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       # taz.de -- Die Afrikanische Union im Wandel: Heute Ruanda, morgen ganz Afrika?
       
       > Ruandas Präsident Paul Kagame übernimmt den Vorsitz der Afrikanischen
       > Union. Sein Ziel: ein Afrika der offenen Grenzen.
       
   IMG Bild: In seiner Antrittsrede wendet sich Kagame direkt an Afrikas Jugend
       
       Kampala taz | Paul Kagame ist Präsident eines der kleinsten Länder Afrikas
       – jetzt übernimmt Ruandas Staatschef den Vorsitz der Afrikanischen Union
       (AU), um den Kontinent groß zu machen. „Die Größe ist entscheidend“,
       erklärte Kagame in seiner Antrittsrede vor den versammelten Staatschefs
       Afrikas beim AU-Gipfel in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba. „Kein Land
       oder Region kann für sich selbst zurechtkommen, wir müssen funktionieren
       und wir müssen zusammenhalten.“
       
       Bereits im vergangenen Jahr hat Kagame in der Zusammenarbeit mit dem
       scheidenden AU-Vorsitzenden Alpha Condé, Präsident von Guinea, frischen
       Wind in die verstaubte und lahme Organisation gebracht. Als Chef des
       AU-Reformkomitees hatte er 2017 die Zügel in die Hand genommen, die „Agenda
       2063“ voranzubringen, den 2013 beschlossenen 50-Jahres-Plan der AU. Ein
       wesentlicher Punkt dabei ist die Integration Afrikas: visafreies Reisen für
       alle Afrikaner durch offene Grenzen, ein gemeinsamer afrikanischer
       Reisepass, die Abschaffung von Arbeitserlaubnissen, zollfreier
       Warenverkehr.
       
       Obendrein läutete Kagame auf dem 30. Gipfeltreffen der AU nun auch den
       gemeinsamen afrikanischen Transportmarkt ein: vom Luftraum bis zum
       Güterverkehr sollen die Grenzen fallen. „Wir sind fast bereit, einen
       kontinentalen Freihandelsraum zu verabschieden – das muss dieses Jahr
       passieren“, erklärte er. „Unsere Leute verdienen eine glänzende Zukunft.“
       
       Ruandas Staatschef wird von vielen Afrikanern bewundert. Er gilt als
       Reformer, dem es gelungen ist, das 1994 vom Völkermord an über einer
       Million Menschen zerstörte Ruanda zu stabilisieren und in Sachen
       Entwicklung voranzubringen – korruptionsfrei und investorenfreundlich.
       Kagame ist bekannt dafür, Pläne im Hauruckverfahren umzusetzen. Viele
       Afrikaner hoffen, dass er auch Afrika als Ganzes voranbringen kann.
       
       ## Hoffnung für die Jugend
       
       In seiner Antrittsrede wendet sich Kagame direkt an Afrikas Jugend, die in
       Verruf geraten ist, weil sie in Europa ihr Glück sucht: „Wir können Afrika
       nicht ohne euch aufbauen“, sagte er. Für die meisten afrikanischen
       Jugendlichen ist die AU ein undemokratischer Altherrenclub. Kagame, selbst
       kein Demokrat, wirkt immerhin als einer, der etwas bewegt und der Jugend
       Hoffnung machen kann.
       
       Die AU steckt in einer Krise. 2001 als Idee des libyschen Diktators Muammar
       Gaddafi gegründet und von seinen Öl-Dollar finanziert, fehlte es der
       Organisationen nach Gaddafis Tod 2011 und dem Zerfall Libyens an Finanzen
       und Visionen. Noch 2015 kamen knapp Dreiviertel des AU-Budgets von
       internationalen Gebern wie den USA und der EU. Auf dem AU-Gipfel 2016 in
       Ruanda wurde eine Reform der Finanzierung beschlossen: Eine
       0,2-Prozent-Abgabe auf Importe sollen die Mitglieder an die AU abführen.
       Doch nur 14 von 55 Staaten sind dabei, dies auch zu implementieren.
       
       Welch absurde Folgen die Abhängigkeit von Gebern hat, zeigte sich am
       Wochenende. Die französische Tageszeitung Le Monde[1][deckte auf], dass das
       AU-Hauptquartier in Addis Abeba, das von Chinesen gebaut und 2012 eröffnet
       worden war, verwanzt sei. Selbst in Bürotischen seien Mikrofone entdeckt
       worden. Aufgeflogen sei dies, als eine algerische IT-Firma feststellte,
       dass die Computer nachts, wenn das Gebäude leer ist, enorm viele Daten auf
       Server in China hochladen. China nennt die Vorwürfe „absurd“. Paul Kagame
       sagte, der Vorfall belege, wie wichtig es für Afrika sei, sich aus eigener
       Kraft aufzubauen.
       
       30 Jan 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.lemonde.fr/afrique/article/2018/01/26/a-addis-abeba-le-siege-de-l-union-africaine-espionne-par-les-chinois_5247521_3212.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
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