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       # taz.de -- Erste große Aktion von „Disrupt Tesla“: Campen gegen größeres Teslawerk
       
       > Für kommendes Wochenende rufen Klimaaktivist*innen zu Protesten in
       > Grünheide auf. Das Bündnis „Disrupt“ will die E-Auto-Fabrik dort
       > blockieren.
       
   IMG Bild: „Destroy Tesla!“ (Tesla zerstören) hieß es schon Ende April bei einer Aktion mehrerer Klimagruppen in Berlin-Kreuzberg
       
       Hamburg taz | „Y“, gesprochen: „Why“, also „Warum“, heißt das
       E-Auto-Modell, das der Tesla-Konzern in seinem Werk im brandenburgischen
       Grünheide produziert. Warum – das fragen sich auch die Aktivist*innen:
       warum hier? Warum Tesla? Warum sollte man Wald roden, um die Fabrik, die
       zum Teil in einem Trinkwasserschutzgebiet steht, weiter auszubauen?
       
       „Schon jetzt werden dort jährlich rund 300.000 Blechlawinen produziert, die
       unsere Straßen und Städte verstopfen“, kritisiert der Sprecher des linken
       Bündnisses „Disrupt Tesla“. „Die Tesla-Fabrik steht für Luxusautos,
       Profite für Elon Musks Großkonzern und den Raubbau von Ressourcen im
       Globalen Süden“, sagt Becker. „Das ist das Gegenteil von dem, was wir als
       Gesellschaft brauchen, nämlich gute [1][Konzepte für eine soziale
       Verkehrswende].“ Den weiteren Ausbau der Fabrik wollen die
       Aktivist*innen verhindern.
       
       Für das kommende Wochenende mobilisiert „Disrupt“ nach Grünheide. Aus ganz
       Deutschland sollen Klimaaktivist*innen anreisen, um das Teslawerk zu
       blockieren. Von Mittwoch bis Samstag soll es ein Camp für mehr als 700
       Personen geben, darüber hinaus gibt es eine Bettenbörse für
       Privatunterkünfte in Berlin und Umgebung. Ziel der Aktivist*innen ist
       es, die E-Auto-Produktion der Fabrik lahmzulegen – oder zumindest deren
       Ablauf zu stören. Außerdem planen sie Workshops, Waldspaziergänge und eine
       Demonstration am Samstag, den 11. Mai.
       
       Die Tage vom 8. bis 12. Mai sollen die erste große Aktion des
       [2][Bündnisses Disrupt] werden, das aus einem Neufindungsprozess von „Ende
       Gelände“ im vergangenen Sommer hervorgegangen ist. Auslöser dafür war die
       Feststellung, dass sich das Label Ende Gelände überholt hat – die Zeiten
       der Massenaktionen gegen Kohlekraftwerke im Rheinland sind vorbei, der
       Kohleausstieg ohnehin beschlossene Sache. 2021 orientierte sich das Bündnis
       thematisch um und erklärte die Gasindustrie zum neuen Hauptgegner. Doch die
       Teilnehmerzahlen von knapp 8.000 Aktivist*innen in weißen Maleranzügen
       im Jahr 2019 konnte das Bündnis nie wieder erreichen.
       
       ## Klimabewegung im Suchprozess
       
       Das hat neben der Coronapandemie auch inhaltliche Gründe: Die Kritik an
       fossilem Gas ist schwieriger zu vermitteln als die an Steinkohle oder
       Braunkohle. Für Gas werden keine Dörfer abgebaggert, auch hinterlässt die
       Förderung keine dystopisch anmutenden, schwarz-braunen Krater in der
       Landschaft. Die Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs trug
       ihren Teil dazu bei, dass Gas in der Öffentlichkeit eher als notwendiger
       Garant für eine stabile Energieversorgung gilt denn als fieser Klimakiller.
       Und während die Antikohleproteste im Rheinland eine jahrelange Tradition
       auch in der lokalen Bevölkerung haben, lässt sich vergleichbares nicht über
       Anti-Gas-Proteste sagen.
       
       Und dann kam im vergangenen Jahr auch noch die Flaute von Fridays for
       Future. Wie viele andere soziale Bewegungen erholten die Fridays sich nur
       schlecht von den Strapazen der Coronapandemie. Auch die jungen
       Aktivist*innen konnten ihre Teilnehmerrekorde aus dem Jahr 2019 nie
       wieder erreichen. Das 1,5-Grad-Ziel hatte als Maxime ausgedient – ganz
       einfach, weil es [3][realistisch nicht mehr zu erreichen] ist. Die Krise
       beim größten Player der Klimabewegung hat sich auch demotivierend auf
       andere Teile der Bewegung ausgewirkt.
       
