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       # taz.de -- Ermittlungen im Mordfall Walter Lübcke: Hessens Opposition will Klarheit
       
       > Wie konnte die Behörden den mutmaßlichen Mörder von Walter Lübcke aus den
       > Augen verlieren? Das soll bald ein Untersuchungssausschuss klären.
       
   IMG Bild: Was lief schief bei den Behörden? Den mutmaßlichen Mörder Stephan E. hatten sie nicht im Blick
       
       Wiesbaden taz | Im hessischen Landtag wird schon bald ein parlamentarischer
       Untersuchungsausschuss der Frage nachgehen, weshalb der [1][mutmaßliche
       Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke], CDU, vor der Tat
       vom Radar der Sicherheitsbehörden verschwinden konnte.
       
       Der beschuldigte Stephan Ernst war als Aktivist der nordhessischen
       Neonaziszene einschlägig vorbestraft. Trotzdem hatte ihn der hessische
       Verfassungsschutz intern vor der Tat als „abgekühlt“ eingestuft und aus den
       Augen verloren.
       
       Noch 2009 hatte der damalige Präsident des Landesamts, Alexander Eisvogel,
       den mutmaßlichen späteren Mörder, Ernst, in einem lange geheimgehaltenen
       Vermerk als „brandgefährlich“ bezeichnet, bevor er selbst zum Bundesamt für
       Verfassungsschutz gewechselt war. Diesen Widerspruch und weitere [2][offene
       Fragen über mögliche Versäumnisse der Behörden] wollen die
       Oppositionsparteien in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss
       klären.
       
       Nach taz-Informationen haben VertreterInnen von SPD, Linken und FDP auf
       Arbeitsebene bereits Gespräche über das gemeinsame Vorgehen aufgenommen.
       Mit der formalen Einsetzung dieses Ausschusses wollen sie allerdings
       abwarten, bis die Bundesanwaltschaft die angekündigte Mordanklage gegen
       Stephan Ermst und seine mutmaßlichen Mittäter bei Gericht eingereicht hat.
       
       ## Alles nur Einzelfälle?
       
       Für die Arbeit in diesem neuen Untersuchungsausschuss soll eine neue
       rechtliche Grundlage gelten. Am Montag beschloss das Landtagsplenum, noch
       in dieser Woche einen Gesetzentwurf über die Regeln für die Arbeit von
       Untersuchungsausschüssen zu beraten. Der Entwurf hat eine
       parteiübergreifende Arbeitsgruppe formuliert. Da er deshalb von allen sechs
       Landtagsparteien unterstützt wird, dürfte das Gesetz noch vor der
       Einsetzung des neuen Untersuchungsausschusses in Kraft treten.
       
       In der Vergangenheit war in Hessen die Arbeit solcher Gremien regelmäßig
       mit langwierigen Verfahrensstreitigkeiten verschleppt worden. Man hatte
       sich mit der Auslegung entsprechender Regeln anderer Parlamente behelfen
       müssen. Von der neuen gesetzlichen Grundlage erwarten die Abgeordneten
       aller Fraktionen verbesserte Arbeitsmöglichkeiten.
       
       Dass Regierungsparteien und Opposition die Sicherheitslage in Hessen und
       die Arbeit der Behörden unterschiedlich bewerten, zeigte sich am Montag
       erneut in einer Debatte zur inneren Sicherheit. Hessen habe im vergangen
       Jahr die niedrigste Kriminalitäts- und gleichzeitig die höchste
       Aufklärungsrate aller Zeiten zu verzeichnen, sagte Innenminister Peter
       Beuth, CDU, in einer Regierungserklärung. „Schlechte Zeiten für die
       Opposition“, ergänzte für den Koalitionspartner die grüne
       Landtagsabgeordnete Eva Goldbach.
       
       Den massiven Anstieg [3][rechtsextremistisch motivierter Straftaten] (plus
       50 Prozent) beklagten zwar auch die RednerInnen der Regierungsparteien,
       versicherten aber deren entschlossene Bekämpfung durch Polizei und
       Strafverfolgungsbehörden.
       
       Zweifel an dieser Einschätzung gaben SPD, FDP und Linke zu Protokoll. So
       sei Innenminister Beuth in seiner Regierungserklärung weder auf die offenen
       Fragen im Zusammenhang mit dem Mord an seinem Parteikollegen Lübcke
       eingegangen noch habe er auch nur ein Wort über die [4][rechten Umtriebe in
       der hessischen Polizei] verloren, beklagte der Linken-Innenpolitiker
       Hermann Schaus.
       
       Gegen mindestens 60 Mitarbeiterinnen der hessischen Polizei seien wegen des
       Verdachts auf rechtsextremistische oder rassistische Straftaten
       Ermittlungen eingeleitet worden, „da kann man nicht mehr von Einzelfällen
       reden“, so Schaus.
       
       19 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
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   DIR Christoph Schmidt-Lunau
       
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