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       # taz.de -- Eishockey-Pionierin aus Kanada: Wohlgefühl im Unbequemen
       
       > Die Kanadierin Hayley Wickenheiser unterzeichnete einst als erste Frau
       > einen Vertrag als Feldspielerin bei einem Männerprofiteam in Finnland.
       
   IMG Bild: Goldmedaille in Vancouver 2010: Hayley Wickenheiser kann auf viele Erfolge zurückblicken
       
       Es gibt eine Grenze, die in den meisten Sportarten unberührt besteht.
       Frauen dürfen im Spitzenbereich nicht mit Männern Sport treiben. Auch dann
       nicht, wenn sie es wollen und können. Es gibt keinen Grund für diese Regel,
       schließlich steht nicht zu erwarten, dass die Frau einen unfairen Vorteil
       gegenüber den Männern hätte. Und doch sind fast überall eilfertig Verbände
       eingeschritten und verbieten, was nicht sein soll.
       
       Nicht so bisweilen im Eishockey. Eine der Sportarten, wo sich die Frauen in
       Männerligen geradezu häufen trotz des Macho-Images. Viele Torhüterinnen
       standen für Männerprofiteams auf dem Eis, in Nordamerika waren es Kelly
       Dyer, Manon Rhéaume und Erin Whitten, in der Schweiz Florence Schelling.
       Aber es gab auch eine Spielerin, die als Feldspielerin bei den Männerprofis
       aktiv war und keine Nachahmerinnen gefunden hat.
       
       Die Kanadierin Hayley Wickenheiser hätte das Engagement im Männereishockey
       keineswegs gebraucht, um eine Legende zu werden. Mit 15 Jahren schaffte die
       Stürmerin es 1994 ins Frauen-Nationalteam und holte gleich WM-Gold. Sie ist
       bis heute die jüngste Spielerin, der das gelang.
       
       Die robuste, spiel-intelligente Wickenheiser, nie um ein Wort verlegen,
       wurde in den folgenden Jahrzehnten eine der herausragendsten Spielerinnen
       der Welt. Sie war dabei, als Frauen-Eishockey 1998 viel zu spät olympisch
       wurde, [1][und holte in ihrer Karriere bis 2017 viermal olympisches Gold],
       einmal Silber. Parallel schaffte sie es noch mit dem kanadischen
       Softball-Team zu Olympia.
       
       ## So hart wie möglich
       
       Dass Eishockey eine Sportart war, die ihr als Frau keine Aussichten auf
       eine Profikarriere bot, brachte sie nicht ab. Die Eltern mahnten vergebens.
       Und so unterzeichnete Hayley Wickenheiser 2002 als erste Frau einen Vertrag
       als Feldspielerin bei einem Männerprofiteam, dem drittklassigen Kirkkonummi
       Salamat in Finnland. Die Risikofreude gehöre zu ihrer Art, sagt sie: „Ich
       fühle mich wohl, wenn Sachen unbequem sind.“
       
       Hunderte MedienvertreterInnen schauten beim ersten Training zu. Aus einem
       Grund, so Wickenheiser: „Alle dachten, ich kann nicht spielen.“ Der Trainer
       war vorbereitet: Er wies den größten Abwehrspieler an, Hayley Wickenheiser
       so hart wie möglich anzugehen. „Damit sie allen zeigen kann, dass sie
       klarkommt.“ Und die Stürmern kam klar. Im Laufe der Saison erzielte sie
       zwei Tore und neun Torvorlagen. Wickenheiser war nicht, wie manch andere
       Frau, als PR-Stunt auf dem Eis der Männer, sondern verhalf ihrem Team
       entscheidend zum Aufstieg. Dort allerdings, in der zweiten Liga, wurde die
       Luft für die Kanadierin dünner. Einsätze bekam sie nur wenige, sie verließ
       den Klub. Ihr Trainer Matti Hagman sagte: „Ich will es nicht schönreden:
       das Spielniveau war sehr schwer für Hayley. Das Tempo ist in der zweiten
       Liga so viel höher, und der körperliche Einsatz wurde wichtiger.“ Sie blieb
       aber stolz auf das Erreichte. Und scheute sich nicht, es zu wiederholen:
       Sie spielte in Schweden nochmal dritte Liga der Männer.
       
       Überhaupt bereut Wickenheiser nur eines: „Nicht dabei zu sein, wenn
       Fraueneishockey professionell wird, wenn man wirklich bezahlt wird.“ Sie
       glaubt, dass dies so kommen wird. Mit 42 Jahren studiert Hayley
       Wickenheiser nun Medizin, ist nebenbei Assistenzdirektorin für
       Spielerentwicklung beim NHL-Klub Toronto Maple Leafs – wieder als
       Vorreiterin – [2][und Athletensprecherin beim IOC]. Bloß das Wort Legende
       mag sie nicht. „Es war wirklich ziemlich nervig, wenn ich so genannt
       werde.“ Nicht unbedingt, weil sie so bescheiden wäre. Eher aus
       Altersgründen. „Dann weißt du, dass du schon ziemlich lange dabei bist.“
       
       28 Mar 2021
       
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