# taz.de -- EU-Renaturierungsgesetz verschoben: Green Deal der EU wankt
> Die Wiederherstellung von intakten Ökosystemen ist eine Grundlage der
> EU-Klimapolitik. Konservative und Populisten blockieren ein wichtiges
> Gesetz.
IMG Bild: „Ohne intakte Natur keine Landwirtschaft“: Das EU-Gesetz zur Renaturierung hat noch keine Mehrheit
Brüssel taz | Paukenschlag im Europaparlament: Ein wichtiger Pfeiler des
„European Green Deal“, [1][das geplante EU-Gesetz zur Renaturierung,] hat
bei einer Kampfabstimmung am Donnerstag im Umweltausschuss keine Mehrheit
gefunden. Deutsche Christdemokraten, Konservative und die ID-Fraktion, zu
der auch die AfD gehört, blockierten eine Entscheidung.
Sie konnten 44 Abgeordnete mobilisieren, genauso viele wie die Befürworter.
Das reichte nicht, um den Text „in die Tonne zu treten“, sagte der grüne
Europaabgeordnete Michael Bloss. Bei einem dreistündigen
Abstimmungs-Marathon fand sich jedoch auch keine Mehrheit für den Entwurf.
Die Sitzung wurde auf den 27. Juni vertagt.
Die umstrittene Verordnung zur Wiederherstellung der Natur gilt als
Kernstück des sogenannten [2][Green Deal, mit dem die EU bis 2050
klimaneutral werden will]. Sie sieht vor, dass bis 2030 geschädigte
Ökosysteme auf 20 Prozent der Fläche der EU „wiederhergestellt“ werden
müssen. Bis 2050 müssen [3][alle Ökosysteme in Europa wieder in einem
gesunden, „natürlichen“ Zustand] sein.
Die Konservativen und Rechten hatten gefordert, den Gesetzentwurf
zurückzuziehen. Sie behaupten, er schade den Bauern und gefährde die
Lebensmittelversorgung. Demgegenüber haben sich Grüne, Sozialdemokraten,
Liberale und Linke für das Gesetz ausgesprochen. Sogar große Konzerne wie
Nestlé oder IKEA warben für den Entwurf.
## 2.500 Änderungsanträge
Das heftige Tauziehen schlug sich in 2.500 Änderungsanträgen nieder,
berichtete der Chef des Umweltausschusses, Pascal Canfin. Es artete sogar
in eine Schlammschlacht aus. Befürworter und Gegner warfen einander vor,
Desinformation zu verbreiten. Auch Manfred Weber, der Chef der mächtigen
EVP, geriet unter Beschuss.
Weber habe Mitgliedern seiner konservativen Fraktion mit dem Rauswurf
gedroht, wenn sie nicht gegen den Entwurf stimmen sollten, behauptet
Canfin. Der CSU-Politiker nutze das Gesetz, um Allianzen mit der extremen
Rechten zu schmieden, warnen Grüne und Linke. Weber hat diese Vorwürfe
zurückgewiesen – doch der Streit geht weiter.
## Geschwächter Entwurf
Nach der nun nötigen zweiten Abstimmung im Umweltausschuss in zwei Wochen
ist noch ein Votum im Plenum geplant – und dort könnte der Entwurf
ebenfalls scheitern. „Ich halte es für sehr gut möglich, dass wir den
Vorschlag spätestens im Plenum ablehnen, so wie das der Fischerei- und
Agrarausschuss getan haben“, erklärte Peter Liese, umwelt- und
klimapolitischer Sprecher der EVP-Fraktion.
Schon jetzt konnten die Konservativen „einige Änderungsanträge
durchbringen, die das Gesetz durchlöchern und schwächen“, sagt Delara
Burkhardt, die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten.
Deshalb sei offen, was am Ende übrig bleibe. „Selbst den Konservativen muss
klar sein, dass es ohne intakte Natur keine Landwirtschaft geben kann“, so
Burkhardt.
„Eine [4][fossile Allianz von CDU/CSU bis zur extremen Rechten] sabotiert
derzeit alle europäischen Klimaschutzmaßnahmen“, kommentierte der Grüne
Bloss. „Der Klimaschutz steht auf Messers Schneide.“ Umso mehr müsse das
Parlament das Renaturierungs-Gesetz verteidigen.
15 Jun 2023
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## AUTOREN
DIR Eric Bonse
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