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       # taz.de -- Fernzüge der Bahn: Doch dann ist es zu spät
       
       > Seit über 20 Jahren war die Bahn nicht mehr so unpünktlich wie 2024. Ein
       > Drittel aller Halte erreichten IC und ICE verspätet. Andere Züge machen
       > es besser.
       
   IMG Bild: Signal zur Abfahrt
       
       Berlin taz/dpa | Die [1][Deutschen Bahn (DB)] hat ein Problem mit der Zeit:
       Mehr als jeder dritte Fernzug der DB war im vergangenen Jahr unpünktlich.
       Die Marke für diese Messung liegt beib 6 Minuten Verspätung. Und die wurden
       bei ganzen 37,5 Prozent der Halte erreicht. Nur zwei von drei ICE- und
       IC-Zügen (62,5 Prozent) waren pünktlich unterwegs, wie ein Sprecher des
       Unternehmens mitteilte. Damit war die Deutsche Bahn so unpünktlich
       unterwegs wie seit mindestens 21 Jahren nicht.
       
       Der Konzern stellte auf Anfrage Zahlen bis zurück ins Jahr 2003 zur
       Verfügung. Bislang lag der Pünktlichkeits-Tiefstwert demnach bei 64 Prozent
       im Jahr 2023 nach 65,2 Prozent im Jahr zuvor. Jetzt sind es also noch
       weniger. Der Bestwert waren 84,3 Prozent im Jahr 2004.
       
       „80 Prozent aller Verspätungen im Fernverkehr sind auf die veraltete und
       störanfällige sowie überlastete Infrastruktur zurückzuführen“, sagte der
       Sprecher.
       
       ## Bessere Regios?
       
       Ein Halt wird laut Definition pünktlich erreicht, wenn der Zug weniger als
       6 Minuten Verspätung hat. Im Regionalverkehr war das bei 90,3 Prozent der
       Züge der Fall – im Vergleich zu 91,0 Prozent im Jahr 2023. Im Jahr 2020
       wurden noch 95,6 Prozent der Halte im Regionalverkehr und 81,8 Prozent im
       Fernverkehr rechtzeitig angefahren
       
       Zugleich wies der Sprecher auf das aktuelle [2][Sanierungsprogramm] der
       Bahn hin. Bis 2030 will der Konzern 41 vielbefahrene Korridore grundlegend
       sanieren. Den Anfang machte die Bahn 2024 mit dem Abschnitt zwischen
       Frankfurt und Mannheim – der sogenannten Riedbahn. Die Generalsanierungen
       sollen auch für pünktlichere Züge sorgen. „Bis Ende 2027 will die DB die
       Pünktlichkeit der ICE- und IC-Züge auf 75 bis 80 Prozent steigern“, sagte
       der Sprecher.
       
       ## Bahn-Manager dämpft Erwartung an schnelle Besserung
       
       Die Hoffnung der Fahrgäste auf eine schnelle und breite Wirkung der
       Riedbahn-Sanierung im Fernverkehr hatte der zuständige Manager der
       Deutschen Bahn, Philipp Nagl, zuletzt jedoch gedämpft. Der Effekt auf den
       Nahverkehr werde zwar merklich sein. Mit Blick auf die Fernverkehrszüge und
       die 10.000 Schienenkilometer, die sie befahren, sagte er jedoch: „Da werden
       die 70 Kilometer natürlich jetzt nicht die Welt verändern. Aber sie sorgen
       für eine gute Portion Stabilität im System.“
       
       Die Deutsche Bahn habe 2024 knapp 17 Milliarden Euro in die Infrastruktur
       investiert, sagte der Vorstandsvorsitzende der
       Bahn-Infrastrukturgesellschaft InfraGo. Das sei so viel wie seit Jahren
       nicht. „Wenn wir jetzt die nächsten zwei, drei Jahre auf diesem Niveau
       weiter investieren, dann wird man im ganzen Netz in der Breite spüren, dass
       die Störanfälligkeit der Infrastruktur sinkt und die Qualität des
       Zugverkehrs zunimmt.“
       
       Zumindest über die Weihnachtsfeiertage lief der Bahnverkehr dem Unternehmen
       zufolge weitgehend stabil, reibungslos – und überraschend pünktlich. Am 24.
       und 25. Dezember lag die Pünktlichkeitsquote im Fernverkehr früheren
       DB-Angaben zufolge bei mehr als 80 Prozent. Die Züge waren also deutlich
       pünktlicher als im Jahresmittel.
       
       ## Bahn musste Entschädigungen in dreistelliger Millionenhöhe zahlen
       
       Grund dafür dürfte vor allem das geringere Baugeschehen während der
       Feiertage sowie weniger Güterverkehr gewesen sein, mit dem sich die
       Fernzüge die Gleise teilen. Zudem konnte die Bahn aufgrund neuer Züge in
       diesem Jahr ihr Sitzplatzangebot im Fernverkehr ausbauen.
       
       Die ständigen Verspätungen im Fernverkehr gehen vielen Kundinnen und Kunden
       nicht nur auf die Nerven, sondern kosten der Deutschen Bahn auch viel Geld.
       Bahn-Chef Richard Lutz sagte dem „Tagesspiegel“ kürzlich, für
       Entschädigungen an Fahrgäste werde 2024 „ein deutlich dreistelliger
       Millionenbetrag“ fällig.
       
       ## Während der EM spottete man im Ausland zum Teil über die DB
       
       Besonders unpünktlich war die DB im Juni. In dem Monat war fast jeder
       zweite Zug verspätet. Die Pünktlichkeitsquote lag bei 52,9 Prozent.
       
       Weil in diesem Monat auch die Fußball-Europameisterschaft begann, wurde die
       Deutsche Bahn im Ausland zum Teil zum Gespött. Die Unzuverlässigkeit der
       Bahn bekamen sowohl Fans als auch Teams zu spüren.
       
       Die niederländische Mannschaft etwa musste wegen einer mehr als
       zweistündigen Verspätung kurzfristig statt mit dem Zug per Flieger zum
       Halbfinale reisen. Zu Beginn des Turniers strandeten zeitweise Hunderte
       österreichische Fans in Bayern, weil eine Baustelle anders als geplant
       nicht rechtzeitig fertig wurde. Turnierchef Philipp Lahm verpasste in der
       Gruppenphase wegen Bahn-Problemen den Anpfiff einer Partie.
       
       Als Grund für den schwachen Auftritt im Juni nannte die Bahn, dass es
       gleich in mehreren Regionen zu Überflutungen, Dammschäden und Hangrutschen
       gekommen sei, die sich auch auf den Bahnverkehr auswirkten.
       
       ## Baustellen führen zu Umleitungen und längeren Fahrten
       
       Bevor wieder deutlich mehr Züge der Deutschen Bahn pünktlich halten, dauert
       es noch eine Weile. Zunächst müssen die Fahrgäste wegen der vielen
       Bauarbeiten Umleitungen in Kauf nehmen.
       
       Ab August wird für die Generalsanierung die wichtige Fernverkehrsstrecke
       zwischen Berlin und Hamburg für neun Monate gesperrt. Die Umleitung über
       Uelzen (Niedersachsen) und Salzwedel (Sachsen-Anhalt) verlängert die
       Fahrzeit um mindestens 45 Minuten.
       
       3 Jan 2025
       
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