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       # taz.de -- Die neue Tram-Generation ist da: Hier passen 312 Fahrgäste rein
       
       > Die BVG präsentiert ihre jüngste Tram-Generation. Der „Urbanliner“ ist
       > rekordverdächtige 50 Meter lang und soll ab 2025 zum Einsatz kommen.
       
   IMG Bild: 50 Meter lang: die neue Tram namens „Urbanliner“
       
       Berlin taz | Während auf einigen U-Bahn-Linien wegen Problemen mit dem
       Fuhrpark gerade die Züge schrumpfen, macht die kleine Schwester Tram ein
       beträchtliches Längenwachstum durch: Am Mittwochvormittag stellte die BVG
       auf ihrem Straßenbahn-Betriebshof in der Lichtenberger Siegfriedstraße die
       neue Fahrzeuggeneration vor, die ab 2025 zum Einsatz kommen soll: Der
       „Urbanliner“ – die neue Tram ist männlichen Geschlechts – kommt vom
       Hersteller Alstom und misst ganze 50 Meter.
       
       Das ist noch mal ein beträchtlicher Unterschied zur bislang jüngsten
       Berliner Tram-Generation, den 40 Meter langen, ebenfalls von Alstom
       hergestellten „Flexity“-Zügen. Die letzten der aktuell rund 230 Flexitys
       wurden vor zwei Jahren ausgeliefert. Im Jahr 2020 bestellte die BVG bei dem
       Unternehmen (das damals noch Bombardier hieß) 117 neue Bahnen. Ein Teil
       dieser Charge wird die aus neun Segmenten bestehende 50-Meter-Variante
       sein, der Rest sind 30-Meter-Züge. Letztere sollen vor allem auf Linien im
       Südosten der Stadt die ebenfalls heute noch eingesetzte erste Version der
       sogenannten Niederflurstraßenbahnen des Typs GT6N ersetzen.
       
       Trams von 60 Metern Länge sind damit aber auch drin – nämlich dann, wenn
       zwei 30-Meter-Züge in „Doppeltraktion“ fahren, also hintereinandergekoppelt
       werden. Sie könnten mittelfristig auf den stark nachgefragten Linien
       eingesetzt werden, die schon heute mit 60 Meter langen Bahnsteigen
       ausgestattet sind. Auf der Metrotramlinie M4, die zwischen Hackeschem Markt
       und Falkenberg täglich bis zu 130.000 Fahrgäste befördert, sind diese
       Voraussetzungen gegeben. Hier sollen auch die ersten 50-Meter-„Urbanliner“
       ab dem kommenden Jahr fahren – aktuell sind dort GT6N-Bahnen in
       Doppeltraktion unterwegs, die in etwa auf dieselbe Länge kommen.
       
       Zur Besichtigung des ersten Zugs, der aus dem Alstom-Werk in Bautzen per
       Lkw-Schwertransport in zwei Teilen angeliefert und in Berlin
       zusammengesetzt worden war, erschien viel politische Prominenz. Über
       gesteigerte „Komfortabilität“ im 2,40 Meter breiten „Urbanliner“ freute
       sich der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU).
       
       ## „Musterbeispiel für Inklusivität“
       
       Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) lobte den neuen Zug als
       „Musterbeispiel für Inklusivität“. Tatsächlich erfüllt er alle Aspekte der
       Barrierefreiheit, von den Einstiegen, die sich praktisch lückenlos an die
       Bahnsteigkante schmiegen, über die Multifunktionsbereiche für Menschen mit
       Rollstuhl, Kinderwagen oder Fahrrad bis zu taktilen Informationselementen
       an den Haltestangen.
       
       Mit einer Gesamtkapazität von 312 Fahrgästen – 92 im Sitzen, 220 im Stehen
       – übertrifft der von vorne bis hinten durchgängige „Urbanliner“ die 40
       Meter lange „Flexity“ deutlich, die offiziell 243 sitzende und stehende
       Menschen befördern kann: ein Plus von gut einem Viertel also. Laut
       Alstom-Manager Müslüm Yakisan wurde gemeinsam mit der BVG ein ganz neues
       Fahrgestell entwickelt, das die Laufruhe erhöhen und Erschütterungen
       reduzieren soll. Der Innenraum wird von Leuchtpanels erhellt, die abhängig
       von Tages- und Jahreszeit die Lichttemperatur zwischen Kalt- und Warmweiß
       variieren sollen.
       
       Leicht überschattet wurde der freudige Anlass von den aktuellen Problemen
       der BVG, ihr Angebot bei der U-Bahn stabil zu halten. Vor einigen Tagen
       hatte Vorstandsmitglied Rolf Erfurt mitgeteilt, dass man sich bei der
       U-Bahn „umfangreichen betrieblichen Herausforderungen“ gegenübersehe,
       weshalb die Verkehrsbetriebe aktuell auf den Linien U1 bis U4 „gezielte
       Anpassungen an den Zuglängen sowie punktuell am Fahrplan“ prüfe. Sprich:
       Kürzere Züge werden seltener fahren. Auch auf den Linien U6 bis U9 sorge
       „hoher Verschleiß an den Radsätzen bestimmter Baureihen“ für „längere
       Werkstattaufenthalte“ und „zum Teil zu Ausfällen“.
       
       Sowohl Franziska Giffey als auch Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) legten
       bei ihren Ansprachen auf dem Betriebshof großen Wert darauf, dass die
       Verkehrsbetriebe eine enorme Beförderungsleistung erbringen. „Rechnerisch
       umrundet die BVG neunmal am Tag die Welt“, sagte Giffey, da müsse man sich
       nicht gleich aufregen, wenn die Bahn mal „zwei Minuten später“ komme.
       
       3 Jul 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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