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       # taz.de -- Erster Getreideexport aus der Ukraine: Von Odessa gen Istanbul
       
       > Erstmals seit der Blockade hat ein mit Getreide beladenes Schiff die
       > Ukraine verlassen. Für das Land ist der Export von existenzieller
       > Bedeutung.
       
   IMG Bild: Mit 26.000 Tonnen Mais legte das Frachtschiff „Razoni“ am Montag ab
       
       Kiew taz | Zum ersten Mal seit dem 24. Februar hat ein mit Getreide
       beladenes Frachtschiff einen der blockierten ukrainischen Schwarzmeerhäfen
       verlassen. Am Morgen des 1. Augusts legte das unter der Flagge von Sierra
       Leone fahrende Schiff „Razoni“ vom Hafen in Odessa Richtung Istanbul ab.
       
       Die Ladung wird, so der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar
       gegenüber der Nachrichtenagentur Anadolu, am 2. August um 15 Uhr in
       Istanbul eintreffen. In Istanbul wird ein Team aus Vertretern aller
       Parteien die Ladungen und das Personal kontrollieren, um so
       sicherzustellen, dass wirklich nur Getreide transportiert wird. Vereinbart
       wurden diese Kontrollen und weitere Modalitäten der Fahrt von
       Getreideschiffen aus der Ukraine am 22. Juli in Istanbul in
       [1][Verhandlungen] zwischen der UNO, der Türkei, Russland und der Ukraine.
       
       26.000 Tonnen ukrainischen Mais hat die „Razoni“ an Bord. Bestimmungsort
       ist Tripoli im Libanon. „Die Ukraine ist der viertgrößte Maisexporteur der
       Welt, daher ist die Möglichkeit, Mais über die Häfen zu exportieren, von
       großer Bedeutung für die globale Ernährungssicherheit“, erklärte der
       ukrainische Infrastrukturminister Oleksandr Kubrakov auf Facebook.
       
       Diese Fahrt ist auch ein Test. Weitere sechzehn mit Getreide beladene
       Schiffe stehen zur Ausfahrt bereit. Sollte die erste Fahrt reibungslos
       laufen, so der Pressedienst der ukrainischen Marine, wäre dieser Test der
       Sicherheit des „Getreidekorridors“ erfolgreich.
       
       Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba begrüßte die Abfahrt der ersten
       Getreideladung: „Ein Tag der Erleichterung für die Welt, insbesondere für
       unsere Freunde im Nahen Osten, Asien und Afrika, nun, da das erste
       ukrainische Getreide nach Monaten der russischen Blockade Odessa verlässt.
       Die Ukraine war immer ein zuverlässiger Partner und wird es auch bleiben,
       wenn Russland seinen Teil der Abmachung einhält“, twitterte Kuleba.
       
       UN-Chef António Guterres begrüßte die Nachricht „wärmstens“, wie ein
       Sprecher am 1. August mitteilte. „Der Generalsekretär hofft, dass dies das
       erste von vielen Handelsschiffen sein wird, die sich entsprechend der
       unterzeichneten Vereinbarung auf den Weg machen und dass dies die dringend
       benötigte Stabilität und Erleichterung für die weltweite
       Ernährungssicherheit bringen wird, insbesondere in den fragilsten
       humanitären Kontexten“, so die UNO in einer Erklärung.
       
       Insgesamt [2][22 Millionen Tonnen Getreide] und andere landwirtschaftliche
       Güter stecken nach Angaben von AP wegen des Krieges in den ukrainischen
       Schwarzmeerhäfen fest. Für die Ukraine ist ein funktionierender
       Getreidekorridor von existenzieller Bedeutung, geht es doch um Einnahmen
       von einer Milliarde Dollar pro Monat und um eine Perspektive für die
       Landwirte, die Planungssicherheit für den Absatz der kommenden Ernte
       brauchen. Die Ukraine verfügt derzeit über Getreidereserven im Wert von
       schätzungsweise 10 Milliarden US-Dollar Die diesjährige Ernte wird auf 20
       Milliarden US-Dollar geschätzt.
       
       Monatlich drei Millionen Tonnen 
       
       Trotz eines russischen Raketenangriffs auf den Hafen von Odessa am 23. Juli
       hat die Ukraine weiterhin am Getreideabkommen festgehalten. Am 29. Juli
       erklärte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski, die Ukraine sei
       bereit, ihr Getreide zu exportieren und warte auf ein Signal der Partner.
       Zuvor teilte das Infrastrukturministerium mit, dass die Häfen von
       Chornomorsk, Odessa und Pivdennij mit den Vorbereitungen für die Verladung
       und den Versand von Getreide bereits begonnen haben.
       
       Das in Istanbul unterzeichnete Abkommen betrifft Ausfuhren von
       Getreideschiffen aus den ukrainischen Häfen Odessa, Chornomorsk und
       Pivdennij. Nach Angaben des ukrainischen Infrastrukturministeriums werden
       diese drei Schwarzmeerhäfen der Ukraine monatlich etwa 3 Millionen Tonnen
       landwirtschaftlicher Erzeugnisse exportieren. Das Abkommen ist auf 120 Tage
       ausgelegt und kann um den gleichen Zeitraum verlängert werden.
       
       Nur einen Tag vor dem Ablegen der „Razoni“ wurde eine der zentralen
       Personen der ukrainischen Getreidewirtschaft, der 74-jährige Oleksij
       Wadaturskyj, Gründer und Eigentümer des Landwirtschaftsunternehmens
       Nibulon, und seine Frau in der südukrainischen Hafenstadt Mykolajiw in
       ihrem Haus von einer russischen Rakete tödlich getroffen. Nibulon hat
       seinen Hauptsitz in Mykolajiw, einer strategisch wichtigen Stadt an der
       Grenze zur russisch besetzten Region Cherson, und ist auf die Produktion
       und den Export von Weizen, Gerste und Mais spezialisiert. Das Unternehmen
       unterhält eine eigene Flotte und eine Werft.
       
       Für [3][Mykolajiw] hat auch Infrastrukturminister Kubrakow Pläne. Er will
       den Hafen der Stadt in den Getreidekorridor aufnehmen. Dass dieser aber
       bisher nicht für die Verschiffung von Getreide vorgesehen sei, liege daran,
       dass der Ort ständig beschossen wird. Es bleibt zu hoffen, dass sich das
       bald ändert.
       
       1 Aug 2022
       
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