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       # taz.de -- EU-Krisengipfel in Calais: Frontex soll die Küste überwachen
       
       > Nach dem Tod von 27 Migranten im Ärmelkanal sind EU-Vertreter zu einem
       > Krisengipfel zusammengekommen. Sie wollen wirksamer gegen Schleuser
       > vorgehen.
       
   IMG Bild: Sollen per Flugzeug gestoppt werden: Migranten auf dem Weg von Frankreich nach Großbritannien
       
       Calais afp | Nach dem [1][Flüchtlingsdrama im Ärmelkanal mit 27 Toten]
       haben EU-Vertreter beschlossen, die „gemeinsame Zusammenarbeit mit
       Großbritannien zu verbessern“. Das geht aus der Abschlusserklärung eines
       Krisentreffens am Sonntag im nordfranzösischen Calais hervor. Im Kampf
       gegen Schleuserbanden wurde zudem vereinbart, dass ab Mittwoch ein Flugzeug
       der EU-Grenzschutzbehörde Frontex die Küste des Ärmelkanals überwacht.
       
       Das Flugzeug soll „Tag und Nacht“ das Gebiet von Frankreich bis zu den
       Niederlanden überfliegen, sagte der französische Innenminister Gérald
       Darmanin nach dem Treffen mit Vertretern mehrerer EU-Länder, der
       EU-Kommission sowie der Behörden Frontex und Europol. In einer gemeinsamen
       Erklärung bekräftigten die Teilnehmer „ihr Engagement, alles zu tun, um
       wirksamer gegen kriminelle Schleusernetzwerke vorzugehen“.
       
       Paris sei bereit, mit „seinen britischen Freunden“ zusammenzuarbeiten, um
       die Migranten auf ihrem Weg nach Großbritannien aufzuhalten, bekräftigte
       Darmanin. Er forderte London jedoch auf, mehr zu tun, insbesondere im
       Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit, um die „Attraktivität“ des
       britischen Arbeitsmarktes zu verringern und legale Wege für Flüchtlinge zu
       öffnen. Dies müsse „auf Augenhöhe“ geschehen.
       
       Die britische Innenministerin Priti Patel fehlte bei dem Treffen. Sie war
       von Darmanin wieder ausgeladen worden, nachdem ein Brief des britischen
       Premierministers Boris Johnson am Freitag [2][einen diplomatischen Eklat
       zwischen Paris und London ausgelöst] hatte. Paris war empört nicht nur über
       die Forderungen der britischen Seite, alle Migranten wieder nach Frankreich
       zurückzubringen, sondern auch darüber, dass Johnson den Brief an
       Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf Twitter veröffentlicht hatte.
       
       Der britische Gesundheitsminister Sajid Javid bekräftigte im Vorfeld im
       Sender Sky News Londons Forderung nach gemeinsamen Polizeipatrouillen
       entlang der nordfranzösischen Küste und einer Rücknahme der
       Bootsflüchtlinge durch Frankreich. Über den Ärmelkanal dürften keine
       Flüchtlingsboote mehr nach Großbritannien übersetzen. „Das können wir nicht
       allein schaffen. Wir brauchen die Kooperation der Franzosen“, betonte er.
       
       Patel kündigte im Onlinedienst Twitter an, sie werde in der kommenden Woche
       Gespräche mit ihren europäischen Kollegen führen, „um weitere Tragödien im
       Ärmelkanal zu verhindern“.
       
       In einem Beitrag für die britische Zeitung „Sun on Sunday“ betonte Patel
       die Notwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens und einer härteren britischen
       Gesetzgebung. Johnson und sie stünden „jederzeit bereit, um Vorschläge mit
       unseren französischen Kollegen zu diskutieren“.
       
       Französische Hilfsorganisationen forderten derweil entschiedene Maßnahmen
       zur Schaffung legaler Migrationswege. „Wenn die Regierung
       Menschenschmuggler (für riskante Fluchtwege) verantwortlich macht,
       verschleiert sie damit ihre eigene Verantwortung“, sagte der Vorsitzende
       der Organisation „L'Auberge des migrants“, François Guennoc. „Wenn es
       legale Wege nach Großbritannien gäbe, gäbe es keine Menschenschmuggler.“
       
       „Ich befürchte, dass die Antwort einzig und allein repressiv und
       sicherheitsbezogen sein wird“, sagte Juliette Delaplace von der örtlichen
       katholischen Flüchtlingshilfe. Sie erwarte, dass die Politik „erneut die
       Schlepper verantwortlich“ mache, obwohl es die Politik sei, „welche die
       Schleusernetzwerke“ befördere. Papst Franziskus bekundete am Sonntag seinen
       „Schmerz“ über den Tod der 27 Migranten im Ärmelkanal.
       
       29 Nov 2021
       
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