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       # taz.de -- Extreme Inflation in der Türkei: Die Karten auf den Tisch gelegt
       
       > Zum Amtsantritt machte die türkische Regierung ihren WählerInnen blumige
       > Versprechen. Jetzt ist davon nichts mehr zu hören.
       
   IMG Bild: Wer auf Lira angewiesen ist, wird jeden Tag ärmer, weil die Lebensmittelpreise weiter steigen
       
       Die hohe Inflation in der Türkei wird zu einem Dauerzustand. Gut drei
       Monate nachdem Recep Tayyip Erdoğan erneut die Wahl zum Präsidenten
       gewonnen hat, zeichnet sich ab, dass die angeblich seriöse Finanzpolitik,
       die die Regierung versprochen hatte, ein Bluff war.
       
       Zwar hat die extra aus den USA geholte neue Zentralbankchefin die
       Leitzinsen in zwei Schritten von 8,5 auf jetzt 17 Prozent angehoben, doch
       um eine Inflation, die sogar nach offiziellen Angaben bei fast 50 Prozent
       liegt, wirksam zu bekämpfen, bräuchte es nach Expertenangaben weit höhere
       Leitzinsen. Doch da ist nach wie vor Erdoğan dagegen, der nicht nur aus
       religiösen Gründen hohe Zinsen ablehnt, sondern auch Angst hat, die
       Konjunktur völlig abzuwürgen.
       
       Im Ergebnis wird die türkische Lira immer mehr zu einer Schrottwährung, und
       jeder, der kann, flüchtet in Dollar oder Euro. [1][Wer auf Lira angewiesen
       ist, wird jeden Tag ein bisschen ärmer,] weil die Lebensmittelpreise weiter
       steigen, die Regierung jetzt sogar die Mehrwertsteuer erhöht und
       gleichzeitig Benzin und Dieselpreise anhebt. Die Preise im öffentlichen
       Nahverkehr in Istanbul sind in dieser Woche um 51 Prozent angehoben worden.
       
       Erdoğan zeigt jetzt seinen WählerInnen, was er wirklich von ihnen hält: Sie
       sind nach der Wahl nicht mehr wichtig und müssen bluten. Das Geld fließt in
       den Militärhaushalt, ins Ministerium für Religiöse Angelegenheiten und in
       die diversen Reptilienfonds des Präsidenten.
       
       Für die Bedürfnisse der ärmeren Bevölkerung ist nichts mehr übrig, außer
       sie sind sehr gläubig und freuen sich über die neue Moschee um die Ecke. Es
       ist genau so gekommen, wie [2][die Opposition] es im Wahlkampf vorausgesagt
       hat, doch jetzt zeigt sie sich nicht in der Lage, politisch darauf zu
       reagieren. Sowohl in der sozialdemokratischen CHP wie bei der
       kurdisch-linken HDP gibt es heftige Führungskämpfe, die alle Energien
       absorbieren.
       
       Was bleibt, ist bei vielen Menschen eine völlige Abkehr von der Politik und
       der Wunsch, das Land zu verlassen. Aber auch das gelingt nur wenigen. Vor
       allem die Ärmsten bleiben zu Hause und schnallen den Gürtel enger.
       
       11 Aug 2023
       
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