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       # taz.de -- Erneute Verzögerungen bei Endlager-Bau: Schacht Konrad wird nicht fertig
       
       > Der Bau des Atommüllendlagers Schacht Konrad im niedersächsischen
       > Salzgitter verzögert sich erneut. Atomkraftgegner fordern den Abbruch des
       > Projekts.
       
   IMG Bild: Da geht's rein: Schacht Konrad-Mitarbeiter im August 2018 im Zufahrtsbereich für den Schacht 2
       
       Göttingen taz | Die Fertigstellung und Inbetriebnahme des Atommüllendlagers
       Konrad wird sich um mehrere Jahre verzögern – erneut. Mit den Worten „Jetzt
       reicht’s“ reagierte Ludwig Wasmus, Landwirt aus Salzgitter und Vorstand der
       atomkraftkritischen Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad, auf die Nachricht.
       Wasmus und seine Mitstreiter fordern den Abbruch des Projekts: „Konrad ist
       nicht umsetzbar, nicht verantwortbar und in allen Sinnen des Wortes völlig
       vermessen.“
       
       Wenige Stunden zuvor hatte die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) in
       einer Online-Pressekonferenz eingeräumt, dass der Bau der Lagerstätte für
       schwach und mittel radioaktiven Müll erst 2029 statt wie zuletzt geplant
       2027 abgeschlossen sein kann.
       
       Es ist nicht die erste Verschiebung – und nicht die einzige bei einem
       Endlager. Schon im Frühjahr 2018 hatten das Bundesumweltministerium und die
       BGE bekanntgegeben, dass das Schacht Konrad knapp fünf Jahre später fertig
       werde als vorgesehen. Und erst vor wenigen Monaten hatte die bundeseigene
       Gesellschaft erklärt, dass die Suche nach einer Deponie für den hoch
       aktiven Atomschrott sogar Jahrzehnte länger brauche als vorgesehen war.
       
       Schacht Konrad im niedersächsischen Salzgitter ist ein ehemaliges
       Eisenerzbergwerk. Die nach dem früheren deutsch-nationalen
       Reichstagsabgeordneten und Aufsichtsratsvorsitzenden der Salzgitter AG,
       Konrad Ende, benannte Grube war nur zwölf Jahre in Betrieb, bevor sie 1976
       wieder geschlossen wurde: Der Erzabbau lohnte sich nicht mehr.
       
       ## Komplexität unterschätzt
       
       In den Folgejahren ließ der Bund die Schachtanlage auf ihre Eignung als
       Endlager für schwach- und mittel radioaktiven Atommüll untersuchen. 1982
       startete das Genehmigungsverfahren. Mehr als 70 Behörden und
       Naturschutzverbände wurden um Stellungnahmen gebeten, rund 290.000 Bürger
       erhoben Einwendungen. Das Land Niedersachsen erteilte im Mai 2002 die
       Baugenehmigung. Klagen von Kommunen, Kirchen und Privatpersonen
       scheiterten.
       
       2007 bis 2017 baute das Bundesamt für Strahlenschutz das Bergwerk zum
       [1][Endlager] um, dann übernahm die BGE. Schacht Konrad darf laut
       Genehmigung bis zu 303.000 Kubikmeter Atommüll aufnehmen. Ein
       vergleichendes [2][Suchverfahren] gab es nicht. Die Baukosten sind von 900
       Millionen auf derzeit rund 4,5 Milliarden Euro gestiegen.
       
       Für die neuerliche Verzögerung beim Bau nennt die BGE mehrere Gründe: So
       habe die Neugestaltung von Verträgen mit den zentralen Auftragnehmern mehr
       Zeit in Anspruch genommen, als die BGE erwartet hatte.
       
       Zwar sei inzwischen der „durch die vorherige Verantwortungsstruktur nicht
       bearbeitbare Stillstand bei der Errichtung des Einlagerungsschachtes
       aufgelöst“, so der Technische Geschäftsführer Thomas Lautsch. „Bei den
       konkreten Arbeiten haben wir allerdings mehrfach erlebt, dass wir Aufgaben
       in ihrer Komplexität unterschätzt haben.“ Das gelte insbesondere für den
       Schacht Konrad 2, über den die Einlagerung des Atommülls erfolgen soll. Der
       alte Schacht 1 ist für den Transport von Personal und Material vorgesehen.
       
       ## Forderung nach neuer Standortsuche
       
       Auch habe die BGE etwa die Aufgabe unterschätzt, aktualisierte
       Sicherheitsanforderungen im kerntechnischen Regelwerk gegen Erdbeben in die
       Planungen umzusetzen. Bei atomrechtlichen Zustimmungsverfahren habe sich
       zudem gezeigt, dass angenommene Verfahrensdauern in der Praxis nicht
       umsetzbar seien.
       
       „Die Begründungen für die erneuten Verzögerungen sind eine
       Bankrotterklärung für das Projekt Konrad und die BGE“, sagt Atomkraftgegner
       Wasmus. Es sei allerhöchste Zeit, „dass die Verantwortlichen in Bund und
       Land den Plan, Atommüll in Schacht Konrad zu lagern, aufgeben und endlich
       eine Standortsuche für alle Arten radioaktiver Abfälle [3][nach aktuellem
       Stand von Wissenschaft und Technik] einleiten“.
       
       Anhängig ist weiterhin ein [4][Antrag der Umweltverbände BUND und Nabu an
       das niedersächsische Umweltministerium vom Mai 2021] auf Rücknahme oder
       Widerruf der Genehmigung für das Endlager. Auch Salzgitters
       Oberbürgermeister Frank Klingebiel (CDU) kritisiert: Die Bundesregierung
       halte an dem Projekt nur fest, weil es vor mehr als vor 20 Jahren einmal
       genehmigt worden sei.
       
       15 Jun 2023
       
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