# taz.de -- Dritte Staffel „Charité“: Krankenhausserie bringt Seelenheil
> Die dritte Staffel Charité spielt in einem Krankenhaus im Jahr 1961. Doch
> mit Themen wie Impfen und Triage ist sie auch in Coronazeiten aktuell.
IMG Bild: Dr. Ingeborg Rapaport (Nina Kunzendorf) ist Kinderärztin und Freundin des Impfens
Coronazeiten sind Serienzeiten. Und der Gipfel des Serieneskapismus sind
Krankenhausserien, wie wir seit der „Schwarzwaldklinik“ sicher wissen.
Heilungsquote: so gut wie seinerzeit die Wahlergebnisse der SED, um die 99
Prozent. Der [1][aktuelle deutsche Krankenhausserienerfolg heißt „Charité“]
und geht auch schon in die dritte Staffel (Regie: Christine Hartmann), die
1961 spielt. Die Hoffnung, einen kleinen, schwarzgelockten Christian
Drosten durch die Klinikgänge tollen zu sehen, erfüllt sich also nicht.
Aber wie geht eine – [2][wenn auch historische – Krankenhausserie] mit dem
Coronathema um?
In Folge eins echauffieren sich die Ostberliner Ärzte darüber, dass ihre
westdeutschen Kollegen im Angesicht der Epidemie nicht gegen das Poliovirus
impfen, obwohl es doch längst einen sowjetischen Impfstoff gibt. „Ich habe
meine eigenen Kinder geimpft. Ich bin selbst geimpft“, versucht
Kinderärztin Ingeborg Rapoport (Nina Kunzendorf) die zweifelnden Eltern
eines bereits erkrankten Jungen zu überzeugen. Die echte Ingeborg Rapoport
ist im Jahr 2017 übrigens im stolzen Alter von 104 Jahren gestorben.
Das Aufeinandertreffen von realen und fiktiven Ärztekoryphäen ist das
Prinzip der Serie. Die drei anderen Realos in der neuen Staffel sind der
Gerichtsmediziner Otto Prokop (Philipp Hochmair – erfüllt sämtliche
Professorenklischees); der Gynäkologe Helmut Kraatz (Uwe Ochsenknecht –
Typ: alter weißer Mann); der Biochemiker Samuel Mitja Rapoport (Anatole
Taubman – bejubelt den Mauerbau als Beitrag zur „Erhaltung des
Weltfriedens“): allesamt Knalltüten.
Also müssen die Frauen es wieder richten. Neben Rapoport sind das
Oberschwester Gerda (Hildegard Schroedter, auch schon als Oberschwester in
der „Schwarzwaldklinik“) und Dr. Ella Wendt (Nina Gummich). Als Kind verlor
sie ihre Mutter an Krebs. Mit ihrer Beharrlichkeit bei der Forschung zur
Krebsfrüherkennung erwirbt sie sich schließlich sogar die respektvolle
Bewunderung Prokops: „Sie sind jung. Innovativ. Offen für Neues. Sie sind
klug. Und frech wie die Nacht!“ Mit anderen Worten: eine stinknormale
TV-Heldin.
Dass die auch dem [3][Druck einer Coronatriage] gewachsen wäre, daran lässt
Folge fünf keinen Zweifel. Da ist in der ganzen großen Charité nur noch
eine einzige Dosis Penicillin aufzutreiben.
Dr. Nowack: „Das heißt, wir können nur bei einem Patienten mit der
Behandlung beginnen …“
Oberschwester Hildegard/Gerda: „Ha’m aber zwee, die se dringend brauchen!“
Dr. Ella Wendt: „Wir müssen jetzt eine Entscheidung treffen. Sonst
verlieren wir beide.“
Natürlich trifft sie die richtige Entscheidung und – SPOILER ALERT – rettet
am Ende beide. Die Heilungsquote ist in der „Charité“ nämlich fast, aber
nur fast so gut wie einst in der „Schwarzwaldklinik“. Deren 70 Folgen sind
übrigens noch bis Ende Mai in der ZDF-Mediathek abrufbar. Nur so zur Info,
weil die Coronazeiten ja noch eine Weile andauern werden.
11 Jan 2021
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## AUTOREN
DIR Jens Müller
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