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       # taz.de -- Fifa vor der Frauen-WM: Fern des Rampenlichts
       
       > Auf der Frauenfußballtagung der Fifa geht es um Teilhabe. Eine gute Idee.
       > Zuvor war es beim Kongress nur um den Präsidenten Infantino gegangen.
       
   IMG Bild: Großzügig: Ichling Infantino lässt Fifa-Generalsekretärin Fatma Samoura mit aufs Bild
       
       Paris taz | Es ist ruhig geworden an der Porte de Versailles. Am Tag zuvor
       war es noch um so etwas wie die Weltherrschaft im Fußball gegangen. Am
       Donnerstag dann nur noch um den Frauenfußball. Am Mittwoch hatte sich
       Gianni Infantino von den versammelten Vertretern der Mitgliedsverbände des
       Internationalen Fußballverbands für weitere vier Jahre zum Präsidenten
       klatschen lassen. Am Tag darauf ging es bei der ersten Frauenfußball-Tagung
       der Fifa um die weitere Entwicklung des Sports. Und plötzlich war der
       Fußball, der rund um die Wiederwahl des Schweizers mit Umsatzzahlen im
       Milliardenbereich als Goldgrube präsentiert wurde, ein Spiel, dem es auf
       die Sprünge zu helfen gilt.
       
       Wer dabei zugehört hat, wie die Fifa dabei hilft, jungen Frauen in
       benachteiligten Gegenden zum Beispiel in England das Spiel mit dem Ball am
       Fuß zu ermöglichen, wie sie Trainerinnenausbildung in Kenia fördert, der
       könnte glatt auf die Idee kommen, die Fifa sei doch nicht nur eine
       Verbrecherorganisation zur Mehrung des Wohlstands ihrer Führer.
       
       Gianni Infantino war nicht dabei, als der „absoult erste“
       Frauenfußballtagung eröffnet worden ist. Die Begrüßungsrede hielt die
       „absolut erste“ Generalsekretärin der Fifa, Fatma Samoura, die nicht müde
       wurde, die Einmaligkeit der Veranstaltung und ihrer selbst zu würdigen.
       Samoura besetzt nach den Regularien den mächtigsten Posten in der Fifa,
       deren Präsident demnach hauptsächlich repräsentative Aufgaben hat. Doch in
       Wahrheit ist es Infantino, der das Sagen hat. Der sorgt schon dafür, dass
       seine Generalin nicht allzu viel von dem Rampenlicht abbekommt, das er
       eigentlich für sich alleine beansprucht.
       
       Beim Fifa-Kongress am Mittwoch ist es einzig um ihn gegangen. Kein
       Verbandsvertreter erhob das Wort, es sei denn, er wollte noch einmal sagen,
       wie wichtig es sei, den Schweizer wiederzuwählen. Die beeindruckenden
       Zahlen der Fifa wurden dann Infantino alleine zugeschrieben. 2.4 Milliarden
       Euro hat die Fifa mittlerweile an Reserven angehäuft. Allein bei der
       Männer-WM im vergangenen Jahr hat die Fifa 4,1 Milliarden Euro
       eingenommen. Die Prämien, die an die teilnehmenden Verbände ausgeschüttet
       wurden, waren dementsprechend hoch. Über 350 Millionen Euro wurden
       ausgezahlt. Bei der Frauen-WM werden gerade einmal 26 Millionen Euro
       verteilt. Nun ja, man müsse den Frauenfußball eben weiterentwickeln, meinte
       Infantino.
       
       ## Versperrte Zugänge
       
       Es war einer der wenigen Momente, die daran erinnerten, dass dieser 69.
       Fifa-Kongress in Paris stattfand, weil drei Tage später dort die Frauen-WM
       angepfiffen wurde. Wenn bei der Fifa über Fußball gesprochen wird, dann
       sind eben meist nur Männer gemeint. Dann geht es um deren Champions League,
       darum, dass die Männerklub-WM 2019 und 2020 im Sklavenhalterstaat Katar
       ausgerichtet wird, Infantinos Wunsch nach einem weiteren Wachstum des
       Turniers und darum, ob man China die Männer-WM 2030 zuschanzen soll.
       
       Für die Frauen gab es ja dann die Tagung an den nächsten beiden Tagen.
       Teilhabe war dort das Thema. Dabei ging es gewiss nicht ums große Geld. Es
       ging darum, dass immer noch zu wenig Frauen und Mädchen die Möglichkeit
       haben, Fußball zu spielen, dass ihnen in viel zu vielen Ländern der Zugang
       zu den Fußballplätzen versperrt bleibt und dass sie auch in scheinbar
       entwickelten Gesellschaften viel zu oft angefeindet werden, wenn sie
       kicken. Fatma Samoura bezeichnete es als vordringliches Ziel der Fifa,
       Fußballplätze für Frauen zu „safe spaces“ zu machen.
       
       In entwickelten Fußballländern wie England ist das nicht grundsätzlich
       anders als etwa in Kenia. Wildcats heißt etwa ein Programm des englischen
       Fußballverbands, das Mädchen in Kontakt zum Fußball bringen soll.
       Angesprochen werden dabei vor allem Kinder aus sozialen Brennpunkten.
       
       Wenn sie Spaß am Fußball finden, dann müssen sich ihre Eltern erst mal
       keine Sorgen darüber machen, ob sie sich den Sport für ihre Kinder leisten
       können. Sie können sich die Ausrüstung auch erst mal leihen. Die Bilder von
       kickenden Kindern in England sehen dann auch nicht viel anders aus als die
       vom Gaspo FC aus Nairobi, der von einem gerade aufgelegten
       Fußballförderprogramm profitiert.
       
       Gianni Infantino hat sich so etwas nicht angesehen. Der Fifa-Boss besucht
       die Tagung erst am Freitag. Dann wird er zusammen mit der
       UN-Untergeneralskretärin Phumzile Mlambo-Ngcuka ein Memorandum of
       Unterstanding zwischen der Fifa und der UN-Einheit für Gleichstellung und
       Ermächtigung der Frauen unterzeichnen. Wenn das Rampenlicht der Weltpolitik
       ein paar Strahlen auf den Fußball wirft, lässt sich Infantino das nicht
       entgehen – selbst wenn es nur um Frauen geht.
       
       6 Jun 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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