URI: 
       # taz.de -- Dresden-“Tatort“: Der Täter spielt keine Rolle
       
       > Dieser „Tatort“ ist besonders: Der Verdächtige ist der Protagonist, die
       > Ermittler bleiben im Hintergrund. Das erzeugt eine ganz besondere
       > Spannung.
       
   IMG Bild: Kommissarin Karin Gorniak (Karin Hanczewski) überwältigt Louis Bürger (Max Riemelt)
       
       Alles, nur nicht Gefängnis, das ist das Mantra des dieswöchigen
       „Tatort“-Täters Louis Bürger [1][(Max Riemelt)]. Verständlich, denn nach
       eigener Aussage hat er fälschlicherweise drei Jahre hinter Gittern
       verbracht. Das kostete ihn nicht nur die Zwanziger, sondern auch seine
       beruflichen Perspektiven. Seit seiner Freilassung treibt sich Louis im
       kleinkriminellen Milieu rum – weshalb das Jugendamt ihm das Sorgerecht für
       seinen Sohn entzieht.
       
       Louis will also nicht nur dem Gefängnis fernbleiben, sondern auch seinen
       Sohn zurück. Ein Mord, sein Nachbar wurde mit einem Baseballschläger
       kaltblütig erschlagen, schiebt beiden Plänen einen Riegel vor, denn: Louis’
       Fingerabdrücke sind auf der Tatwaffe zu finden, ein stimmiges Motiv gibt es
       ebenfalls. Die Sache scheint klar, Louis muss in U-Haft.
       
       Auf juristischem Weg kommt er nicht frei, davon ist er überzeugt. Deshalb
       nimmt er sich die Freiheit, die ihm seiner Ansicht nach zusteht, selbst.
       Mit Hilfe seiner Frau Anna (Katia Fellin) und einer Pistolenattrappe kann
       er fliehen. Das neue Ziel des Ehepaars: den Sohn aus dem Kinderheim zu
       holen und ab zum Sehnsuchtsort Kroatien, ein neues Leben beginnen.
       
       ## Nichts für nebenbei Quatschen
       
       „Die Zeit ist gekommen“ ist ein besonderer „Tatort“, erstens weil der
       Verdächtige hier der Protagonist ist, während die Ermittler im Hintergrund
       bleiben. Und zweitens, weil die Frage, wer den Mord tatsächlich begangen
       hat, kaum eine Rolle spielt. Die wahren Täter werden in zwei kurzen, fast
       schon unmotiviert hereingeschusterten Szenen enthüllt. Ihr Motiv ist
       langweilig und platt, und das ist noch euphemistisch beschrieben.
       
       Denn der Fokus des „Tatort“ liegt woanders: Spannung erzeugen. Als die
       Bürgers ihren Sohn aus dem Heim abholen wollen, umstellt die Polizei das
       Gebäude. Um zu entkommen, gibt es für sie nur noch eine Möglichkeit: eine
       Geiselnahme. Die Heimleiterin und eines der Kinder werden mit vorgehaltener
       Pistole in der Küche des Heims festgehalten. Das Tragische: Louis hätte
       ohne Flucht und Geiselnahme nie ins Gefängnis gemusst, dass er unschuldig
       ist, finden die Kommissare letztendlich nämlich auch heraus.
       
       Das Drehbuch findet kluge Wege aus der Patt-Situation einer Geiselnahme
       heraus, um dann die Spannung wieder anzuziehen. [2][Zuschauer, die nebenbei
       noch ganz gerne ein wenig quatschen] oder am Sonntagabend-Wein nippen,
       werden hier nicht glücklich. Eher schon diejenigen, die anderthalb Stunden
       Spannung genießen wollen.
       
       5 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Spielfilm-Kopfplatzen-ueber-Paedophilie/!5673765
   DIR [2] /Science-Fiction-Serie-Spides/!5668803
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Matej Snethlage
       
       ## TAGS
       
   DIR Tatort
   DIR Dresden
   DIR TV-Krimi
   DIR Tatort
   DIR Tatort
   DIR Saarbrücken
   DIR TV-Serien
   DIR Waffenexporte
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR „Tatort“ aus Dresden: Nichts fürs gruselscheue Publikum
       
       Ein graues Haus, ein Mädchen, das Geister sieht und tote Frauen mit
       strähnigen Haaren. Der Tatort als Psychothriller statt als klassischer
       Krimi.
       
   DIR „Tatort“ aus Frankfurt: Die Guten und die Blöden
       
       Wenn Kommissar:innen über Gut und Böse sinnieren und alles nur irre egal
       ist. Das zeigt dieser „Tatort“, einer der letzten Filme mit Hannelore
       Elsner.
       
   DIR Saarbrücken-„Tatort“ am Ostermontag: Wodka im Müsli
       
       Spannend, cool und mit vielen Überraschungen: Das neue Ermittlerduo aus dem
       Saarland gibt in „Das fleißige Lieschen“ einen starken Einstand.
       
   DIR Queere Filme und Serien im Streaming: Mehr lesbische Superheldinnen!
       
       Kino und TV zeigen immer noch zu wenige queere Stoffe und Figuren. Besser
       ist die Lage beim Streaming. Welche Trends fallen diese Saison ins Auge?
       
   DIR ARD-Themenabend Rüstungshandel: Planet der Waffen
       
       Mit dem Spielfilm „Meister des Todes 2“ liefert Regisseur Daniel Harrich
       hochrelevantes Fernsehen. Es geht um illegale Deals deutscher
       Rüstungsfirmen.