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       # taz.de -- Dynamische Strompreise: Das Versprechen vom billigen Strom
       
       > Immer mehr dynamische Stromtarife kommen auf den Markt. Doch wer davon
       > profitieren will, braucht einiges an Technik, Geld und Zeit.
       
   IMG Bild: Die Idee: Das E-Auto lädt, wenn der Strom gerade günstig ist
       
       Berlin taz | Wann sie ihre Waschmaschine anstellen, hängt bei den meisten
       Menschen von der Menge der zu waschenden Wäsche ab, davon ob Waschmittel im
       Haus ist – und vielleicht noch, ob sie in einem sinnvollen Zeitfenster nach
       dem Waschdurchgang zu Hause sind, um die feuchten Textilien aufzuhängen.
       Doch wenn es nach der Bundesregierung und diversen Stromanbietern geht,
       wird das nicht so bleiben: Immer mehr Stromversorger bieten sogenannte
       dynamische Stromtarife an.
       
       Ab dem kommenden Jahr wird ein entsprechendes Angebot – nicht die Nutzung –
       sogar Pflicht. Wann die Waschmaschine läuft, das E-Auto lädt oder die
       Wärmepumpe Strom zieht, soll dann nicht nur von den Bedürfnissen der
       Nutzer:innen abhängen, sondern auch vom aktuellen Strompreis. Dabei ist
       die Funktionsweise der neuen Angebote nicht immer leicht zu durchschauen.
       
       Bei klassischen Stromverträgen gilt: Was monatliche Grundgebühr und
       Kilowattstunde kosten, ist im Vertrag festgelegt und bleibt über diesen
       Zeitraum stabil. Bei [1][dynamischen Stromverträgen] bleibt nur die
       Grundgebühr gleich. Der Arbeitspreis, also der Preis pro Kilowattstunde,
       schwankt in Abhängigkeit vom Börsenstrompreis. Die Idee dahinter:
       [2][Verbraucher:innen sollen Strom dann nutzen, wenn er billig] und
       somit in Fülle vorhanden ist, zum Beispiel weil gerade viel Strom aus
       Windkraftanlagen ins Netz gespeist wird. Und Strom sparen, wenn die Preise
       hoch, das Angebot also geringer ist.
       
       „Die dynamischen Tarife sind auf alle Fälle viel komplexer als die
       herkömmlichen“, sagt Christina Wallraf, Energieexpertin bei der
       Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Die erste Voraussetzungen: die
       Zeit und und die Bereitschaft, sich mehrmals täglich mit den Strompreisen
       auseinanderzusetzen und stromintensive Aktivitäten gegebenenfalls in
       günstigere Zeiten zu schieben.
       
       ## Ab 2032 soll jeder Haushalt einen Smart Meter haben
       
       Dazu kommt einiges an Technik. Wer einen entsprechenden Tarif nutzen will,
       braucht dafür einen Smart Meter, also einen vernetzten Stromzähler, um den
       Verbrauch stundengenau abzurechnen. Ab 2032 sollen solche Stromzähler für
       jeden Haushalt eingebaut werden, aktuell hat nur ein Teil der Haushalte
       einen Anspruch darauf: Großverbraucher mit mehr als 6.000 Kilowattstunden
       im Jahr sowie Haushalte, die zum Beispiel eine Wärmepumpe, eine
       [3][Photovoltaik-Anlage] oder ein E-Auto mit eigener Ladestation haben.
       
       Die Kosten liegen für Normalnutzer:innen bei 20 Euro pro Jahr, wer
       etwa eine Wärmepumpe hat, zahlt 50 Euro im Jahr. Dazu können noch jährliche
       Kosten für Zusatzleistungen den Einbau kommen, die im zweistelligen Bereich
       liegen. Alternativ zum Smart Meter reicht etwa beim Anbieter Tibber, einem
       der Pioniere dynamischer Tarife, auch ein mittlerweile üblicher digitaler
       Zähler, wenn der Haushalt ihn mit einem zu bestellenden Verbrauchs-Tracker
       kombiniert. Der kostet gut 100 Euro und wird am Stromzähler befestigt.
       
       Um zu wissen, was der Strom denn nun kosten wird, müssen Kund:innen in
       die App des Anbieters schauen. Hier werden jeweils die Preise für die
       kommenden 24 Stunden angegeben. Auch ein Smartphone ist also notwendig. Der
       zusätzlichen Investition gegenüber steht die erhoffte Kostenersparnis, wenn
       große Stromverbräuche in die günstigeren Stunden gelegt werden können. Bei
       Grundverbrauchern wie dem Kühlschrank oder Router ist das nicht möglich –
       bei Geräten wie Lampen, Backofen oder Haartrockner hängt es sehr davon ab,
       wie flexibel der eigene Alltag gestaltbar ist.
       
       ## „Morgens und abends sind die Preise bei dynamischen Tarifen tendenziell
       teurer“
       
       Auch Green Planet Energy – früher Greenpeace Energy – hat einen dynamischen
       Tarif im Angebot. Hier gibt es keine App. Wer den dynamischen Tarif nutzt,
       muss sich im Kundenportal registrieren und kann dort die stundenaktuellen
       Preise einsehen, ab 15:00 Uhr auch die für den Folgetag. In einem
       beispielhaften Tagesverlaufsdiagramm des Anbieters schwankt der Strompreis
       durchaus nennenswert: Nach einem Tief am frühen Nachmittag, in dem die
       Kilowattstunde bei gut 20 Cent liegt, klettert der Preis zum Abend hin auf
       knapp 40 Cent.
       
       „In einem normalen Haushalt wird vor allem morgens und abends Strom
       verbraucht und dann sind die Preise bei dynamischen Tarifen tendenziell
       teurer als bei den herkömmlichen“, sagt Energie-Expertin Wallraf. Sie
       empfiehlt solche Tarife daher nur für Haushalte, die zum Beispiel ein
       E-Auto mit eigener Ladestation haben und den Verbrauch entsprechend
       verlagern können.
       
       Kund:innen, die sich dennoch für einen solchen Tarif interessieren, rät
       Wallraff dazu, sich zwei Fragen zu stellen: Verstehe ich das
       Geschäftsmodell? Und kann ich die Abrechnung nachvollziehen? Und wer
       tatsächlich einen dynamischen Tarif ausprobieren will, sollte zunächst
       einen mit kurzer Kündigungsfrist wählen – um gegebenenfalls schnell wieder
       zurückwechseln zu können.
       
       25 Jun 2024
       
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