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       # taz.de -- Die USA unter Trump: Moderner Faschismus des 21. Jahrhunderts
       
       > Trumps Kampfansage an Andersdenkende und seine Verachtung für die
       > liberale Demokratie sprechen für sich. An der Spitze der USA steht ein
       > Faschist.
       
   IMG Bild: Von Stolz auf ihren Hass und ihren Führer gefüllt, die Proud Boys
       
       Da reckt Techmilliardär Elon Musk zur Amtseinführung des neuen
       US-Präsidenten seinen rechten Arm zum Gruß. Natürlich hat er es nicht so
       gemeint, sie meinen es ja nie so. Merkwürdig nur, dass neben den
       jubilierenden Neonazis selbst auch ein großer Teil der demokratischen Welt
       das Markenzeichen des deutschen Faschismus darin erkannt hat. Hat es Musk
       also wirklich so gemeint? Haben wir es in den USA mit Faschisten zu tun?
       
       Donald Trump befiehlt am ersten Tag seiner Amtszeit, mehr als 1.550
       Gefangene zu entlassen, darunter Anführer der rechtsextremen [1][Proud
       Boys] und Oath Keepers. Begnadigt wurden jene militanten Trump-Fans, die am
       6. Januar 2021 mit einem [2][Sturm aufs US-Kapitol] die Präsidentschaft Joe
       Bidens verhindern wollten. Man könnte diese Ausschnitte aus dem neuen
       US-amerikanischen Horrorfilm in etwa so zusammenfassen: Wir sind wieder da
       – und wir haben gewonnen.
       
       Der Debatte darüber, ob Musk der rechte Arm versehentlich steil nach oben
       ausgerutscht sein könnte, fehlt es an intellektueller Ernsthaftigkeit. Es
       ist nebensächlich, wie er es wirklich gemeint hat. Die Frage, ob wir es mit
       einer modernen Spielart des Faschismus zu tun haben, hat Trump faktisch
       selbst beantwortet.
       
       Das Führerprinzip, die ebenso kulthafte wie gewaltbereite
       [3][MAGA]-Bewegung, Säuberung des Staats von politischen Gegnern, die
       Gleichsetzung von Widerspruch mit Verrat, Verachtung für die Regeln der
       liberalen Demokratie, eine weiße Herrenmenschenrasse an der Spitze – was
       bräuchte es mehr zur Klassifizierung? Wer mag, kann [4][Umberto Ecos Liste
       von 14 Punkten] durchgehen, an denen man einen Faschisten erkennt. Hinter
       fast jedem davon muss man ein Häkchen setzen.
       
       ## Die Dinge beim Namen nennen
       
       Und wer die Lage der Nation etwas demokratietheoretischer durchdeklinieren
       möchte: Die meisten Institutionen der Checks and Balances sind auf Linie
       gebracht. Die Exekutive ohnehin, mit beiden Kammern im Parlament auch die
       Legislative sowie mit dem Supreme Court die Judikative zumindest auf
       höchster Ebene. Und die Medien als watchdogs der Demokratie hat Trump von
       Anfang an zu zerschlagen versucht.
       
       Faschismus meint nicht den millionenfach mordenden Nationalsozialismus. Es
       gab seit Mussolini verschiedene Formen des Faschismus. Und auch die
       Herrschaft, die Trump und Musk unter ganz anderen historischen und medialen
       Bedingungen etablieren wollen, wird ihre eigenen Charakteristika haben. Wie
       viel mentale Kraft ist seit 2016 dabei verloren gegangen, genau zu
       sezieren, welche ideologische Bezeichnung nun auf Trump und später auf Musk
       zutreffen könnte!
       
       Ich würde sagen: Sie sind Faschisten des 21. Jahrhunderts. Und es ist gut,
       das aussprechen zu können. In gewisser Weise hat die Geste Elon Musks etwas
       Befreiendes. Solche Klärung ist eine immense intellektuelle (und für manche
       auch emotionale) Erleichterung, so schmerzhaft der Befund auch ist. Mit
       diesem Selbstouting sollte die quälende Selbstbefragung beendet sein, mit
       wem und was wir es zu tun haben – und worum es geht.
       
       Es erlaubt einen unverstellten Blick auf das, was ist. Mit Trump ist das
       US-Großkapital ins Weiße Haus eingezogen. Ein Regime hat übernommen, das
       die Kräfte des globalisierten Kapitalismus von lästigen Spielregeln der
       liberalen Demokratie befreit, zulasten des Weltklimas und der Schwächeren.
       Wie [5][Trump in Davos] ganz ungeschminkt angekündigt hat, ist dieses
       Projekt global angelegt. Entsprechend eilfertig haben die CEOs großer
       Banken, Hightechkonzerne und Ölmultis den Ring geküsst.
       
       ## Die Tatsachen gerade rücken
       
       Das ökonomische Projekt wird begleitet von neoimperialen Ambitionen nach
       außen (Panama, Grönland) und Repression nach innen (Militär, Justiz). Der
       konservative US-Vordenker Robert Kagan umschreibt es außenpolitisch so:
       „[6][Der Dschungel ist zurück].“ Wie treffend ist das für die USA selbst.
       Donald Trump führt die Raubtiere an, in deren Gefolge sich die Schakale
       sammeln.
       
       Seine Macht stützt sich auf eine historische Korrektur. Trump ist es
       gelungen, oben und unten in der Gesellschaft umzuetikettieren. Faschisten
       haben sich und ihresgleichen schon immer über andere erhoben, mit dem
       Kapital paktiert, das Militär aufgerüstet und Kritiker unterjocht. Es war
       schon immer eine Politik von oben, die sich auf ein Mandat von unten
       berufen kann.
       
       Trump und sein Milliardärskabinett treten nun als Anwälte der einfachen
       Leute auf, als kämpften sie gegen die Eliten, die sich in linken Metropolen
       und an den Universitäten verschanzt hätten. Auch hier gibt es historische
       Parallelen. Den demokratischen Linken und der Zivilgesellschaft in den USA
       muss gelingen, das wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen. Sie müssen
       wieder die Verteidigerinnen der kleinen Tiere sein, deren Überleben im
       Dschungel unter den Raubtieren akut bedroht ist.
       
       24 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rechtsradikale-Gruppe-in-den-USA/!5741361
   DIR [2] /Sturm-auf-US-Kapitol/!5823638
   DIR [3] /Vor-Donald-Trumps-Amtseinfuehrung/!6063098
   DIR [4] https://www.pressenza.com/de/2017/10/14-merkmale-des-ur-faschismus-nach-umberto-eco/
   DIR [5] /Weltwirtschaftsforum-in-Davos/!6064643
   DIR [6] https://www.deutschlandfunk.de/robert-kagan-the-jungle-grows-back-100.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Junge
       
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