# taz.de -- EU-Asylrecht: Die Ausnahme wird zur Regel
> Schutzsuchende haben es in der EU zunehmend schwerer. Ihr bloßes Ankommen
> wird bald als „Krise“ gelten, um ihnen mit allen Mitteln zu begegnen.
IMG Bild: Migranten wie Verbrecher behandeln: Serbische Polizisten an der Grenze zu Ungarn im September
Vieles von dem, was in den vergangenen Jahren als Verschärfung des
Asylrechts vorgedacht wurde, greift so tief in die Grundrechte ein, dass es
zunächst nur als Ausnahme daherkam. Zum Beispiel [1][die geplanten
Schnellverfahren] an den Außengrenzen: Ausnahmsweise nur für die, die
sowieso kaum Aussicht auf Anerkennung haben. Oder die eingeschränkten
Rechtsmittel. Die eingeschränkte Versorgung. Oder die längere Internierung.
Ausnahmsweise, wenn dieses oder jenes es gerade erfordert.
Aber das reicht vielen nicht mehr. Der Druck [2][in der derzeit wieder
aufgeheizten Migrationsfrage] ist groß. Und so geht es nun weiter: [3][Die
Krisen-Verordnung, auf die sich der EU-Rat am Mittwoch einigte], ist dazu
da, die Ausnahmen auszuweiten. Und von Beginn an stand die Befürchtung im
Raum, dass diese Ausweitung so weit geht, dass am Ende alles zur Regel
wird: Knast, Schnellverfahren, abgesenkte Aufnahmestandards.
Auch wenn die Ampel es anders darstellt: Die Möglichkeiten, einen
„Krisenfall“ auszurufen und so die durch die Reform des Gemeinsamen
Europäischen Asylsystems ohnehin geplanten Einschränkungen der
Flüchtlingsrechte weiter zu verschärfen, sind weit gefasst. Das bloße
Ankommen der Unerwünschten wird so schon bald oft als „Krise“ gelten, der
mit den Mitteln des Notstands begegnet werden darf. Das „normale“ Recht für
Schutzsuchende, ohnehin erodiert, wird, umgekehrt, nur noch in
Ausnahmefällen zur Anwendung kommen.
Deutschland hat dem zugestimmt. Die grüne Fraktionsspitze „begrüßt“, dass
es im Flüchtlingsknast nun auch Schulbücher und Ärzt:innen geben soll –
dass dies vorher offensichtlich anders geplant war, sagt schon alles. Die
grüne Basis wirft ihrer Parteispitze „Ignoranz“ und „Falschbehauptungen, um
uns intern ruhigzustellen“ vor. Sie klagt über die „Beerdigung ihrer
humanitären Grundsätze“ und einen „historischen Fehler“.
Ändern wird es nichts mehr: Die Verhandlungen von Rat, Parlament und
Kommission werden beginnen, und Deutschland zieht mit.
4 Oct 2023
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## AUTOREN
DIR Christian Jakob
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