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       # taz.de -- Einzige Trainerin beim Giro d’Italia: Ein revolutionäres Duo
       
       > Richard Carapaz führt als erster Ecuadorianer den Giro d’Italia an. Er
       > wird von Iosune Murillo trainiert – der einzigen Frau im
       > World-Tour-Bereich.
       
   IMG Bild: Richard Carapaz hat sich überraschend an die Spitze gesetzt
       
       Como taz | Der Giro d’Italia ist immer wieder für Innovationen gut. Zu
       Beginn schlüpfte mit [1][Primož Roglič ein ehemaliger Skispringer ins
       Führungstrikot]. Dann lagen gleich zwei familiär verbandelte Radprofis aus
       dem kleinen Slowenien vorn, Jan Polanc vor ebendiesem Skispringer Roglic.
       Polanc’ Vater Marko setzte einst die ersten richtigen Trainingspläne für
       Roglič auf, nachdem der die Ski in die Ecke gestellt hatte. „Ich erinnere
       mich noch daran, als er kam. Er saß ja quasi das erste Mal richtig auf dem
       Rennrad. Und wir hatten alle schon einige Jahre Training hinter uns. Was er
       aber zeigte, war enorm. Es war gleich klar, dass er Talent hatte“, erzählt
       Polanc über die Anfänge seines Landsmanns.
       
       Jetzt gibt es eine neue Premiere beim Giro. Mit Richard Carapaz hat nicht
       nur der erste Ecuadorianer das rosa Trikot erobert. Carapaz war im letzten
       Jahr schon der erste Sportler seines Landes mit einem Etappensieg beim
       Giro. Dieses Jahr fügte er deren zwei hinzu. Was bislang aber untergegangen
       war, ist die Tatsache, dass er von der einzigen Trainerin im
       World-Tour-Bereich betreut wird.
       
       „Ich habe mich nie gefragt, warum ich von einer Frau trainiert werde.
       Iosune war immer da, seit ich vor drei Jahren nach Europa kam. Es
       funktioniert gut mit ihr, weil sie auf Dialog aus ist. Sie hört zu, weiß
       eine Menge und entscheidet dann auch, ohne jedoch etwas mit Gewalt
       durchzusetzen. Ich habe immer mit ihr arbeiten wollen“, sagte Carapaz am
       Rande des Giro. Iosune Murillo kümmerte sich um ihn, als er noch für
       Lizarte, dem Farmteam von Movistar, antrat. Obwohl Carapaz den Sprung nach
       oben schnell schaffte, wurde seine Trainerin erst in diesem Jahr in den
       Betreuerstab des World-Tour-Teams aufgenommen. Manche Neuerungen brauchen
       eben Zeit, besonders im recht machistisch strukturierten Profiradsport.
       
       Der neue Spitzenmann des Giros ist ohnehin ein recht ungewöhnlicher
       Bursche. Das rosa Trikot eroberte er sich durch seinen Renninstinkt. „Nein,
       wir hatten eigentlich nicht geplant, dass Richard genau an der Stelle
       attackieren sollte. Aber er hatte den Willen und er hatte die Beine“,
       erklärte Max Sciandri, der seit diesem Jahr sportlicher Leiter bei Movistar
       ist. Attacken waren schon geplant. Aber eigentlich, so der Plan beim
       spanischen Rennstall, sollte der designierte Kapitän Mikel Landa weiter
       Boden gutmachen. „Ich sah dann aber, dass Nibali nicht sehr stark wirkte,
       auch bei Mikel war der Tritt nicht rund. Und ich dachte mir, jetzt steht
       der Giro auf dem Spiel. Also trat ich an“, beschrieb Carapaz die Ereignisse
       auf dem Colle San Carlo, in Sichtweite des Massivs vom Mont Blanc. Carapaz’
       Antritt war phänomenal, der explosivste Antritt bisher beim Giro. Seinen
       Vorsprung konnte er dann auch aufgrund der Zögerlichkeit von Roglič und
       Nibali ausbauen.
       
       Ein wenig gekränkt hat es ihn, dass nachher in vielen Zeitungen stand, die
       beiden hätten ihm Zeit geschenkt, auch, weil sie ihn unterschätzt hätten.
       „Wir werden schon sehen, wer am Ende der drei Wochen der Stärkste ist“,
       sagte er am Sonntag. Er kündigte auch an, das rosa Trikot bis Verona, dem
       letzten Tag des Giro, verteidigen zu wollen. Und er verblüffte mit der
       Aussage: „Das Trikot zu verteidigen ist leichter, als es zu erobern.“
       Gewöhnlich sehen es die Straßenradsportmatadore genau andersherum. Aus
       geradezu panischer Angst vor dem Kräfteverschleiß, den eine
       Trikotverteidigung mit sich bringt, ließ der Slowene Roglič bislang auch
       Carapaz fast nach Belieben agieren.
       
       Carapaz hat schon früh seine Durchsetzungsstärke bewiesen. Im Jahr 2015
       gewann er in Kolumbien die Vuelta de la Juventud, das landesweit wichtigste
       U23-Rennen. „Ich war der erste und der bislang einzige Ausländer, dem dies
       gelang“, sagte er stolz. Er hat die gesamte Konkurrenz eines
       radsportverrückten Landes im Zaum gehalten. Jetzt ist er auf Erfolgskurs
       beim Giro.
       
       Bleibt er vorn, wäre Iosune Murillo die erste Frau, die einen
       Grand-Tour-Sieger coacht. Eine Frau als Trainerin, nicht als küssende
       Hostess auf dem Podium – das wäre doch eine Revolution im Radsport.
       
       28 May 2019
       
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