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       # taz.de -- Diskriminierung bei Finanzgeschäften: Arme Menschen haben Nachteil von 525 Euro im Jahr
       
       > Die ärmere Hälfte der Bevölkerung wird bei Darlehen und Geldanlagen
       > benachteiligt, zeigt eine Studie. Dadurch wächst die soziale Kluft
       > weiter.
       
   IMG Bild: Arme Menschen müssen für Kredite mehr zahlen und erhalten gleichzeitig auf Guthaben niedrigere Zinsen
       
       Berlin taz | Die ärmere Hälfte der Gesellschaft besitzt mit maximal 29.000
       Euro pro Person nicht nur weniger als der Rest. Sie kann auch kaum Vermögen
       aufbauen. „Unterschiedliche Renditen und vor allem das niedrigere
       Startkapital von vermögensarmen Menschen sorgen dafür, dass der Graben
       zwischen den Vermögensgruppen immer weiter wächst“, sagt Moritz Czygan. Er
       ist Referent für für Ungleichheit bei bei Finanzwende Recherche, einer
       gemeinnützigen Tochtergesellschaft der [1][Bürgerbewegung Finanzwende].
       
       Zusammen mit seiner Kollegin Britta Langenberg hat er eine Studie erstellt,
       die der Frage nachgeht, inwiefern ärmere Menschen bei Kreditvergaben und
       bei Geldanlagen benachteiligt werden. Am Montag stellten die beiden
       Expert:innen die Ergebnisse der von der gewerkschaftsnahen
       Hans-Böckler-Stiftung geförderten Untersuchung vor.
       
       Das Ergebnis: Der Nachteil, den arme Menschen im Vergleich zur
       Mittelschicht haben, beläuft sich auf jährlich 525 Euro. „Wenn man sich
       anschaut, dass die Betroffenen oft nicht mehr als ein paar Tausend Euro an
       Vermögen haben, ist das eine Menge Geld“, sagt Langenberg, die bei
       Finanzwende Recherche den Bereich Verbraucherschutz leitet.
       
       Als Menschen mit wenig Finanzmittel definierten sie und Czygan die ärmere
       Hälfte der Gesellschaft. Dies sind rund 35 Millionen Erwachsene, die
       maximal 29.000 Euro besitzen. Im Durchschnitt ist es aber weitaus weniger.
       Dieser Wert beläuft sich auf 6.000 Euro. Hinzu kommt: Das Vermögen ist auf
       Bruttobasis berechnet. Diesen 6.000 Euro stehen durchaus auch Schulden
       gegenüber. Die ärmere Hälfte wird in der Studie mit einer Mittelschicht
       verglichen, die 40 Prozent der Gesellschaft ausmacht und im Schnitt pro
       Person 149.000 Euro besitzt. Die reichsten zehn Prozent können 925.000 Euro
       ihr Eigen nennen.
       
       ## Strukturelle Nachteile groß
       
       „Die [2][strukturellen Nachteile] sind so groß, dass die oder der Einzelne
       sie durch individuelle Entscheidungen kaum überwinden kann“, sagt Czygan.
       So finden sich in der unteren Hälfte besonders häufig Alleinerziehende,
       Menschen mit Migrationshintergrund und Ostdeutsche wieder.
       
       Das Teuerste, was die Angehörigen der ärmeren Hälfte besitzen, ist in der
       Regel ein Auto. Profitable Aktienfonds haben sie meist nicht, stattdessen
       liegt ihr Geld als Notgroschen auf dem Tagesgeldkonto oder sicher, aber
       ebenfalls renditeschwach in der Lebensversicherung. Die Mittelschicht kann
       hingegen in eine eigene Immobilie investieren.
       
       Die ärmere Hälfte muss für Kredite mehr zahlen und erhält gleichzeitig auf
       Guthaben niedrigere Zinsen. Im Jahr beläuft sich dieser Nachteil für
       niedrigere Zinsen auf Guthaben laut Finanzwende-Berechnungen auf 280 Euro,
       höhere Zinsen auf Kredite oder Ähnliches machen 245 Euro aus. Folglich
       erhält die Mittelschicht auf ihr Vermögen eine Rendite von 5,9 Prozent im
       Jahr, die ärmere Hälfte nur 1,9 Prozent. Die Folge: Der [3][soziale Graben]
       wird noch größer.
       
       27 Jan 2025
       
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