URI: 
       # taz.de -- Extremwetter in Argentinien und Uruguay: Klima oder La Niña?
       
       > Argentinien und Uruguay leiden unter der schlimmsten Dürre seit
       > Jahrzehnten. Ob daran der Klimawandel schuld ist, haben nun ForscherInnen
       > untersucht.
       
   IMG Bild: Farmer vor verendeter Kuh in der Provinz Santa Fe
       
       Buenos Aires taz | Der [1][Klimawandel] ist nicht die Hauptursache für die
       geringeren Niederschläge, die Ende vergangenen Jahres in weiten Teilen
       Argentiniens und Uruguays zu einer Dürre geführt haben. Zu diesem Schluss
       kommt eine [2][Studie des Forschungsnetzwerks World Weather Attribution],
       die am Donnerstag vorgestellt wurde.
       
       Allerdings hat der Klimawandel die Temperaturen in der Region erhöht, was
       wahrscheinlich die Verfügbarkeit von Wasser verringert und die Auswirkungen
       der Dürre verschlimmert hat, so die Schlussfolgerung der Gruppe von 18
       Forscher*innen, darunter Wissenschaftler*innen aus Argentinien,
       Kolumbien, Frankreich, den Niederlanden, Großbritannien und den USA.
       
       Als treibenden Faktor machen sie das [3][Wetterphänomen La Niña]
       verantwortlich, das in Südamerika nur geringe Niederschläge in den Monaten
       Dezember bis März bringt. La Niña folgt meist als Gegenbewegung auf das
       Klimaphänomen El Niño und tritt etwa alle vier Jahre auf.
       
       Die Phänomene gehen auf die Temperaturschwankungen des Oberflächenwassers
       im östlichen Teil des Pazifiks zurück. Bei der Abkühlung des
       Oberflächenwassers verursacht La Niña in einigen Regionen extreme
       Trockenheit.
       
       ## Schlimmste Dürre seit 60 Jahren
       
       „Was die Dürre anbelangt, so deutet unsere Analyse darauf hin, dass die
       natürliche Variabilität und das ungewöhnliche Auftreten von drei
       La-Niña-Jahren in Folge die geringen Niederschläge erklären könnten, aber
       die hohen Temperaturen verschärfen die Auswirkungen, die wir vor allem bei
       den Nutzpflanzen beobachten“, so [4][Friederike Otto],
       Klimawissenschaftlerin am Imperial College in London.
       
       [5][Argentinien leidet derzeit unter der schlimmsten Dürre seit 60 Jahren].
       Die Folgen sind in der agroindustriellen Landwirtschaft zu spüren. Nach den
       Prognosen der Getreidebörse in Rosario, einer Millionenstadt 300 Kilometer
       nordwestlich von Buenos Aires, wird die Sojabohnenernte in der laufenden
       Saison um ein Viertel geringer ausfallen. Statt 49 Millionen Tonnen werden
       nur noch 37 Millionen Tonnen Sojabohnen erwartet.
       
       Ähnliche Ernteeinbrüche werden bei Weizen und Mais vorhergesagt. Uruguay
       hatte im vergangenen Oktober gar den landwirtschaftlichen Notstand
       ausgerufen, da 60 Prozent des Landes von einer „extremen“ oder „schweren“
       Dürre betroffen waren.
       
       Der größte Teil der argentinischen Ernte wird in der so genannten Pampa
       húmeda, der feuchten Pampa, geerntet. Sie ist das 600.000 Quadratkilometer
       große Herz der argentinischen Landwirtschaft – fast doppelt so groß wie
       Deutschland. Hier werden Soja, Sonnenblumen und Getreide angebaut, dazu
       kommt die Viehwirtschaft. Ein Großteil der Waren gehen in den Export und
       rückten verstärkt ins Rampenlicht, als die Nahrungsmittelpreise in Folge
       des Ukraine-Krieges angezogen.
       
       ## Studie mit Spannung erwartet worden
       
       „Diese mehrjährige Dürre hat die Gesellschaft, die Landwirte und die
       Entscheidungsträger in weiten Teilen Südamerikas beunruhigt“, sagt Juan
       Rivera vom argentinischen Institut für Schneeforschung, Gletscherkunde und
       Umweltwissenschaften (IANIGLA). Die Antwort auf die Frage, ob die
       Trockenheit in dieser riesigen und wichtigen landwirtschaftlichen Region
       dem Klimawandel oder dem Wetterphänomen La Niña geschuldet ist, war mit
       Spannung erwartet worden.
       
