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       # taz.de -- Eurofighter für die Türkei: Deutschland genehmigt Erdoğan Kampfjets
       
       > Nach İmamoğlus Festnahme hatte sich die Scholz-Regierung gegen eine
       > Exporterlaubnis für Eurofighter gesperrt. Jetzt ist aus der SPD kein Ton
       > zu hören.
       
   IMG Bild: Immer für einen Deal gut: Erdoğan und der Eurofighter
       
       Berlin taz | Deutschland ermöglicht die Lieferung von neuen
       Eurofighter-[1][Kampfflugzeugen] an die Türkei. „Das
       Verteidigungsministerium hat eine schriftliche Bestätigung an die Türkei
       übersandt, in der die Genehmigung des Exports bestätigt wurde“, sagte
       Regierungssprecher Stefan Kornelius am Mittwoch in Berlin. Vorangegangen
       war eine lange Hängepartie. Die frühere verbliebene Regierung aus SPD und
       Grünen hatte eine Lieferung blockiert. Als Grund hierfür galt die
       [2][Festnahme des türkischen Oppositionspolitikers und Istanbuler
       Bürgermeisters, Ekrem İmamoğlu, Ende März.]
       
       Die neue Bundesregegierung scheint mögliche Bedenken über die
       Rechtsstaatlichkeit in der Türkei hinten angestellt zu haben. Als Treiber
       der nun erteilten Rüstungsexportgenehmigung gelten geostrategische
       Überlegungen mit Großbritannien, das die Eurofighter in einem europäischen
       Konsortium herstellt. Alle an dem Projekt beteiligten Länder, darunter
       Deutschland, müssen daher einer Lieferung des Waffensystems an Drittstaaten
       zustimmen.
       
       Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte vergangene Woche in London mit
       Premierminister Keir Starmer einen Freundschaftsvertrag unterschrieben, der
       unter anderem vorsieht, dass die Rüstungskooperation beider Länder
       ausgebaut werden. Beobachter gehen davon aus, dass dabei auch die Lieferung
       der Kampfjets besprochen wurde. „Merz hat bei seinem Besuch in London
       vergangene Woche dem britischen Ersuchen für die Lieferung an die Türkei
       keine Abfuhr erteilen können“, sagt Ulrich Kühn, Leiter des
       Forschungsbereichs Rüstungskontrolle am Hamburger Institut für
       Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH).
       
       Bereits im März hatte die britische Regierung Ankara ein Preisangebot für
       40 Kampfjets unterbreitet. Die genauen Kosten sind nicht bekannt. Zum
       Vergleich: Der Bundestag hatte im November 2020 etwa 5,5 Milliarden Euro
       für die Beschaffung von 38 Eurofightern für die Bundeswehr genehmigt.
       
       ## Merz informierte auch die griechische Regierung
       
       Hinter einer Lieferung an die Türkei stehen auch industriepolitische
       Überlegungen. Der Eurofighter sei vor 20 Jahren „top notch“ gewesen, sagt
       Rüstungsexperte Kühn. „Heute ist er nicht mehr die modernste Maschine.
       Deshalb sah es auch nicht mehr so gut aus auf den Bestelllisten.“
       
       Die türkischen Bemühungen für die Neuanschaffung des Kampfflugzeugs stehen
       auch in Zusammenhang mit einer Neuanschaffung in Griechenland.
       [3][Frankreich hatte zuletzt neue Rafale-Kampfflugzeuge an den türkischen
       Nachbarn geliefert]. Die Türkei und Griechenland sind zwar beide
       Nato-Mitglieder. Zwischen den beiden Staaten war es in den vergangenen
       Jahren aber unter anderem wegen der Zypern-Frage und wegen Erdgas-Vorkommen
       im Mittelmeer immer wieder zu Spannungen gekommen.
       
       Regierungssprecher Kornelius betonte nun, dass neben dem türkischen
       Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan auch der griechische Ministerpräsident
       Kyriakos Mitsotakis über die Entscheidung informiert wurde. Die
       Bundesregierung habe zudem auch der griechischen Regierung versichert, dass
       die Türkei informiert worden sei, dass Deutschland erwarte, dass diese
       Waffensysteme zur Stabilität in der Region und vor allem im Nato-Bündnis
       beitragen sollen. „Es gibt entsprechende Verabredungen.“
       
       Rüstungsexperte Kühn sieht solche Erwartungen mit Skepsis. „Die große und
       unbekannte Frage ist, was die Lieferung des Kampfjets für die Kurden in der
       Türkei und in den Nachbarstaaten bedeutet. Dass die Waffen irgendwann in
       Zukunft gegen die Kurden eingesetzt werden, kann man zumindest nicht
       ausschließen“, sagt er.
       
       ## Kritik von den Grünen
       
       Unklar ist auch, was das deutsche Einverständnis für die Waffenlieferung
       bedeutet, wenn es um die Freilassung des Istanbuler Bürgermeisters İmamoğlu
       geht. İmamoğlu hatte sich zwar aus dem Gefängnis heraus selbst dafür
       ausgesprochen, die Lieferung der Eurofighter nicht von seiner Verhaftung
       abhängig zu machen. Trotzdem stellt sich die Frage, ob die Regierung mit
       der Lieferung ein wichtiges Druckmittel für die Einhaltung demokratischer
       Standards in der Türkei aus der Hand gegeben hat.
       
       Die SPD, die sich im Frühjahr vehement für die Freilassung des Politikers
       ihrer Schwesterpartei CHP eingesetzt hatte, wollte die Exporterlaubnis des
       Kampfjets in die Türkei auf taz-Anfrage nicht kommentieren.
       
       Kritik an der Bewilligung kam dagegen von den Grünen. „Gerade im Fall der
       Türkei gibt es aus den letzten Jahren eine Reihe von aggressiven
       Vorkommnissen im Inneren wie auch in der Außenpolitik. Sei es in Syrien,
       gegenüber Kurdinnen und Kurden oder den Oppositionellen im eigenen Land“,
       erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Agnieszka Brugger,
       gegenüber der taz. „Trotzdem hört man von der Bundesregierung kaum ein
       klares, kritisches Wort gegenüber Präsident Erdoğan. Das ist in Kombination
       mit diesem Deal ganz sicher die falsche Botschaft Richtung Türkei.“
       
       23 Jul 2025
       
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