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       # taz.de -- Entscheidung über die EJS: An der Zukunft sparen
       
       > Der Evangelischen Journalistenschule droht das Ende. Sparzwänge des von
       > der evangelischen Kirche finanzierten Trägers sind der Grund dafür.
       
   IMG Bild: Die Gründungsleiterin der EJS, Imme de Haen (Mitte), im Jahr 1995 an der EJS
       
       Martin Luther hatte 95 Thesen, die Volontär*innen der Evangelischen
       Journalistenschule (EJS) in Berlin brauchen nur 9,5, um klarzumachen, warum
       ein [1][„Aus“ für die renommierte Ausbildungsstätte] Ketzerei wäre. Doch
       wenn ab Freitag der Rat der Evangelischen Kirche (EKD) in Deutschland zu
       seiner Sitzung in Hannover zusammenkommt, geht es genau darum.
       
       Die Kirche muss wieder einmal sparen, und die Ansagen des ersten Mannes der
       EKD verheißen nichts Gutes: Der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische
       [2][Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm schrieb auf Facebook], er sei
       beeindruckt, „wie viele Menschen sich für die bisherige Fortführung der
       Schule einsetzen, darunter auch viel bekannte Hochkaräter des
       Journalismus“. Man werde das „natürlich mit in die Beratungen
       hineinnehmen“. Nur um nachzuschieben, der Rat der EKD werde „ergebnisoffen“
       über das Schicksal der Schule beraten.
       
       „Wir stehen da vor großen finanziellen Herausforderungen und müssen
       schmerzlich einsehen, dass wir nicht in allem so weitermachen können, wie
       wir es gerne täten“, so Bedford-Strohm weiter. Wie das zu seinen Worten
       passt, das journalistische Qualität in der digitalen Gesellschaft immer
       wichtiger werde? Da nehme er „kein Jota zurück“, schreibt Bedford-Strohm
       Aber dieses kirchliche Commitment könne „nie untrennbar an eine bestimmte
       Institution in einer bestimmten Form geknüpft sein“.
       
       Das sieht der aktuelle Volontariatsjahrgang der EJS anders. In ihren Thesen
       verweisen die 16 Teilnehmer*innen auf den großen Erfolg der Schule, die
       bislang über 1.300 Journalist*innen aus- und weitergebildet hat. „Die
       Evangelische Kirche in Deutschland hat mit der EJS eine wichtige
       Institution geschaffen, die mit vergleichsweise wenigen Mitteln in die
       gesamte Gesellschaft hineinwirkt. Wenn die EKD die Schule mit ihrem
       jährlichen Budget von 500.000 Euro aufgeben würde, wäre dies eine
       Bankrotterklärung, ein Statement gegen Qualitätsjournalismus.“
       
       ## Hoher Spardruck
       
       Träger der seit 25 Jahren bestehenden Einrichtung gleich hinter dem
       Berliner Bahnhof Zoo ist ganz überwiegend das Gemeinschaftswerk der
       Evangelischen Publizistik (GEP). Und das GEP ist nicht eben auf Rosen
       gebettet. Die Gesamtkosten belaufen sich nach eigenen Angaben auf 22,5
       Millionen Euro im Jahr, 12 Millionen davon schießt die Kirche jährlich zu.
       Rund eine halbe Millionen davon gehen an die EJS. Zum GEP gehören auch die
       Nachrichtenagentur Evangelischer Pressedienst (epd), Fachdienste wie epd
       medien oder das Magazin Chrismon.
       
       Nun soll also wieder einmal gespart werden. Angesichts steigender Kosten
       und schwieriger werdenden Rahmenbedingungen im klassischen Medienmarkt soll
       das GEP bis 2024 mit knapp 2 Millionen Euro weniger auskommen.
       Gemeinschaftseinrichtungen haben es bei der aus 20 Landeskirchen
       bestehenden EKD nie leicht. Und weil die Zahl der Gläubigen sinkt, klingelt
       es auch im Kirchensteuerbeutel immer leiser.
       
       Dabei zeigt gerade die EJS, warum Kirche auch in ganz weltlichen
       Angelegenheiten wichtig und richtig sein kann: Anders als die zumeist
       kommerziellen oder verlagsgebundenen Journalistenschulen steht die EJS für
       gelebte Vielfalt. Herzstück ist der knapp zweijährige Volontärskurs. Nur an
       der EJS haben dabei auch jene eine Chance, die schon ein wenig älter sind.
       Aktuell sind hier Menschen zwischen 24 und 35 Jahren in der trimedialen
       Ausbildung, die so schon jede Menge Lebenserfahrung mitbringen. Bei der
       Auswahl spielt soziales und gesellschaftliches Engagement eine große Rolle.
       
       Und der Erfolg gibt der EJS recht: [3][Ihre Absolvent*innen] arbeiten
       bei allen großen deutschen Medien, beim Spiegel und bei der Zeit, bei ARD
       und ZDF – und längst nicht nur bei Chrismon oder [4][evangelisch.de]. Denn
       das Kirchliche stand bei der EJS nie an erster Stelle. Es geht bis heute um
       hervorragende journalistische Ausbildung. Mit der könnte es nun bald vorbei
       sein.
       
       Die EKD hat nun die Chance, sich zu einer mutigen, nachhaltigen
       Entscheidung durchzuringen. Denn der EJS ist auch nicht mit einer
       Schmalspurlösung für ein oder zwei Jahre geholfen. Sie braucht eine
       langfristige Perspektive. Sonst gilt für die EKD die dritte These des
       womöglich letzten Jahrgangs der EJS: „Wer eine Schule schließen will, ist
       nie dynamisch und modern. Wer eine Schule schließt, ist Gegner einer
       klügeren Zukunft.
       
       28 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Evangelische-Journalistenschule/!5660052
   DIR [2] https://www.facebook.com/landesbischof/posts/2971481822914666?__xts__%5B0%5D=68.ARAAkCjUgAtvVdRKsp2u33CN8tMlyTzUU4D2XHkqea0AghFT_knWaOXMKsShLymedBNUw40BorayjvBQ0PpKIvTuz6ePUXspz15jO7PILbTPM2UiL__G5rinmqLCD776BmTGPvke-OH4y8pJizDQL0C3hkezEqniqRnubRZGwhtHw3h0HY6QnrDRn7I2oAYXTIiqrAUdmRO568aIEgJaAd2F_whRJas6Xu2nB-XsgKMDsHo6Y6aWlCwfF3UXKZUzFxwp0EEvDNUxzuQa1RsmK-2reBKqmS2DAHMmdpoZWrZIpLFEXplIsMbxjKa9KB9oI6OYVgSlZff3-L9zHkU3SQ&__tn__=-R
   DIR [3] http://evangelische-journalistenschule-retten.de/
   DIR [4] http://evangelisch.de
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Steffen Grimberg
       
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