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       # taz.de -- FT-Journalist bekommt Reporterpreis: Olaf Scholz ehrt Enthüller
       
       > Pikantes Lob: Der Finanzminister ist beim Reporterpreis Laudator für den
       > Financial Times-Journalisten, der den Wirecard-Skandal aufdeckte.
       
   IMG Bild: Laudator mit Beigeschmack: Ausgerechnet Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ehrt den Wirecard-Enthüller
       
       Berlin taz | Große Auszeichnung für Dan McCrum von der Financial Times, den
       Journalisten, der den Wirecard-Skandal aufdeckte – und [1][ein
       bemerkenswerter Auftritt für Olaf Scholz], dessen oberste
       Finanzaufsichtsbehörde (Bafin) bei [2][einer der wohl größten
       Wirtschaftsaffären der deutschen Geschichte] nicht gerade bella figura
       machte.
       
       Am Montagabend sollte der Finanzminister den investigativen Reporter der
       Finacial Times, der den renommierten Reporterpreis bekommt, mit einer
       Laudatio ehren: McCrum habe sich „große Verdienste um den Rechtsstaat,
       unser Gemeinwesen und auch um den Finanzstandort Deutschland erworben“,
       sagte Scholz in einem vorab veröffentlichten Laudatio-Filmschnipsel.
       
       Das ist insofern pikant, als Scholz’ Bafin zwar nach Bekanntwerden der
       milliardenschweren Betrügereien betont hatte, sie sei nur für einen kleinen
       Teil des einstigen DAX-Emporkömmlings zuständig gewesen. Und weil sie
       dennoch 2019 gegen McCrum Anzeige erstattete, weil dieser seit 2014 wegen
       gefälschter Bilanzen bei Wirecard recherchiert hatte.
       
       Und weil die Bafin damals auch noch ein Leerverkaufsverbot von
       Wirecard-Aktien verfügte, also verhinderte, dass Börsianer auf einen
       fallenden Kurs der Wirecard-Aktien wetteten. Damit fiel die Behörde, in der
       90 Mitarbeiter damals privat mit den Wirecard-Papieren handelten, auf das
       Märchen der Chefs des Unternehmens herein, die sagten, mit den schlechten
       FT-Nachrichten wollten wohl einige Kasse machen. Die Bundesbank sah schon
       damals das bis dahin einzigartige Leerverkaufsverbot kritisch und
       distanzierte sich jetzt in einer Stellungnahme [3][laut Frankfurter
       Allgemeiner Sonntagszeitung] klar davon.
       
       ## Bafin auch bei Millionenverlust mitverantwortlich
       
       Die Bafin ist auch nicht ganz unschuldig an den fast 90 Millionen Euro
       Verlust, die die bundeseigene KfW-Ipex, eine Tocher der Kreditanstalt für
       Wiederaufbau, zu verzeichnen hatte. Die KfW-Ipex ist eine Exportbank, die
       die deutsche und europäische Wirtschaft im Ausland unterstützt.
       
       Das Geldinstitut hatte Wirecard 2018 einen unbesicherten Kredit über 100
       Millionen Euro gewährt und diesen trotz kritischer Berichte – vor allem der
       Financial Times – über den Konzern im Juli 2019 verlängert. Nach der Pleite
       von Wirecard im Juni 2020 verkaufte die KfW-Ipex die Forderung nach am
       Montag bekannt gewordenen [4][Informationen von WDR, NDR und Süddeutscher
       Zeitung] mit einem Verlust von rund 89 Millionen Euro. Eine Mitschuld für
       die Fehleinschätzung trifft laut den Recherchen die deutsche Bafin. Ein
       Vermerk der KfW-Ipex von Juni 2019 zeige, dass diese ihre Entscheidung über
       eine Verlängerung des Kredits auf die Strafanzeige der Bafin gegen die
       kritischen FT-Journalisten Dan McCrum und dessen Kollegin Stefania Palma
       und auf das Leerverkaufsverbot von Februar 2019 stützte.
       
       Die KfW-Ipex sah beides als positives Signal und entschied sich unter
       anderem deswegen, den Kredit zu verlängern. Ein teurer Fehler.
       
       7 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.reporter-forum.de/
   DIR [2] /Wirecard-Untersuchungsausschuss/!5725709
   DIR [3] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/bundesbank-stellt-sich-im-fall-wirecard-gegen-die-bafin-17088197.html
   DIR [4] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirecard-bafin-kfw-1.5139398?reduced=true
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schöneberg
       
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