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       # taz.de -- Einkommen Alleinerziehender: Verheiratete Frauen haben mehr
       
       > Frauen verdienen in ihrem Berufsleben weniger Geld, wenn sie allein
       > leben. Bundesfamilienministerin Lisa Paus möchte ihnen den Rücken
       > stärken.
       
   IMG Bild: Macht sich für Alleinerziehende stark: Neue Bundesfamilienministerin Lisa Paus
       
       Berlin taz | Auf das gesamte Erwerbsleben gerechnet verdienen Frauen nur
       etwas mehr als halb so viel wie Männer – dieses erschreckende Verhältnis
       veröffentlichte ein Forscher:innenteam der Freien Universität Berlin
       2020. Eine neue Studie zeigt nun weiter: Die Lücke zwischen den
       Geschlechtern schließt sich vor allem dann, wenn Frauen sich innerhalb des
       traditionellen Familienbilds bewegen. Frauen hingegen, die überwiegend
       alleinerziehend sind, müssen im Vergleich zu verheirateten Müttern
       durchschnittlich Einbußen von rund 25 Prozent hinnehmen.
       
       Der letzte Teil der [1][dreiteiligen Studie] „Wer gewinnt? Wer verliert?
       Die Entwicklung und Prognose von Lebenserwerbseinkommen in Deutschland“
       erscheint zum Tag der Arbeit am 1. Mai. Er nimmt die Frage in den Blick,
       wie sich die massive Lücke in den Erwerbseinkommen von Frauen und Männern
       schließen lässt, wenn Familienkonstellationen und staatliche Leistungen
       berücksichtigt werden.
       
       Gibt es zwei Einkommen im Haushalt, fängt das Partnereinkommen die
       Einkommensausfälle von Müttern auf, die zum Beispiel durch
       Kindererziehungszeiten zustanden kommen. Fällt diese Absicherung im eigenen
       Haushalt jedoch weg, ist der Staat nur unzureichend in der Lage,
       Einkommensausfälle zu kompensieren.
       
       Verheiratete Mütter und Väter, die heute Mitte 30 sind, haben im
       Haupterwerbsalter zwischen 20 und 55 Jahren – nach Steuern, zuzüglich
       staatlicher Leistungen – jeweils rund 700.000 Euro zur Verfügung. Frauen,
       die überwiegend alleinerziehend sind, kommen hingegen nur auf rund 520.000
       Euro.
       
       ## Vorteile durch Ehegattensplitting oder beitragsfreie Mitversicherung
       
       Eine Partnerschaft sichere verheiratete Mütter finanziell ab, sagt Manuela
       Barišić, Arbeitsmarktexpertin der Bertelsmann Stiftung, die die Studie
       förderte. „Alleinerziehende haben dagegen das Nachsehen, da sie von
       Partnereinkommen kaum oder gar nicht profitieren.“
       
       Zudem sind Alleinerziehende zunehmend auf Transferleistungen angewiesen.
       Denn viele familienbezogene Leistungen sind noch immer auf die Ehe
       ausgerichtet, darunter zum Beispiel [2][das Ehegattensplitting] oder die
       beitragsfreie Mitversicherung. „Für Alleinerziehende oder nicht
       verheiratete Paare sind diese Leistungen nicht zugänglich“, sagt
       Studienautor Timm Bönke. Staatlicherseits werden also noch immer starke
       Anreize für eine traditionelle Rollenaufteilung gesetzt, in der die Frau
       weniger Erwerbs-, dafür mehr Sorgearbeit übernimmt als der Mann.
       
       Aus den Erkenntnissen, schreiben die Autor:innen der Studie, folge
       „klarer Handlungsbedarf für die Politik“: Was es brauche, sei eine
       „universellere Absicherung unterschiedlicher Lebenswirklichkeiten“ durch
       verlässliche und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung und größeren
       finanziellen Spielraum.
       
       Auch die neue Frauen- und Familienministerin des Bundes, [3][Lisa Paus]
       (Grüne), ist alleinerziehende Mutter. Bei ihrem ersten Statement nach ihrer
       Vereidigung am Mittwoch dieser Woche sagte Paus, sie wolle
       Alleinerziehenden den Rücken stärken: „Sie sind keine Familien zweiter
       Klasse.“ Der Staat müsse hier mehr tun: Die Kinderbetreuung ausbauen,
       ebenso die Elterngeldmonate bei Alleinerziehenden. Die Kindergrundsicherung
       soll ebenso wie Steuergutschriften für Alleinerziehende auf den Weg
       gebracht werden. Das Ehegattensplitting allerdings soll auch in dieser
       Legislatur nicht angetastet werden.
       
       29 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/wer-gewinnt-wer-verliert-2020#:~:text=Kinder%20f%C3%BChren%20zu%20einer%20deutlichen,570.000%20Euro%20(Ostdeutschland)%20rechnen.
   DIR [2] /Pro-und-Contra-zum-Ehegattensplitting/!5425379
   DIR [3] /Neue-Bundesfamilienministerin-Lisa-Paus/!5847039
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Patricia Hecht
       
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