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       # taz.de -- Diktatur-Anhänger in Gießen: Nachspiel für Eritrea-Festival
       
       > Anhänger der eritreischen Diktatur wollen Donnerstag in Gießen
       > protestieren. Stadtpolitiker und eritreische Oppositionelle fühlen sich
       > bedroht.
       
   IMG Bild: Der lange Arm der Diktatur: Isayas Afewerki bedroht auch in Deutschland oppositionelle Eritreer
       
       Berlin taz | Gießen entwickelt sich immer mehr zu einem Wallfahrtsort der
       Anhänger der eritreischen Diktatur. Für Donnerstag haben Gruppen, die dem
       [1][Regime in Asmara] nahestehen, zu einer Demonstration durch die
       mittelhessische Stadt aufgerufen. Die Stadt rechnet mit 800 bis 1.500
       Teilnehmern.
       
       Der Stadtverordnete Klaus-Dieter Grothe (Grüne), der seit Jahren die
       eritreische Opposition unterstützt, sagt, dass Regimeanhänger europaweit
       für die Demo werben würden und Busse gechartert hätten. Die hessische
       Polizei bereitet sich nach eigenen Angaben mit „mehreren hundert Beamtinnen
       und Beamten“ auf den Tag vor.
       
       Anlass der Demonstration ist die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung,
       die sich mit gewaltsamen Auseinandersetzungen zum Eritrea-Festival Ende
       August beschäftigen wird.
       
       Die Polizei hatte damals nach einer Eskalation mit Regimegegnern [2][das
       noch nicht begonnene Festival abgebrochen], auf dem die Diktatur sich
       selbst feiern wollte und für das mit der Eintreibung von Spenden für den
       [3][Krieg im benachbarten Äthiopien] gerechnet wurde. Die Sicherheit könne
       nicht gewährleistet werden. Dadurch sehen sich die Diktaturanhänger im
       „Erhalt und der Achtung unserer Grundrechte“ gefährdet. So steht es in
       einem Versammlungsaufruf.
       
       ## Gewalt gegen Oppositionelle in Deutschland
       
       Laut Rut Bahta von der oppositionellen eritreischen Organisation
       United4Eritrea habe der eritreische Propagandaminister Yemane Gebremeskel
       nach den Ereignissen vom August getwittert, dass der eritreische
       Botschafter in Deutschland mit dem Gießener Fall beauftragt sei. „Das war
       eine direkte Botschaft vom Diktator Isayas Afewerki an die oppositionelle
       Diaspora in Deutschland, um diese einzuschüchtern.“
       
       Einige Tage später habe im eritreischen Generalkonsulat in Frankfurt am
       Main eine Versammlung stattgefunden. Seitdem, so Bahta, gebe es
       Gewaltvorfälle in mehreren Städten in Hessen und Nordrhein-Westfalen gegen
       oppositionelle Eritreer, die gegen das Regime demonstriert haben.
       
       Sie zählt auf: In Frankfurt gab es einen Messerangriff auf einen Mann, der
       sich aber wegducken und entkommen konnte. In Kassel eine Schlägerei und in
       Köln eine Morddrohung. Diese Vorfälle seien zur Anzeige gebracht worden.
       Rut Bahta geht davon aus, dass regimenahe Eritreer mit einer in Hessen
       polizeibekannten Schlägertruppe in Kontakt stehen. „Einige Vertreter der
       Opposition haben sich in eine entsprechende Zoom-Konferenz eingeschaltet
       und eine Aufzeichnung gemacht. Die übersetzen wir gerade, um sie der
       Polizei zu übergeben.“
       
       Die Polizei ist sensibilisiert für das Thema politisch motivierter Gewalt
       unter Eritreern. So stark, dass Bahta sowie der Stadtverordnete Grothe nach
       eigenen Angaben vom Staatsschutz über eine Bedrohungslage für ihre Personen
       informiert und gebeten wurden, auf ihre Umgebung zu achten. Grothe sagt der
       taz: „Ich fühle mich besser, wenn ich am Donnerstag nicht in Gießen bin.
       
       Die oppositionellen Eritreer verzichten auf eine Gegendemonstration. Bahta:
       „Es ist besser, unsere Kapazitäten in Pressearbeit zu stecken, um über das
       Regime und seine Anhänger in Deutschland aufzuklären.“ Dass bei einzelnen
       jungen Leuten die Wut auf das Regime, dem sie unter Lebensgefahr entkommen
       sind und das ihre Brüder und Schwestern gerade im äthiopischen Bürgerkrieg
       verheizt, so groß ist, dass sie dennoch auf die Straße gehen, kann aber
       niemand ausschließen.
       
       In den Niederlanden ist die eritreische Regierungspartei als
       Terrororganisation eingestuft worden. Das ermöglicht es den Behörden,
       anders als in Deutschland Veranstaltungen zu untersagen.
       
       6 Oct 2022
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Marina Mai
       
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