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       # taz.de -- Doktorarbeit von Familienministerin Giffey: Objektiv getäuscht
       
       > Ein geheimes Gutachten zur Doktorarbeit der SPD-Politikerin Franziska
       > Giffey ist öffentlich geworden. Sie plagiierte demnach an 27 Stellen.
       
   IMG Bild: Franziska Giffey will Bürgermeisterin Berlins werden
       
       Berlin taz | Mindestens 27 Textstellen in der Doktorarbeit von Franziska
       Giffey (SPD) sind Plagiate. Zu dem Schluss kam ein Gremium der Freien
       Universität (FU) Berlin, das die Promotion der Bundesfamilienministerin
       2019 geprüft hatte. Die Studierendenvertretung der FU machte die Ergebnisse
       des bisher geheimen Berichts am Montag öffentlich. Zuvor hatte sie in einem
       langen Prozess mehrfach die Herausgabe des Berichts gefordert.
       
       Trotz der gefundenen Plagiatsfälle empfahl das Gremium [1][nur eine Rüge
       für das Fehlverhalten], den Doktorgrad aber nicht zu entziehen. Die Stellen
       befänden sich hauptsächlich in einem Kapitel zur Begriffsklärung – Giffey
       arbeitete vor allem mit Forschungsinterviews, eine eigene wissenschaftliche
       Leistung sei durchaus erkennbar. Experten kritisierten das Vorgehen schon
       früh, für eine Aberkennung würden wenige plagiierte Textstellen ausreichen.
       
       Die FU folgte allerdings der Empfehlung – und handelte sich damit deutliche
       Kritik ein. Im Hochschulrecht ist eine Rüge nicht vorgesehen, Doktortitel
       können nur zugestanden oder aberkannt werden. Vor einigen Tagen gab die FU
       nun bekannt, den Fall erneut zu prüfen. Dieses Mal geht es darum, ob eine
       Rüge rechtskonform ist. Damit wird der Jurist Ulrich Battis beauftragt, wie
       zuerst die FAZ berichtete.
       
       „Das Präsidium muss jetzt erneut entscheiden und Giffeys Doktortitel
       entziehen, da die Rüge rechtswidrig war“, sagt Janik Besendorf,
       Asta-Referent an der FU. Sollte Giffey nicht nur [2][das Amt der
       Bürgermeister*in Berlins von Michael Müller übernehmen], sondern auch das
       der Wissenschaftssenator*in, „wäre das eine Bankrotterklärung für den
       Wissenschaftsstandort Berlin“.
       
       ## „Systematischer Charakter“ der Mängel
       
       Grundlage für die Prüfung waren 119 Textstellen, die auf der Plattform
       Vroniplag entdeckt wurden. Das Gremium prüfte aber nur 80, da es sich zum
       Teil um Mehrfachnennungen gehandelt habe. Das Ergebnis ist trotzdem
       beachtlich: Fünf Plagiate „im eigentlichen Sinne“ lägen vor – dort übernahm
       Giffey ganze Sätze oder Passagen wörtlich, ohne eine Quelle zu nennen.
       
       In 22 Fällen paraphrasierte Giffey Textteile ohne Quellenangabe, wodurch
       diese nicht als Zitat erkennbar waren. Diese 27 Stellen entsprechen laut
       Gremium einer „objektiven Täuschung“. Außerdem wiesen die Mängel
       „systematischen Charakter“ auf – was für ein absichtliches Plagiat sprechen
       könte.
       
       Giffey selbst streitet die Vorwürfe ab. Ihre Anwälte legten dem Gremium
       Dokumente vor, die Giffeys Unschuld bestätigen sollen. Darunter die
       Ausarbeitung eines Professors zu 11 Fällen, die Vroniplag besonders
       aufgefallen waren, und ein Gutachten, das ihre Zitierweise rechtfertigen
       soll. Diese orientiere sich an einem „problemorientierten, amerikanischen
       Stil“.
       
       Das Gremium lehnt diese Argumentation ab: Es gebe keine anerkannte
       wörtliche Zitierweise, die etwas anderes vorsehe „als doppelte
       Anführungszeichen am Anfang und Ende des Zitats sowie die genaue
       Quellenangabe mit Seitenzahl(en)“.
       
       6 Oct 2020
       
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