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       # taz.de -- Diskussion über Prostitutionsgesetz: Union wirbt für Sexkaufverbot
       
       > Im Familienausschuss strengen die Konservativen eine Debatte über
       > Prostitution an. SPD und Grüne sind uneins und wollen eine Evaluation
       > abwarten
       
   IMG Bild: Wohnwagen wie diesen in der Stadt Essen sollen nach dem Willen der Union verboten werden
       
       Berlin taz | Es ist ein bemerkenswerter Termin im Familienausschuss des
       Bundestags: Am Montag soll dort über einen Antrag der Unionsfraktion mit
       dem Namen „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf
       bestrafen“ beraten werden. Dabei wird in dieser Legislatur wohl gar nichts
       mehr in Sachen Sexkauf beschlossen. Weder sind im Koalitionsvertrag
       Vereinbarungen zum Thema festgehalten, noch sind sich die Fraktionen von
       SPD und Grünen beim Thema derzeit gänzlich einig. Einzig die Unionsfraktion
       hatte im November vergangenen Jahres ein Papier zur Prostitution
       beschlossen, das denselben Titel trägt wie der nun von ihr eingebrachte
       Antrag.
       
       Die Debatte im Familienausschuss bietet dennoch aktuellen Zündstoff:
       [1][Derzeit wird das umstrittene sogenannte Prostituiertenschutzgesetz
       evaluiert.] Das trat 2017 in Kraft und besagt, dass Prostituierte ihre
       Tätigkeit bei der zuständigen Behörde vor Ort anmelden müssen. Lange hatten
       Union und SPD in der damaligen Großen Koalition um jedes Wort gerungen, um
       Frauen und wenige Männer vor Zwangsprostitution zu schützen und
       Kriminalität vorzubeugen – so lautete das offizielle Ziel. Heraus kam ein
       Kompromiss, den die damalige Frauenministerin Manuela Schwesig (SPD)
       präsentierte und den vor allem Berufsverbände und Beratungsstellen von
       vornherein ablehnten. Eine Befürchtung: Prostituierte würden weiter
       ausgegrenzt und kriminalisiert.
       
       Das kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen, das vom
       Bundesfamilienministerium mit der Evaluation des Gesetzes beauftragt ist,
       will den Bericht über die Auswirkungen des Gesetzes bis zum 1. Juli 2025
       vorlegen. Die Analyse würde damit mitten in den kommenden
       Bundestagswahlkampf fallen und knapp vor die Wahlen. Mit einer Reform des
       Gesetzes ist deshalb in der laufenden Legislatur kaum zu rechnen.
       
       Ungeachtet dessen, dass der Bericht noch nicht vorliegt, versucht die
       Unionsfraktion bereits die Weichen zu stellen für die nächste Legislatur,
       in der die Debatte um das Prostituiertenschutzgesetz wohl hochkochen wird.
       Ihre Forderung: Ein „Paradigmenwechsel“ hin zur Bestrafung von Sexkauf.
       Verboten werden soll auch jeglicher Betrieb von Bordellen oder Wohnwägen
       zum Zweck der Prostitution.
       
       ## SPD-Abgeordnete sehen eine Chance für das Verbot
       
       Da aber nicht nur die Union, sondern auch alle anderen Fraktionen
       Sachverständige in den Ausschuss laden durften, verspricht der Termin am
       Montag rege Diskussion: Angekündigt sind sowohl strikte Gegner*innen von
       Sexkauf wie klare Verfechter*innen von Prostituiertenrechten. Sprechen
       werden etwa Huschke Mau, eine frühere Prostituierte und heutige Gegnerin
       von Prostitution genauso wie die Vorständin des Bündnisses der
       Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sowie die des
       Berufsverbands für erotische und sexuelle Dienstleistungen.
       
       [2][In den Fraktionen von Grünen und SPD ist zumindest die Beschlusslage
       nicht ganz so klar wie in der Union.] Der letzte Fraktionsbeschluss der
       Grünen ist zehn Jahre alt, die damaligen Fraktionsmitglieder sprachen sich
       für die Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation der
       Prostituierten sowie ihren Schutz aus.
       
       Sie könne sich vorstellen, sagte Denise Loop, Obfrau der Grünen-Fraktion im
       Familienausschuss, dass auf der Bundesdelegiertenkonferenz im Frühjahr auch
       als Partei über die Position zum Thema beraten werde. „Mein Wunsch wäre,
       dass es in der nächsten Legislatur ein Format geben wird, in dem Bund,
       Länder, Betroffene und Expert*innen gemeinsam beraten, was infolge der
       dann vorliegenden Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes passiert“,
       sagte sie.
       
       In der SPD stammt der jüngste Beschluss von 2020, als sich der
       Parteivorstand gegen ein Sexkaufverbot ausgesprochen hatte. Ariane Fäscher
       (SPD), Berichterstatterin ihrer Fraktion für das Thema Prostitution, sagte,
       in der Fraktion gebe es zwar einzelne starke Verfechterinnen eines
       Sexkaufverbots: „In ihren Augen besteht jetzt ein Möglichkeitsfenster, ein
       Sexkaufverbot dingfest zu machen.“ Deren Position repräsentiere aber nicht
       die Beschlusslage in Partei und Fraktion. Da sei die Vereinbarung: Man
       werde die Ergebnisse der Evaluation abwarten und erst dann Weiteres
       entscheiden.
       
       22 Sep 2024
       
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