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       # taz.de -- Familiennachzug für subsidiär Geschützte: Kontingente ausgeschöpft
       
       > Seit August 2018 ist der Nachzug von engen Angehörigen wieder möglich –
       > in engen Grenzen. Neue Zahlen zeigen: Das Kontingent reicht nicht aus.
       
   IMG Bild: 1.000 Personen dürfen pro Monat über den Familiennachzug ein Visum genehmigt bekommen
       
       Berlin taz | Zwei Jahre lang durften Geflüchtete, die in Deutschland nur
       einen eingeschränkten Schutzstatus bekommen haben, ihre engsten
       Familienangehörigen nicht nachholen. Seit August 2018 ist der
       Familiennachzug [1][in engen Grenzen wieder möglich] – und das wird von den
       Menschen auch genutzt. Das vorgesehene Kontingent von 1.000 Angehörigen
       monatlich sei im vergangenen Dezember und Januar erreicht worden, auch im
       Februar werde dies voraussichtlich der Fall sein, schreibt die Neue
       Osnabrücker Zeitung (NOZ) mit Bezug auf Zahlen aus dem
       Bundesinnenministerium.
       
       Demnach wurden im vergangenen Dezember 1.050 Visa ausgestellt, im Januar
       1.069 und vom 1. bis zum 18. Februar 701. Die schwächere Anlaufphase des
       wieder eingesetzten Familiennachzugs für die Gruppe der sogenannten
       subsidiär Schutzberechtigten ist damit vorbei: In den ersten fünf Monaten,
       von August bis Dezember 2018, bekamen sie insgesamt nur 2612 Visa.
       
       Anerkannte Flüchtlinge haben ein Recht auf Familiennachzug für die
       sogenannte Kernfamilie, also für Ehepartner, minderjährige Kinder sowie die
       Eltern von minderjährigen Kindern. Viele etwa aus Syrien geflüchtete
       Menschen bekommen diesen Status in Deutschland inzwischen allerdings nicht
       mehr, stattdessen wird ihnen der sogenannte subsidiäre Schutz zugesprochen.
       
       Für viele hieß das, lange von Ehepartner*innen und Kindern getrennt zu
       sein, wenn nicht die gesamte Familie den Weg nach Deutschland angetreten
       hatte. Dabei steht die Familie eigentlich unter dem besonderen Schutz des
       Grundgesetzes.
       
       ## 36.000 Anträge weltweit
       
       Nach einem Monate währenden Streit hatte sich die Große Koalition im
       vergangenen Februar auf das Kontingent von 1.000 genehmigten Nachzügen
       monatlich für diese Gruppe geeinigt. Ein Rechtsanspruch auf Familiennachzug
       ist darin nicht enthalten. Genau den hatte die SPD zuvor im
       Koalitionsvertrag verankern wollen. Horst Seehofer (CSU) hatte
       dagegengehalten: Dies könne dazu führen, dass 300.000 Angehörige nach
       Deutschland kämen.
       
       Schon im Dezember hatte sich allerdings gezeigt, dass diese Zahl mit der
       Realität wenig zu tun hatte. 45.000 Personen hatten damals bei den
       deutschen Botschaften weltweit um einen Termin nachgesucht. Die
       Linken-Innenpolitikerin Ulla Jelpke hat jüngst noch einmal nachgehakt, wie
       die NOZ berichtet. Inzwischen liegt die Zahl bei etwa 36.000 Menschen.
       
       Demnach kommen die meisten Anträge von Menschen aus Syrien, aber auch aus
       den Bürgerkriegs- und Krisenländern Eritrea, Afghanistan und Irak. Viele
       der betreffenden Personen sind bereits geflüchtet und leben derzeit in
       Flüchtlingslagern vor allem im Libanon, aber auch im Irak und in der
       Türkei. Die Bundesregierung weist darauf hin, dass diese Zahlen „in der
       Regel auch mehrfache Registrierungen enthalten“ – es sei also davon
       auszugehen ist, dass die Zahl der tatsächlichen Antragsteller sogar noch
       geringer ist.
       
       Obwohl die Zahl also deutlich unter den Prognosen des Bundesinnenministers
       liegt, bedeutet das Kontingent von 1.000 pro Monat, dass viele Menschen
       monatelang auf die Zusammenführung mit ihren in Krisengebieten
       zurückgebliebenen Angehörigen werden warten müssen.
       
       ## „Zahl der Toten verringern“
       
       Dass das Kontingent nun ausgeschöpft werde, sei „das Mindeste, was man von
       dieser ungerechten Neuregelung und der Großen Koalition erwarten darf“,
       sagte Luise Amtsberg, flüchtlingspolitische Sprecherin der
       Grünen-Bundestagsfraktion. Sie betont zugleich, „dass die Regelung
       insgesamt den grundrechtlichen Anspruch auf ein Zusammenleben mit der
       Familie aushöhlt“.
       
       Der Familiennachzug sei eine der wenigen legalen Möglichkeiten, Schutz zu
       ersuchen „und somit die Zahl der Toten auf dem Mittelmeer zumindest zu
       verringern“, sagte Amtsberg. Ein beschränkter Familiennachzug behindere
       zudem die Integration der Menschen, die schon in Deutschland seien.
       
       Pragmatischer äußerte sich der SPD-Abgeordnete Frank Schwabe. „Natürlich
       bleibt es dabei, dass es in der Sache für alle Beteiligten richtig wäre,
       Familien so schnell wie möglich zusammenzuführen“, sagte er der taz.
       Vereinbart seien mit Union „aber leider nur die 1.000. Und ich bin erstmal
       froh, dass wir das Kontingent ausschöpfen können.“
       
       Die Linke Jelpke hatte in der NOZ kritisiert, die Bundesregierung habe eine
       viel zu hohe Zahl an Nachzüglern prognostiziert, um dann auf dieser
       Schätzung restriktive Regeln zu etablieren. „Die Beschränkungen müssen
       umgehend zurückgenommen werden, das Recht auf Familiennachzug muss wieder
       für alle Flüchtlinge gelten“, sagte Jelpke. Sie forderte zudem, dass die
       freien Plätze der nicht ausgeschöpften Kontingente aus dem Jahr 2018 ins
       laufende Jahr übertragen werden sollten.
       
       26 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
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