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       # taz.de -- Die Fifa im Science-Fiction: Fußball von einem anderen Stern
       
       > Joseph Blatter denkt darüber nach, ob Fußball auch in anderen Galaxien
       > gespielt werde. Ein Sci-Fi-Autor hat sich mal Gedanken gemacht, wie das
       > aussehen könnte.
       
   IMG Bild: Joseph Blatter philosophierte vor Kurzem über kickende Aliens. Folgt auf Russland und Katar nun Ross 780?
       
       BERLIN taz | Als der Fußballweltbeherrscher Joseph Blatter kurz vor der WM
       öffentlich sinnierte, ob Fußball auch auf anderen Planeten gespielt werde
       und es nicht schon bald interplanetarische Wettbewerbe geben könnte, da
       dachten wohl auch die fußballverrücktesten Erdbewohner: Der Fifa-Boss
       spinnt.
       
       Andreas Eschbach hingegen sagt: „Ich musste kurz grinsen.“ Warum? Er hatte
       im Vorfeld der WM 2006 auf Anfrage des Organisationskomitees die
       Kurzgeschichte „Die Fußballfans von Ross 780“ verfasst, die dann in der
       Imagebroschüre „Die Welt zu Gast bei Freunden“ erschien und an ausgewählte
       Leute ging. Eschbach nimmt an, dass sicher auch Sepp Blatter eines dieser
       Hefte bekommen hat.
       
       Der 54-jährige gebürtige Ulmer, der seit elf Jahren in der Bretagne lebt,
       gilt als einer der bedeutendsten europäischen Science-Fiction-Autoren. Er
       wurde mehrfach für seine Bücher ausgezeichnet, unter anderem für seinen
       1995 veröffentlichten Debütroman „Der Haarteppichknüpfer“, mit dem Eschbach
       auch die Franzosen so beeindruckte, dass sie ihn dafür mit einem
       Literaturpreis ehrten.
       
       In der seiner SF-Kurzgeschichte zur WM 2006 ging es um Endoraner, die auf
       dem 15 Lichtjahre entfernten Planeten Endora Funkwellen der
       WM-Übertragungen 1970 aufschnappten und daraufhin selbst mit dem
       Fußballspielen begannen. Tatsächlich war Mexiko 1970 die erste vollständig
       per Satellit in alle Welt übertragene Fußball-WM der Geschichte.
       
       Die Endoraner nennen die Sportart „n'ikk''d'jub“, was übersetzt so viel
       bedeutet wie „vergnügliches Ballspiel“. Sie begannen, Mannschaften zu
       gründen und sogar eigene Meisterschaften zu veranstalten. Und 2006 landeten
       sie plötzlich bei der WM in Deutschland (im Dortmunder Stadion), weil sie
       nun auch bei den Erdlingen mitkicken wollten.
       
       ## Außerirdisches Fair Play
       
       Allerdings mussten sie vier Jahre warten, bis die Fifa das erlaubte.
       Schließlich musste die zunächst feststellen, ob mit den Außerirdischen
       überhaupt ein faires Spiel möglich sei, weil die Endoraner den Umgang mit
       dem Ball nicht wirklich gut beherrschen und leicht die räumliche
       Orientierung verlieren.
       
       Die Fifa hat in der literarischen Fantasiegeschichte deshalb die
       Zusatzregel eingeführt, dass das endoranische Team mit 13 Spielern antreten
       darf und sich nicht an den Qualifikationen beteiligen braucht. Zur ersten
       offiziellen intergalaktischen Begegnung kam es Eschbach zufolge 2010
       zwischen Endora und dem Mutterland des Fußballs, England. Sie endete 9:0
       für die Engländer.
       
       Heute könnte man das als verkappte Form von schwarzem Humor betrachten.
       Noch bemerkenswerter ist freilich Eschbachs Blick auf die Fifa der Zukunft.
       In den Weltfußballverband hat er doch tatsächlich einen Außerirdischen
       einziehen lassen – den endoranischen Kicker Sish'nilli'go, Schütze des
       ersten Tores für Endora.
       
       Nur der Blatter Sepp, der ja in der Realität bereits 2006 der Fifa
       vorstand, taucht in der utopischen Geschichte nicht auf. Aus einem Grund,
       der wirklich nur in einer Science-Fiction-Welt denkbar ist. „Es ist für die
       Geschichte einfach nicht notwendig gewesen“, sagt Andreas Eschbach, dessen
       Verhältnis zum Fußball sich im Übrigen dadurch auszeichnet, dass er kein
       Fan irgendeiner Mannschaft ist
       
       ## Möge der Bessere gewinnen
       
       Für das Spiel Frankreich-Deutschland wünscht er sich, im klassischen Stil
       des unaufgeregten Beobachters, dass der Bessere gewinnen möge. In gewisser
       Hinsicht wirkt er damit doch wie ein typischer Repräsentant des SF-Genres,
       in dem Fußball kein sehr bedeutendes Thema zu sein scheint.
       
       Dass Science Fiction möglicherweise die letzte fußballfreie Zone in der
       Kunst ist, soweit will Eschbach nicht gehen. Zum Beispiel gebe es ein
       Perry-Rhodan-Heft, in dem es um die Solaren Meisterschaften im Fußball des
       35. Jahrhunderts ginge. Es stimme aber, dass solche Geschichten bei den
       meisten SF-Lesern eher auf Widerstand als auf Begeisterung stießen.
       
       Ob Sport überhaupt mal ein Thema in der utopischen Literatur
       beziehungsweise bei einem weltbekannten Science-Fiction-Autor war? Da muss
       Eschbach passen. „Mir fällt kein Beispiel dafür ein.“ Sicher ist er jedoch,
       dass es irgendwann tatsächlich intergalaktische Fußballmeisterschaften
       geben wird.
       
       „Sobald wir mit Aliens in Kontakt kommen, wird das nur eine Frage der Zeit
       sein. Schließlich ist der Fußball die stärkste völkerverbindende Kraft, die
       wir kennen.“ Ob dann noch die Fifa mitmischt? „Möglich, aber die Abkürzung
       wird dann für ‚Fédération Intergalactique de Football Association’ stehen.“
       
       3 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gunnar Leue
       
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