       nicht steigen, [1][sagte der NRW-Verkehrsminister], „es wird bei dem Preis
       für 49 Euro bleiben“. Zumindest, wenn der Bund das bereits zugesagte
       Restgeld aus dem Jahr 2023 auf dieses Jahr überträgt.
       
       Dafür ist eine Änderung des Regionalisierungsgesetzes nötig, das die
       Finanzierung des Nahverkehrs in den Bundesländern regelt. Das
       Bundeskabinett will sich damit kommende Woche befassen, sagte ein Sprecher
       von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP).
       
       Seit Monaten stand im Raum, dass das 49-Euro-Ticket ab 2025 mehr kosten
       würde. „Damit zerstört die Bundesregierung eines ihrer erfolgreichsten
       Projekte selbst“, kritisiert Bernd Riexinger, verkehrspolitischer Sprecher
       der Linken im Bundestag. Wenn mehr Leute vom Auto auf klimafreundliche
       Verkehrsmittel wie Bus und Bahn umsteigen sollen, müsse der Preis für das
       Deutschlandticket sinken.
       
       ## Mehr Autos – aber weniger Autoverkehr
       
       Bisher konnte das Deutschlandticket laut einer neuen Analyse immerhin
       einige Reisende und Pendler:innen von der Straße in den Nahverkehr
       holen. In Deutschland gab es 2023 84,7 Millionen Menschen und 49 Millionen
       zugelassene Autos – so viele wie nie zuvor. Trotzdem sei auf deutschen
       Straßen weniger Verkehr gewesen als 2019, vor dem Beginn der
       Coronapandemie. Ein Grund: die Einführung des 49-Euro-Tickets.
       
       Das steht in dem Papier, das die Denkfabrik Agora Verkehrswende am Montag
       veröffentlicht hat. Die Analyse beruht auf einem Gutachten der
       Beratungsfirma KCW, die dafür Daten zum Verkehr auf Autobahnen und
       Bundesstraßen, zum öffentlichen Nah- und Fernverkehr, zum Rad- und
       Autoverkehr in einzelnen Städten ausgewertet hat.
       
       Abgesehen vom Deutschlandticket habe vermutlich [2][das Homeoffice dazu
       geführt], dass auf den Straßen weniger los war. Auf Autobahnen seien im
       letzten Jahr zum Beispiel 7 Prozent weniger Pkws unterwegs gewesen als
       2019. In Großstädten wie Berlin, Hamburg und München habe die
       Verkehrsleistung teilweise noch deutlicher unter dem Vor-Corona-Niveau
       gelegen.
       
       „Die Verkehrsdaten bringen einen weit verbreiteten Glaubenssatz der
       Verkehrspolitik ins Wanken“, sagt Wiebke Zimmer, stellvertretende
       Direktorin von Agora Verkehrswende. „Trotz leicht steigender
       Bevölkerungszahlen und einem stetig wachsenden Pkw-Bestand hat der
       Autoverkehr gegenüber 2019 abgenommen.“ Verkehrswachstum sei also „kein
       Naturgesetz“, betont Zimmer.
       
       ## Wie viel Geld bekommen Bahn und Autobahn?
       
       Das Bundesverkehrsministerium rechnet in seiner aktuellen Planung für die
       Verkehrsinfrastruktur damit, dass der Autoverkehr bis 2030 deutlich
       zunimmt. Umweltverbände kritisieren immer wieder, dass das Haus unter
       Volker Wissing mit dieser Rechnung Investitionen in neue Straßen
       rechtfertigt.
       
       Im sogenannten Bundesverkehrswegeplan 2030 wird argumentiert: Wenn mehr
       Pkws fahren, würden die Straßen zu voll, [3][deshalb brauche es neue
       Straßen]. 133 Milliarden sind dort deshalb für Straßenprojekte veranschlagt
       – und nur 112 Milliarden Euro für die Schiene.
       
       Um marode Gleise und heruntergekommene Bahnhöfe zu sanieren, wollte die
       Bundesregierung immerhin schon in diesem Jahr mehr Geld in die
       Bahninfrastruktur stecken als je zuvor. Welche Summen jetzt tatsächlich in
       die Bahn und in das deutsche Straßennetz fließen, ist unklar. In der
       vergangenen Woche einigte sich die Ampelkoalition auf einen Bundeshaushalt
       für das Jahr 2025.
       
       [4][Eine Mitteilung der Bundesregierung] anlässlich der Einigung verspricht
       Investitionen in Schiene, Straße, Nahverkehr und digitale Infrastruktur.
       Innerhalb von vier Wochen soll geprüft werden, ob die Deutsche Bahn das
       zugesagte Geld über Darlehen bekommen könnte. Das Gleiche gilt für die
       bundeseigene Autobahn GmbH.
       
       ## Schiene soll Vorrang haben
       
       Laut der Analyse von Agora Verkehrswende müsse der Trend, dass die Menschen
       in Deutschland 2023 weniger Auto gefahren sind, nun politisch beschleunigt
       werden. „Knappe Haushaltsmittel für Verkehrsinfrastruktur sollten vorrangig
       in Verbesserungen des Schienenverkehrs investiert werden“, heißt es dort.
       
       Es brauche ein größeres und besseres Angebot im öffentlichen Verkehr,
       fordert Philine Gaffron, Agora-Projektleiterin für Städtische Mobilität.
       Das Deutschlandticket habe dazu beigetragen, dass im letzten Jahr mehr
       Strecken mit der Regionalbahn [5][oder dem Fernzug] zurückgelegt wurden als
       2019. Die Zahl der Fahrgäste im öffentlichen Verkehr habe jedoch unter dem
       Niveau vor der Pandemie gelegen – weniger Menschen legten also längere
       Strecken zurück.
       
       8 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Oliver-Krischer-ueber-das-49-Euro-Ticket/!5969144
   DIR [2] /Mathias-Doepfner-gegen-Homeoffice/!6017091
   DIR [3] /Studie-ueber-Autobahnausbau/!6017919
   DIR [4] https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975226/2297612/49095fdd9b87a6ad380bb2c0b5b48c79/2025-07-05-informationen-zum-haushalt-2025-data.pdf?download=1
   DIR [5] /Deutsche-Bahn-macht-Milliardenverluste/!5996566
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nanja Boenisch
       
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