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       # taz.de -- EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen: Rede mit Leerstellen
       
       > EU-Kommissionschefin von der Leyen kündigt in Brüssel mehr Klimaschutz
       > und den Kampf gegen Diskriminierung an. Beim Thema Moria bleibt sie vage.
       
   IMG Bild: Kämpferische Pose, vager Inhalt: EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen
       
       Brüssel taz | Die EU will mehr für den [1][Klimaschutz] und für eine
       [2][gemeinsame Flüchtlingspolitik] tun. Dies kündigte
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer ersten Rede zur
       „Lage der Union“ im Europaparlament in Brüssel an. Die CDU-Politikerin
       sagte auch Rassismus und Diskriminierung den Kampf an. Die in Polen
       ausgerufenen [3][LGBTI-freien Zonen] hätten „keinen Platz in unserer
       Gemeinschaft“, betonte von der Leyen.
       
       Doch die mehr als einstündige Rede vor einem halb vollen Plenarsaal
       enthielt auch einige Leerstellen. Dies gilt vor allem für die
       Flüchtlingspolitik. So ging von der Leyen mit keinem Wort auf die von
       Deutschland angestrebte „europäische Lösung“ für die MigrantInnen auf
       Lesbos und anderen griechischen Inseln ein. Stattdessen kündigte sie die
       Errichtung eines neuen Abschiebe-Lagers auf Lesbos und einen weiteren
       Ausbau des EU-Grenzschutzes an.
       
       Vage blieben auch die Aussagen zur Seenotrettung. Die Nothilfe für
       Bootsflüchtlinge sei nicht bloß „optional“, sagte sie. Ob damit eine neue
       EU-Mission zur Seenotrettung gemeint sein könnte, ließ von der Leyen offen.
       Einen detaillierten Vorschlag zur künftigen Asyl- und Flüchtlingspolitik
       will die EU-Kommission erst am kommenden Mittwoch vorstellen. Im
       Mittelpunkt sollen Abkommen mit Drittländern wie der Türkei stehen – mit
       dem Ziel, Menschen an der Flucht nach Europa zu hindern.
       
       Auch beim Klimaschutz blieb von der Leyen Antworten schuldig. Wie erwartet
       bekannte sie sich zu einem schärferen Klimaziel: Bis 2030 solle der Ausstoß
       von Treibhausgasen um „mindestens 55 Prozent“ reduziert werden, sagte sie.
       Bisher strebte die EU nur 40 Prozent an. Doch wie sie dieses neue,
       ehrgeizige Ziel erreichen will, blieb unklar: „Um dies zu erreichen, müssen
       wir unmittelbar beginnen“ – Details sollen erst 2021 folgen.
       
       ## „Bilanz-Trickserei statt Klimaschutz-Turbo“
       
       Von den Grünen kam prompt Kritik. Es gehe beim Klimaschutz „nicht nur um
       Zahlen, sondern um konkrete Gesetzesvorlagen, um den Green Deal wahr zu
       machen und diese Ziele auch zu erreichen“, erklärte die
       Grünen-Europapolitikerin Franziska Brantner in Berlin. „Die angekündigte
       Verschärfung des EU-Klimaziels für 2030 ist leider vor allem
       Bilanztrickserei statt Klimaschutz-Turbo“, kritisierte der
       Linken-Klimaexperte Lorenz Gösta Beutin.
       
       Auch wichtige Forderungen des Europaparlaments bleiben unberücksichtigt. So
       setzen sich die EU-Abgeordneten für eine bessere Abstimmung der nationalen
       Coronamaßnahmen und Reisewarnungen ein. Darauf ging von der Leyen jedoch
       nicht näher ein. Sie forderte „eine stärkere europäische Gesundheitsunion“.
       Dabei müsse auch über „die Frage der Gesundheitskompetenzen“ diskutiert
       werden, die derzeit vor allem bei den Mitgliedstaaten liegen.
       
       Eine Woche vor einem EU-Sondergipfel zur Außenpolitik ging von der Leyen
       auch über den Ruf nach Sanktionen gegen die Türkei hinweg. Die Türkei sei
       ein wichtiger Partner und müsse zurück an den Verhandlungstisch, erklärte
       sie. Damit folgt die EU-Präsidentin der deutschen Linie, die auf Dialog mit
       Ankara setzt. Griechenland und Zypern fordern dagegen Sanktionen, um auf
       Drohgebärden und Militärmanöver der Türkei im östlichen Mittelmeer zu
       reagieren.
       
       16 Sep 2020
       
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