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       # taz.de -- Die Knigge-Frage: Kopfhörer in der Öffentlichkeit?
       
       > Hallo! Hallo? Leerer Blick, keine Reaktion. Stattdessen: Sanfte Bässe,
       > die die Menschen im Zehn-Meter-Umkreis beschallen. Unhöflich? Oder okay?
       
   IMG Bild: Altkanzler Schmidt bei seiner häufig kritisierten Lieblingstätigkeit, dem Tragen von Kopfhörern in der Öffentlichkeit.
       
       Es gibt Tage, da ist man einfach nicht bereit für die Welt. Weil sie zu
       laut ist und zu hell, weil sie einem mit Straßenlärm und klingelnden Handys
       mehr abverlangt, als man ertragen kann. An diesen Tagen ist der Mp3-Player
       der einzige Freund. Herrlich dieser Moment, wenn die Musik in neuronale
       Energie umgewandelt wird, das limbische System erreicht und dort – bäm! –
       explodiert.
       
       Manchmal explodiert aber noch etwas anderes, nämlich der Sitznachbar in der
       U-Bahn. „Hallo, Sie da, könn’Se mal die Musik leiser stellen“, liest man
       von gekräuselten Lippen ab, während sich ein mahnender Finger in die
       Schulter bohrt. „Bei den Bässen kann ja keiner …“ Ja, was eigentlich?
       Schlafen? Lesen? Nachdenken? Entschuldigung, aber: Wer seine Ruhe haben
       will, der muss zu Hause bleiben. Oder sich Kopfhörer aufsetzen.
       
       Denn wo es Menschen gibt, die nach Schweiß oder Kölnisch Wasser stinken,
       die laut mit sich selbst, ihrem Nachbarn oder dem Handy reden, die
       unaufgefordert musizieren, Döner essen, schnarchen oder schlichtweg eine
       optische Belästigung sind – nein, da ist kein Platz für
       Dezibelvorschriften.
       
       Übrigens: Unfreiwilliges Mithören kann durchaus erhellend sein. Zum
       Beispiel wenn man erkennt, dass die Bässe aus dem Kopfhörer des coolen
       16-Jährigen neben einem zu „All The Single Ladies“ von Beyoncé gehören.
       
       Doch die Frage beinhaltet noch mehr, nämlich: Entbindet mich der Kopfhörer
       von meinen Pflichten in der Öffentlichkeit? Selbstverständlich nicht, wenn
       es um Erste Hilfe und ein gewisses Maß an Höflichkeit gegenüber der
       Kassiererin im Supermarkt geht. Wer hingegen auf der Straße mit
       traumwandlerischer Sicherheit genau die Person nach dem Weg fragt, die
       nicht nur einen Kopfhörer trägt, sondern auch noch beide Hände voll hat,
       hat von gutem Benehmen nichts verstanden.
       
       19 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Franziska Seyboldt
       
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