# taz.de -- Die IRA in Nordirland: Splitter des Kampfes
> 1994 Waffenstillstand, 1998 Karfreitagsabkommen: Was wurde aus der IRA?
> Seit Jahren herrschte Ruhe. Doch das Misstrauen untereinander ist noch
> immer sehr groß.
IMG Bild: Splittergruppen der IRA rüsten wieder auf, wie Razzienfunde zeigen.
DUBLIN taz Aus den internationalen Medien war Nordirland seit Jahren
verschwunden. Es herrschte Ruhe in der ehemaligen britischen Krisenprovinz.
Aber von einer Versöhnung ist man noch immer weit entfernt. Zwar hat die
Friedensdividende zu einem Bauboom, steigenden Hauspreisen und einem regen
Nachtleben in Belfasts Innenstadt geführt, aber in den Randbezirken, wo die
segregierten Arbeiterviertel aneinanderstoßen, wurden die Mauern immer
höher. 26 Mauern trennen die Viertel voneinander. Das Misstrauen sitzt
tief, nach 3.700 Opfern des Bürgerkriegs seit den 60er-Jahren herrscht
große Verbitterung auf beiden Seiten.
Es war aber nie ein Religionskrieg, es ging von Anfang an um die Nachwehen
der Kolonialisierung: Die Protestanten, deren Vorfahren von der englischen
Krone angesiedelt worden waren, verteidigten ihre Privilegien; die
Katholiken, die Nachfahren der Urbevölkerung, verlangten Gleichberechtigung
bei der Wohnung- und Jobvergabe sowie beim Wahlrecht. Bei Kommunalwahlen
waren bis Ende der Sechzigerjahre nur Hausbesitzer stimmberechtigt - und
das waren vor allem Protestanten.
Nach einem Vierteljahrhundert des Konflikts begann Anfang der
Neunzigerjahre der Friedensprozess. 1994 erklärte die IRA einen
Waffenstillstand, der bis auf eine kurze Unterbrechung bis heute andauert.
Die Verhandlungen mündeten 1998 ins Belfaster Karfreitagsabkommen, das die
gemeinsame Regierung von Protestanten und Katholiken vorsah. Voraussetzung
dafür war, dass die IRA ihre Waffen abgegeben hatte. 2007 stimmte ihr
politischer Flügel Sinn Féin für die Kooperation mit der Polizei. Manchen
IRA-Aktivisten gingen die Zugeständnisse zu weit, zumal die
paramilitärischen Protestantengruppen immer noch über ihr Waffenarsenal
verfügen. IRA-Mitglieder schlossen sich Splittergruppen an.
Sie besitzen Waffen und haben ihre Aktivitäten verstärkt. In den
vergangenen Monaten sind fünf Polizisten bei Attacken verletzt worden. Vor
kurzem hat die Polizei eine 140 Kilogramm schwere Bombe sichergestellt, die
offenbar für einen Anschlag auf ein Polizeirevier vorgesehen war.
Sicherheitsexperten befürchten nun, dass sich die Splittergruppen straffer
organisiert und neue Mitglieder rekrutiert haben. Im Unterschied zu früher
haben sie jedoch keine nennenswerte Unterstützung bei der Bevölkerung. Sie
können zwar tödliche Anschläge verüben, aber mit einem Wiederaufleben des
Konflikts rechnet zurzeit niemand.
8 Mar 2009
## AUTOREN
DIR Ralf Sotscheck
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