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       # taz.de -- Ende des Assad-Regimes in Syrien: Syrien ist frei
       
       > Aus eigener Kraft hat Syrien das Assad-Regime abgeschüttelt. Die Welt
       > sollte dies anerkennen und den Menschen ermöglichen, ihr Land
       > selbstbestimmt aufzubauen.
       
   IMG Bild: Was kommt nach der Unterdrückung? Syrische Oppositionskämpfer feiern in Damaskus
       
       Syrien ist frei. Nur elf Tage hat es gedauert, seit Rebellen aus den Bergen
       in Idlib zur [1][Offensive] ansetzten. Das Assad-Regime brach am Ende in
       der Nacht zu Sonntag lautlos zusammen wie ein Kartenhaus. Assad ist
       kommentarlos verschwunden. Die siegreichen Rebellen übernehmen die Macht
       friedlich und geordnet, die Menschen können ihr Glück kaum fassen.
       
       Die Bedeutung dieses Moments ist nur schwer in Worte zu fassen. Das
       Assad-Regime, das über ein halbes Jahrhundert lang Syrien knebelte und
       knechtete, galt als eines der stabilsten der Welt und zugleich als eines
       der brutalsten. 600.000 Getötete im Krieg, sechs Millionen Geflüchtete im
       Ausland und weitere sieben Millionen innerhalb Syriens. [2][Ein Land des
       Unrechts und der Gewalt – das ist Assads Bilanz.]
       
       Zum panarabischen Nationalismus und Sozialismus bekannte sich die
       Baath-Partei bei ihrer Machtergreifung in Syrien am 8. März 1963. Nach dem
       Militärputsch von Luftwaffenchef Hafis al-Assad im Jahr 1970 war eine
       Terrorherrschaft der Baath-Partei im Geist des Nationalsozialismus die
       Folge. Erst allmählich offenbart sich das volle Ausmaß der gigantischen
       Überwachungs-, Unterdrückungs- und Vernichtungsmaschinerie, gerichtet gegen
       die eigene Bevölkerung.
       
       ## Ein Ende der Folterhaft
       
       Für viele Syrer ist die Öffnung der Gefängnisse die emotionalste Dimension
       dieser Tage der Befreiung: Häftlinge treten nach teils jahrzehntelanger
       Folterhaft ohne Kontakt zur Außenwelt auf die Straße. Viele Menschen werden
       jetzt nach ihren vermissten Angehörigen suchen. Viele Vertriebene und
       Geflüchtete werden sich auf den Heimweg machen, um ihre Liebsten
       wiederzufinden.
       
       Die Außenwelt stellt viele skeptische Fragen. Die HTS-Rebellen, deren
       Offensive aus Idlib auf Aleppo den Sturz des Regimes einläuteten, haben
       eine Vergangenheit im militanten Islamismus. Aber in der Gegenwart ihres
       Krieges zeigen sie Verantwortung, halten ihre Kämpfer diszipliniert, achten
       andere Gruppen und Akteure.
       
       Selbst die Machtübernahme in Damaskus war unblutig, offensichtlich in einer
       Art Vereinbarung mit jenen Amtsträgern, die nicht die Flucht ergriffen
       haben, jedoch ohne Assad machtlos sind. Syrien brauche Institutionen statt
       eines Ein-Mann-Regimes, sagen die Rebellen. Damit treffen sie den Nerv der
       Bevölkerung.
       
       Dies ist [3][eine Revolution] aller Syrerinnen und Syrer. Landesweit haben
       auch andere Akteure der unterdrückten friedlichen Proteste gegen Assad
       wieder Mut gefasst und sind selbst zur Tat geschritten, um das Regime
       abzuschütteln. Sie haben nicht auf Hilfe von außerhalb gewartet.
       
       Der erste Schritt zur Freiheit besteht darin, sich selbst von der Angst zu
       befreien – wie das geht, hat Syrien dieser Tage eindrücklich unter Beweis
       gestellt. So ist Syrien heute ein Vorbild für die Welt. Und die Welt sollte
       jetzt die Leistung der Menschen in Syrien anerkennen und ihnen Zeit und
       Raum geben, ihr Land selbstbestimmt aufzubauen.
       
       8 Dec 2024
       
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