# taz.de -- Fahrverbote für Dieselfahrzeuge kommt: Bald durchatmen statt durchfahren
> Senat beschließt Diesel-Fahrverbote auf acht Straßenabschnitten und 59
> neue Tempo-30-Zonen. Polizeigewerkschaft äußert Kritik.
IMG Bild: Umweltschützer demonstrieren für Diesel-Fahrverbote vor dem Verwaltungsgericht Berlin
Dieselfahrverbote auf weniger als 3 Kilometer Straßenlänge, mehr
Tempo-30-Zonen auf Hauptstraßen, teureres Parken, neue oder umgerüstete
Fahrzeuge landeseigener Betriebe wie der BVG. Das sind die vier Punkte, mit
denen der rot-rot-grüne Senat dafür sorgen will, dass Berlin die Grenzwerte
für Stickstoffdioxid künftig einhält.
Die Landesregierung beschloss dazu am Dienstag den neuen Luftreinhalteplan,
dessen Entwurf Umweltsenatorin Regine Günther (Grüne) bereits Mitte März
vorstellte. Zum bislang meistdiskutierten Punkt, den Diesel-Fahrverboten,
äußerte sich die Gewerkschaft der Polizei skeptisch bis ablehnend: zu wenig
Leute für Kontrollen, keine klare Erkennbarkeit von Dieselfahrzeugen.
Das Verwaltungsgericht hatte dem Senat im Oktober auferlegt, entsprechende
Maßnahmen zu ergreifen. Die auf acht Straßenabschnitte – siehe Karte –
konzentrierten Fahrverbote auf insgesamt 2,9 Kilometern des insgesamt rund
5.450 km langen Berliner Straßennetzes gelten als Alternative zu kompletten
Dieselverbotszonen. Der Verein Deutsche Umwelthilfe, der das Urteil erwirkt
hatte, kritisierte am Dienstag, dass es nicht zu einer Verbotszone komme,
sondern zu einzelnen Sperrungen, die sie „Flickenteppich“ nennt.
Während die Industrie- und Handelskammer von einer „angemessenen Reaktion
auf das Gerichtsurteil“ sprach, kam von denen, die es kontrollieren sollen,
Kritik: „Wir unterstützen den Wunsch des Senats nach einer grünen Stadt“,
hieß es vom Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Benjamin Jendro.
Doch aus seiner Sicht sei man zahlenmäßig „nie im Leben“ in der Lage, alle
Verbotszonen dauerhaft im Blick zu behalten. Er bemängelte vor allem, dass
die nicht vom Verbot betroffenen Fahrzeuge nicht über eine entsprechende
Plakette erkennbar und Kontrollen nur über Stichproben möglich seien.
Anlieger und dort tätige Handwerker sind ohnehin ausgenommen.
Umwelt- und Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) gab sich nach dem
Senatsbeschluss vor Journalisten weit zuversichtlicher. Sie räumte zwar
ein, dass es keine eigene Plakette des Landes Berlin geben werde und die
betroffenen Fahrzeuge ohne Blick in die Zulassungspapiere damit nicht
erkennbar sind. Sie selbst habe sich eine bundesweit gültige Plakette
gewünscht, zu der es aber nicht kam, genauso wenig wie zur verpflichtenden
Nachrüstung durch die Autohersteller. „Wir gehen erst mal davon aus, dass
man sich an diese Regeln hält“, sagte sie. Als Argument dafür führte sie
positive Erfahrungen mit Tempo 30 auf der Leipziger Straße an, wo zuvor die
Skepsis ebenfalls groß war.
Nach Auskunft einer Günther-Mitarbeiterin kostet der Verstoß 25 Euro; nur
„wenn Sie ständig da erwischt werden“, könne das weiter reichende Folgen
haben. Ergibt eine für Anfang 2021 geplante Überprüfung, dass weder
Strafhöhe noch die von Günther erhoffte Einsicht ausreichen, werde man
nachsteuern. Als Möglichkeiten dafür nannte die Senatorin, die
Durchfahrverbote auf Euro-6-Diesel auszuweiten oder je eine Fahrspur zu
sperren.
Der Luftreinhalteplan sollte nach Ankündigung vom März schon ab 1. Juli in
Kraft sein. Nun stehen noch Anhörungen in den Bezirken an, deren Dauer
allerdings von vier auf zwei Wochen verkürzt sei. Zum nun angestrebten
Beginn sagte Günther: „Es gibt kein genaues Datum, es liegt jetzt in den
Händen der Bezirke, das umzusetzen.“
23 Jul 2019
## AUTOREN
DIR Stefan Alberti
## TAGS
DIR Dieselfahrverbot
DIR Dieselfahrverbot
DIR Feinstaub
DIR Diesel-Nachrüstung
DIR Dieselskandal
DIR Tempo 30
DIR Tempo 30
DIR Holz
DIR Silvester
DIR Diesel-Nachrüstung
DIR Stickoxide
DIR Dieselfahrverbot
DIR Regine Günther
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Bußgelder für Diesel-FahrerInnen: Ein Zeichen fürs Klima
Diesel-Fahrverbote werden als nicht durchsetzbar kritisiert, weil sie nicht
kontrollierbar seien. Die Praxis widerlegt dieses Argument.
DIR Auswirkungen von Tempo 30: Vier Prozent sind erst der Anfang
Tempo 30 reduziert gesundheitsschädliche Stickoxide nur im geringem Maß.
Dennoch ist es keine gescheiterte Symbolpolitik von AutogegnerInnen.
DIR Kampf gegen Verkehrsdreck in Berlin: Tempo 30 hilft – ein bisschen
Langsamer fahren reduziert die Belastung mit Stickstoffdioxid. Das ergibt
die Auswertung des Pilotversuchs an der Leipziger Straße.
DIR Feinstaub durch Heizen mit Holz: Husten fürs Klima
Gemütlich ist's, wenn die Scheite im Kamin knistern. Aber selbst modernste
Holzheizungen emittieren zu viel Feinstaub. Trotzdem fördert sie der Senat.
DIR DUH will Silvester ohne Böller: Laser statt Böller
Lärm, Unfälle und dicke Luft – die Diskussion um Feuerwerk an Silvester
läuft schon länger. Nun fordert die DUH ein Verbot der Böller.
DIR Senat beschließt Diesel-Fahrverbote: Theoretisch gut, praktisch nicht
Ohne realistische Möglichkeit, Umwelt-Ignoranten zu bestrafen, kann der
neue Luftreinhalteplan der rot-rot-grünen Landesregierung nicht wirksam
sein.
DIR Umweltbundesamt zu Stickoxidbelastung: Diesel stinken weiter in 57 Städten
Die Werte für Stickstoffdioxid sind vielerorts nach wie vor weit höher als
erlaubt. Es gibt 15 „Intensivstädte“, hat das Umweltbundesamt gemessen.
DIR Durchfahrverbote und Tempo 30: 2,4 Kilometer gute Luft
Künftig gelten auf neun Straßen Durchfahrverbote für alte Diesel: Die
Umwelt- und Verkehrsverwaltung präsentierte ihren Entwurf des neuen
Luftreinhalteplans.
DIR Fahrverbote in Berlin: Das Diesel-Dilemma
Was bringen die Fahrverbote für Dieselfahrzeuge? Umweltorganisationen sind
sich einig: Eine Verbotszone wäre effektiver als einzelne
Straßenabschnitte.