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       # taz.de -- Eskalation in Nahost: Hamas startet Großangriff auf Israel
       
       > Bei massiven Attacken aus dem Gazastreifen sind mehr als 100 Israelis
       > getötet und mehrere Menschen von militanten Palästinensern entführt
       > worden.
       
   IMG Bild: Palästinenser übernehmen die Kontrolle über einen israelischen Panzer, nachdem sie den Grenzzaun zu Israel in Khan Yunis überquert haben
       
       Tel Aviv taz | Nach heftigen Angriffen der im Gazastreifen herrschenden
       islamistischen Palästinenserorganisation Hamas hat Israel den Kriegszustand
       ausgerufen. Nach israelischen Angaben drangen bewaffnete Kämpfer aus dem
       abgeriegelten Gebiet in den Süden des Landes ein. Bis zum Mittag wurden
       mehr als 2.000 Raketen auf Israel abgefeuert. Nach Angaben des israelischen
       Fernsehsenders N12 News wurden mindestens 100 Menschen getötet, laut dem
       Roten Davidstern sind 779 verletzt in Krankenhäuser gebracht worden.
       
       Die Lage war am Mittag unübersichtlich. Mehrere israelische Medien
       berichteten von Geiselnahmen, unter anderem in der Stadt Ofakim. In
       palästinensischen Medien waren Videos von bewaffneten Kämpfern in
       Ortschaften im Süden Israels zu sehen. Die Polizei ging am Vormittag von
       mindestens 60 bewaffneten Angreifern an 14 Orten aus.
       
       „Wir werden abgeschlachtet, hier gibt es keine Armee“, berichtete ein
       Bewohner einer Kibbutzsiedlung nahe dem Gazastreifen der Zeitung Haaretz.
       Armeesprecher Richard Hecht sprach von Kämpfen an verschiedenen Orten im
       Umkreis des Küstenstreifens, darunter zwei Militärbasen, und am
       Eres-Grenzübergang. Aus Hamas-Kreisen wurde verlautet, ihre Kämpfer hätten
       Israelis nach Gaza entführt, darunter auch Soldaten.
       
       „Wir sind im Krieg“, sagte [1][Ministerpräsident Benjamin Netanjahu] am
       Mittag aus dem Hauptquartier der Armee. Israelische Kampfflugzeuge
       bombardierten mehrere Ziele in dem von der Hamas kontrollierten
       Küstenstreifen. Die Armee erklärte eine umfassende Mobilisierung von
       Reservisten und rief die Operation „Iron Swords“ (Eiserne Schwerter) aus.
       
       Die israelischen Sicherheitsbehörden waren von dem Angriff zum Ende des
       jüdischen Laubhüttenfests Sukkot offenbar überrascht worden. Armeesprecher
       Richard Hecht sagte, die Angreifer seien über Land, See und Luft nach
       Israel eingedrungen. Die Nachrichtenagentur AFP zeigte Palästinenser auf
       einem offenbar verlassenen israelischen Panzer an der Grenzanlage. Wie es
       den Bewaffneten gelingen konnte, die komplexe Sperranlage zu überwinden,
       war zunächst unklar.
       
       In dem von Israel und Ägypten abgeriegelten Küstenstreifen kam es im
       vergangenen Monat [2][mehrfach zu gewaltsamen Protesten], bei denen
       militante Palästinenser Soldaten sowie die Sperranlage mit Sprengsätzen
       angriffen. Mehrere Palästinenser wurden dabei getötet. In Gaza leben mehr
       als zwei Millionen Menschen nach Angaben der Vereinten Nationen unter sehr
       schlechten Bedingungen.
       
       Mohammed Deif, der militärische Anführer der von der EU, den USA und Israel
       als Terrororganisation eingestuften Hamas, nannte den Angriff am Morgen
       „Al-Aksa-Sturm“ und rief Palästinenser in Israel und Ostjerusalem dazu auf,
       „die Besatzer zu vertreiben“. Wegen Sukkot waren in der vergangenen Woche
       hunderte, zumeist der Siedlerbewegung nahestehende nationalreligiöse Juden
       auf den Tempelberg gegangen, auf dem sich auch die für Muslime heilige
       Al-Aksa-Moschee und der Felsendom befinden.
       
       ## Zusammenstöße in Ostjerusalem
       
       Im Ostjerusalemer Ortsteil Silwan kam es am Vormittag zu Zusammenstößen
       zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern. Die Polizei
       setzte Tränengas ein. In der Stadt wurden die Schabbat-Gebete abgesagt und
       die Bewohner aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben. Die Sicherheitslage
       im Westjordanland eskalierte in den vergangenen Monaten zunehmend. Seit
       Anfang des Jahres wurden dort mehr als 200 Palästinenser bei
       Militäreinsätzen oder eigenen Anschlägen getötet. Im gleichen Zeitraum
       starben fast 30 Israelis bei Anschlägen.
       
       Für die [3][monatelangen innerisraelischen Proteste] und die tiefe
       politische Spaltung des Landes dürfte der Angriff ebenfalls eine Zäsur
       sein: Während am Mittag die Sirenen in Südisrael, Tel Aviv und Jerusalem
       heulten, erklärten Vertreter der Opposition und der Protestbewegung: „Wir
       sind vereint gegen Terrorismus.“ Die Organisation „Brothers and Sisters in
       Arms“ (Waffenbrüder und -schwestern) kündigte an, die politische
       Verweigerung ihres Armeedienstes vorübergehend auszusetzen. „Jetzt ist das
       Wichtigste die Sicherheit des Landes und seiner Bürger“, hieß es in der
       Erklärung. Andere Protestorganisationen riefen ihre Mitglieder auf,
       Menschen aus dem Süden des Landes bei sich aufzunehmen.
       
       7 Oct 2023
       
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   DIR Felix Wellisch
       
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