URI: 
       # taz.de -- Filmkomödie von Marc-Uwe Kling: Spinner hinter jedem Busch
       
       > Boxhandschuhe, Klimakrisen-Leugner und Bielefeld. „Die
       > Känguru-Verschwörung“ lebt von skurrilen Begegnungen und Spaß am Unsinn.
       
   IMG Bild: Der Diesel Liesel mit dem eigenen Verbrenner auf den Fersen: das Känguru und Marc-Uwe (Dimitrij Schaad)
       
       Die Erde ist ein Würfel. Na ja, das ist Quatsch, das weiß auch Lisbeth
       Schlabotnik, heißlaufende Leugnerin der Klimakrise, die mit ihrem Blog
       „Diesel Liesel“ viele Anhänger gefunden hat. „Die Erde ist ein Würfel“,
       behauptet sie trotzdem im Lauf einer Wette, in der das Känguru und Marc-Uwe
       ihr beweisen wollen, dass mit der Rhetorik der Klimakrisenleugner jede noch
       so dämliche These als Wahrheit behauptet und alle gegenteiligen Aussagen,
       wie die Erde sei rund, als Teil einer Verschwörung ausgewiesen werden kann.
       Das Känguru und Marc-Uwe gewinnen zwar die Wette, können Diesel Liesel aber
       trotzdem an dieser Stelle noch nicht von der Wirklichkeit der Klimakrise
       überzeugen.
       
       „Die Känguru-Verschwörung“ ist der [1][zweite Film mit dem Känguru.]
       Marc-Uwe Kling, von dem das Drehbuch – noch nicht als Buch erschienen –
       stammt, führt diesmal auch Regie, sein verschlafenes Künstler-Alter-Ego
       Marc-Uwe spielt wieder [2][Dimitrij Schaad]. Ihre Gegner sind diesmal die
       Klimakrisen-Leugner, die bald schon Jagd auf das Känguru machen und eine
       Känguru-Verschwörung aufspüren, die seit Hunderten von Jahren Unruhe
       stiftet.
       
       Der politische Gegner, die Klimakrisen-Leugner, die Chemtrails-Fürchter,
       die Corona für eine Verschwörung halten und Impfgegner sind, sind
       zweifelsohne das lohnenswerte Ziel einer satirischen Actionkomödie. Wobei
       sie durch die Bank so dämlich wirken, dass man ein paar wirklich brauchbare
       gute Tricks, ihren realen Vorbildern rhetorisch beizukommen, nun doch nicht
       lernt.
       
       Obwohl unentwegt gequatscht wird und das Großmaul Känguru viele Pointen
       raushaut, liegt der Fokus doch sehr auf der Action, auch wenn diese selbst
       wiederum ironisch kommentiert wird. So rasen Marc-Uwe und das Känguru
       einmal auf einer Draisine – frag jetzt nicht wieso – auf eine Abbruchkante
       zu, als wäre die Erde doch ein Würfel, und erleben eine fast mörderische
       Achterbahnfahrt. Was aber nach einem Schnitt doch nur ein Alptraum des
       Kängurus gewesen sein soll, der, wie das Tier selbst sagt, wahrscheinlich
       „die Hälfte des Budgets“ verschlungen hat.
       
       ## Ein bisschen over the top
       
       Skurrile Begegnungen der unerwarteten Art, der Regisseur und Drehbuchautor
       Kling scheint sie zu lieben, vielleicht auch, weil die Steigerung des
       Unwahrscheinlichen schließlich gar nicht mehr nach Glaubwürdigkeit der
       Handlung fragen lässt. Spinner lauern hinter jedem Busch.
       
       Auf dem Weg nach Bielefeld, zu einer Conspiracy Convention, auf der Diesel
       Liesel Starrednerin ist, geraten sie unter lateinisch sprechende Römer –
       eine kostümierte Lateinklasse, die sich, von ihrem Lehrer angeleitet, ein
       Reenactment der Varus-Schlacht mit einer Horde Germanen liefern. Das
       Känguru, das immer ein paar Boxhandschuhe in seinem Beutel hat, ist
       begeistert. Und so wird der Weg zum Showdown in Bielefeld wieder ein wenig
       in die Länge gezogen.
       
       Dass dieser Quatsch Spaß macht, liegt auch an der Besetzung. Petra
       Kleinert, aus vielen Fernsehserien bekannt, ist die Resolutheit in Person,
       in der man den letztlich sich durchsetzenden guten Funken aber immer schon
       glimmen sieht. Benno Fürmann fügt seinem Bösewicht-Image als Anführer der
       Klimakrisenleugner noch eine schmierige Facette hinzu, und Michael
       Ostrowski als neuer Freund Joe, der dem zielsicher ins Chaos trudelnden Duo
       Känguru und Marc-Uwe mehrfach als rettender Engel erscheint, bereichert mit
       seinem österreichischen Charme die bekannten Figuren um eine neue Note. Sie
       alle spielen, als hätten sie große Freude an der Bedienung des Klischees
       und noch ein bisschen over the top.
       
       25 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Zweiter-Kinostart-der-Kaenguru-Chroniken/!5693475
   DIR [2] /Yael-Ronens-neue-Inszenierung-in-Berlin/!5576414
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katrin Bettina Müller
       
       ## TAGS
       
   DIR Komödie
   DIR Deutscher Film
   DIR Filmkritik
   DIR Klimaskeptiker
   DIR Kolumne Provinzhauptstadt
   DIR Australien
   DIR Schwerpunkt #metoo
   DIR Musik
   DIR Film
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Jugendwahlen in der Schule: Politische Früherziehung
       
       Demokratie in der Schule scheitert oft daran, das sie gefaket ist, findet
       die Kolumnistin. Manchmal aber auch an einem Känguru.
       
   DIR Tödliche Känguru-Attacke in Australien: Den Beutel gestrichen voll
       
       Worüber sich Kängurus ärgern, weiß niemand genau. Wenn sie es tun, kann es
       aber bös enden: In Australien kam nun ein Mensch tragisch ums Leben.
       
   DIR Film über Geschlechterstereotype: Männer, die gern Frauen aufklären
       
       Monia Chokri hat mit ihrer Verfilmung des Theaterstücks „Babysitter“ eine
       #MeToo-Komödie mit reichlich Situationskomik gedreht.
       
   DIR Knarf Rellöm über Musik und Verschwörung: „Unendlich viele Planeten“
       
       Der Musiker Knarf Rellöm liebt die Freiheit. Blöd allerdings, wenn die
       Freiheit in Verschwörungstheorien mündet und die Leute nur noch verbohrt
       sind.
       
   DIR Zweiter Kinostart der „Känguru-Chroniken“: Kampf der Gentrifizierung
       
       Hüpft ein Kommunist mit Beutel durch Berlin-Kreuzberg. Regisseur Dani Levy
       hat Marc-Uwe Klings „Känguru-Chroniken“ verfilmt.