       „Die ganze Klimabewegung befindet sich in den letzten zwei Jahren in einem
       Suchprozess“, sagt ein*e anonyme*r Aktivist*in, der*die sich Noa nennt.
       Hoffnungslosigkeit und Enttäuschung hätten sich breit gemacht, auch weil
       der Rückhalt in der Bevölkerung bröckele und die Bundesregierung nicht
       entsprechend handele. Disrupt sei der Versuch, wieder in die Offensive zu
       kommen.
       
       Das neue Bündnis solle als gemeinsame Austausch- und Aktionsplattform für
       die radikaleren Teile der Klimabewegung fungieren – also diejenigen, die
       nicht nur demonstrieren, sondern auch besetzen und blockieren wollen. Die
       anderen Gruppen, die sich angeschlossen hätten, kämen etwa aus dem Umfeld
       von Waldbesetzungen, Verkehrswende- oder Tierrechtsaktionen. „Wir wollen
       ein verbindendes Moment für die Klimabewegung schaffen und dabei die
       Kapitalismuskritik in den Vordergrund stellen“, sagt Noa.
       
       Eine große und zentral organisierte Massenaktion pro Jahr, wie es sie in
       den vergangenen Jahren bei Ende Gelände immer gab, soll es bei Disrupt
       nicht geben. Der Fokus soll eher auf kurzfristigeren, kleineren Aktionen
       liegen, die von regionalen Gruppen oder Bündnissen organisiert werden.
       Formal besteht Ende Gelände zwar weiter, es soll aber keine eigenen
       Großveranstaltungen mehr geben.
       
       Hinter den Aktionstagen in Grünheide steht neben Disrupt als maßgebliche
       Organisationsstruktur das Bündnis „Tesla den Hahn abdrehen“, das sich aus
       linken Berliner und Potsdamer Gruppen zusammensetzt. Daran beteiligt ist
       auch die Bürgerinitiative Grünheide, die sich seit Bekanntwerden der ersten
       Pläne zur Teslafabrik gegen deren Bau und Ausbau wehrt. „Tesla zerstört und
       vergiftet unsere Umwelt“, sagt Manu Hoyer. Die [4][Rentnerin aus Grünheide
       ist Sprecherin der Initiative] und hat im März nach eigenen Angaben die
       größte Demonstration organisiert, die Grünheide je gesehen hat – mit über
       1.000 Teilnehmer*innen.
       
       ## Land Brandenburg will Tesla-Ausbau durchdrücken
       
       „Dass die Landesregierung gegen den Willen der Bevölkerung den Ausbau der
       Fabrik durchdrücken will, ist eine Frechheit“, sagt Hoyer. Bei einer
       Bürgerbefragung hatten die Einwohner*innen Grünheides Ende Februar
       mehrheitlich gegen den Ausbau gestimmt. Doch das Votum ist nicht bindend.
       Elon Musk will das Fabrikgelände von 300 Hektar auf knapp 500 Hektar
       vergrößern und die Produktion auf eine Million Autos im Jahr steigern. Die
       Gemeinde Grünheide hält trotz der Ablehnung aus der Bevölkerung
       grundsätzlich an den Ausbauplänen fest, schlägt aber eine kleinere
       Expansion vor, bei der nur 50 weitere Hektar Wald gerodet werden müssten.
       
       Einen Teil des Waldes, der dem neuen Bebauungsplan zum Opfer fallen würde,
       halten Aktivist*innen derzeit besetzt. Seit Februar haben [5][rund 50
       bis 80 Klimaschützer*innen in der Nähe der Fabrik Baumhäuser, Plateaus
       und Barrikaden] errichtet. Die Besetzung ist noch bis zum 20. Mai
       angemeldet. Was danach passiert, hängt wohl auch ein Stück weit davon ab,
       wie viele Menschen am kommenden Wochenende ihren Weg in den Wald finden.
       
       6 May 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Buergerentscheid-ueber-Radverkehr/!6008222
   DIR [2] https://disrupt-now.org/
   DIR [3] /Klimakrise-im-Winter/!5996930
   DIR [4] /BI-Vorsitzende-ueber-Anschlag-auf-Tesla/!5990922
   DIR [5] /Anschlag-auf-Tesla-Fabrik-in-Gruenheide/!5994461
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Schipkowski
       
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