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       # taz.de -- EU-Studie über Krieg mit Russland: Georgien schoss zuerst
       
       > Ein im EU-Auftrag erstellter Untersuchungsbericht über den Ausbruch des
       > Kaukasuskriegs belastet Georgien, aber auch Russland: Georgien begann mit
       > dem Einmarsch, Russland provozierte zuvor.
       
   IMG Bild: Erst Provokationen, dann Schüsse: Zerstörter Panzer in Zchinvali, der Hauptstadt Südossetiens (Archivfoto von August 2008).
       
       Den Krieg zwischen Südossetien und Georgien, der wenige Stunden nach seinem
       Beginn zu einem russisch-georgischen Krieg wurde, hat eindeutig Georgien
       begonnen. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht der Schweizer Diplomatin
       Heidi Taglivini, der im Auftrag der EU erstellt und am Mittwoch in Brüssel
       vorgestellt worden ist. Der Bericht, der den Botschaftern der beiden
       Konfliktparteien, den 27 EU-Staaten und einem UN-Vertreter übergeben wurde,
       misst aber auch Russland eine Mitschuld an der Eskalation im Vorfeld und
       während des Krieges bei. Russland, so der Bericht weiter, sei der
       Vertreibung von georgisch-stämmigen Südosseten während des Krieges nicht
       entgegengetreten, habe dieser vielmehr weitgehend tatenlos zugesehen.
       Russlands Besetzung weiter Teile Georgiens, dessen Zerstörung georgischer
       Schiffe und die Besetzung eines Teils der Kodori-Schlucht seien mit dem
       Völkerrecht nicht vereinbar, so der Bericht. Welche politischen
       Konsequenzen aus dieser Untersuchung gezogen werden können und müssen,
       lässt der Bericht völlig offen. Bereits am Dienstag hatte die
       Parlamentarische Versammlung des Europarates Russland kritisiert. Russland
       weigere sich, EU-Beobachtern Zutritt zu abchasischem und südossetischem
       Territorium zu gewähren, und habe durch sein Veto im UN-Sicherheitsrat eine
       Mandatsverlängerung von UNO-Beobachtern verhindert.
       
       Ebenfalls scharf kritisierte die Parlamentarische Versammlung des
       Europarates, dass Abchasien und Südossetien auf seine georgisch-stämmigen
       Bewohner Druck ausübe, die abchasische bzw. die südossetische
       Statsbürgerschaft anzunehmen. Russland solle, so die Versammlung, bis Ende
       2009 die in den Jahren 2008 und 2009 beschlossenen Resolutionen zu Georgien
       erfüllen. Zudem müsse Informationen über Vertreibungen und ethnische
       Säuberungen der Konfliktparteien nachgegangen werden. Das georgische
       Aussenministerium hat die Erklärung der Parlmentarischen Versammlung
       begrüsst. Russland mißfällt die Haltung, dass heute mehr über die von
       Russland mit zu verantwortende Eskalation als den Auslöser des Krieges, den
       georgischen Überfall, diskutiert wird.
       
       Fast 14 Monte nach Kriegsbeginn müssen sich aber auch westliche Staaten und
       internationale Organisationen die Frage gefallen lassen, ob sie nicht auch
       eine Mitschuld an dem georgischen Überfall in Südossetien und dem
       anschliessenden Krieg haben. Weitgehend kommentarlos habe man mit
       angesehen, wie Georgien seit 2006 systematisch das Abkommen mit den
       Konfliktparteien in Südossetien gebrochen habe, als 2006 georgische Tuppen
       die Kodori-Schlucht in Abchasien einnahmen. Und mit der Anerkennung des
       Kosovo Anfang 2008, durch die sich Abchasien und Südossetien in ihren
       Bemühungen um Unabhängigkeit bestätigt sahen, hätten die Spannungen in der
       Region weiter zugenommen.
       
       Inzwischen ist die Lage vor Ort wieder angespannt. Vor diesem Hintergund
       hat die Beobachtermission der EU in der vergangenen Woche beschlossen, ihre
       Patrouillen zu erhöhen. Der Aussenminister Abchasiens befürchtet laut RIA
       Novosti eine neue, von Georgien verursachte Eskalation im Schwarzen Meer.
       In einem Interview er Georgien davor, sich in abchasische Hoheitsgewässer
       "zu wagen". Abchasien kündigte an, auf georgische Schiffe zu schiessen,
       sollten sich diese in abchasischen Hohheitsgewässern aufhalten. Das
       russische Küstenwachschiff "Noworossijsk" wurde vor die abchasische Küste
       entsandt, um die Seegrenze zu sichern.
       
       30 Sep 2009
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Clasen
       
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