       „Unsere Analyse hat zwar keinen direkten Einfluss des Klimawandels auf die
       geringen Niederschläge gezeigt, aber wir können nicht ausschließen, dass
       andere Faktoren im Zusammenhang mit menschlichen Aktivitäten, wie die
       Abholzung von Wäldern im Amazonasgebiet oder im Gran Chaco, eine Rolle
       gespielt haben“, sagt Paola Arias von der Universität von Antioquia in
       Kolumbien.
       
       Im Falle Argentiniens genügt ein Blick in den im Januar vorgestellten
       [6][Waldbericht 2022] von Greenpeace. Darin heißt es, dass das Land im
       vergangenen Jahr allein in den nördlichen Provinzen 200.000 Hektar
       geschützte Urwälder durch Brände und Rodungen verloren hat. „Argentinien
       ist eines der Länder mit der größten Entwaldung“, so Hernán Giardini,
       Koordinator der Greenpeace-Waldkampagne und nennt als eine der
       Hauptursachen die von der Agroindustrie forcierte Ausweitung der
       landwirtschaftlichen Anbaugrenze vor allem für den Sojaanbau nach Norden
       meist durch illegale Rodungen.
       
       Argentiniens Umweltminister Juan Cabandié [7][bestätigte die Angaben]: „Die
       Werte der einheimischen Waldverlustfläche in den Provinzen, ähneln denen,
       die vom Entwaldungs-Frühwarnsystem SAT ermittelt wurden“, so Cabandié. 2019
       hatte sein Umweltministerium ein „nachhaltiges Aufforstungsprogramm“ auf
       den Weg gebracht, dessen [8][wesentlicher Bestandteil] jedoch der
       subventionierte Anbau von Pinien- und Eukalyptusplantagen für die Holz- und
       Zellstoffgewinnung vor allem den Nordprovinzen ist.
       
       16 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schwerpunkt-Klimawandel/!t5008262
   DIR [2] https://www.worldweatherattribution.org/vulnerability-and-high-temperatures-exacerbate-impacts-of-ongoing-drought-in-central-south-america/
   DIR [3] /Duerre-in-Argentinien/!5910293
   DIR [4] /Forscherin-ueber-Hitze-und-Klima/!5864984
   DIR [5] /Braende-in-Argentinien/!5901151
   DIR [6] https://www.greenpeace.org/static/planet4-argentina-stateless/2023/01/e9b71707-deforestacion-en-el-norte-de-argentina-informe-anual-2022.pdf
   DIR [7] https://www.argentina.gob.ar/ambiente/bosques/alerta-deforestacion
   DIR [8] https://www.argentina.gob.ar/superintendencia-de-seguros/seguro-verde/arbol-bosque/forestar-2030
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Vogt
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Argentinien
   DIR Uruguay
   DIR Dürre
   DIR Dürre
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Landwirtschaft
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
   DIR Argentinien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Winterdürre in Europa: Extreme Wetter, schlechte Weine
       
       Wegen des Klimawandels sind schlechte Obst- und Gemüseernten in Spanien und
       Nordafrika wohl bald Normalität. Das hat Folgen für ganz Europa.
       
   DIR Modell Staatsschulden für das Klima: Getauschter Naturschutz
       
       Belize war fast bankrott, als eine NGO dem Land viel Geld geliehen hat. Nun
       muss es Auflagen erfüllen. Kann dieses Modell die Lösung sein?
       
   DIR Prozess gegen Klimaaktivistin Carla Hinrichs: Gericht erinnert ans Sauriersterben
       
       Die Sprecherin der Gruppe Letzte Generation steht wegen einer
       Straßenblockade vor Gericht. Der Richter zeigt sich unbeeindruckt.
       
   DIR Dürre in Argentinien: Unruhe am Soja-Markt
       
       Paradoxe Entwicklungen in zwei der wichtigsten Erzeugerländer von Soja:
       Während Brasilien so viel wie noch nie produziert, bricht in Argentinien
       die Ernte ein.
       
   DIR Brände in Argentinien: Das Feuer und der Fluss
       
       In einem Feuchtgebiet Argentiniens brennt es seit drei Jahren immer zur
       selben Zeit. Das Ökosystem ist wichtig für Umwelt und Klima. Wer ist
       schuld?
       
   DIR Waldbrände in Nord-Argentinien: Feuer in den Sümpfen von Iberá
       
       Ausbleibende Niederschläge führen seit Anfang des Jahres zu riesigen Feuern
       in der Region Corrientes. Wälder, Sümpfe und Pinienplantagen betroffen.