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       # taz.de -- Finale Staffel „4 Blocks“: Ein letzter Mord
       
       > In der letzten Staffel der Neuköllner Gangster-Serie muss Protagonist
       > Toni lernen: In die Kriminalität kommt man leicht rein, aber schwer raus.
       
   IMG Bild: Ein neuer Toni (Kida Ramadan)? Die Waffe in der Hand, der Feind vor ihm – doch Toni schießt nicht
       
       Er nimmt den Schlauch des Tropfes, legt ihm um den Hals des Schlafenden und
       zieht zu. Der röchelt, schlägt um sich, Spucke läuft ihm aus dem Mund.
       
       Keine 20 Minuten dauert es, bis die [1][die dritte Staffel „4 Blocks“]
       ihren ersten Toten hat. Und die Zuschauer*innen werden mit voller Wucht
       daran erinnert, wofür die TNT-Serie um das Leben und die Verbrechen
       [2][einer libanesischen Familie in Berlin-Neukölln steht]. Es ist ein
       Racheakt von Toni Hamady (Kida Khodr Ramadan) an Rocker Nico (Ludwig
       Trepte). Der hatte Stunden zuvor auf ihn geschossen, doch die Kugel traf
       seine Frau.
       
       Der Mord soll Tonis letzter gewesen sein. Hinter ihm und seiner Familie
       liegen Jahre organisierter Kriminalität: Drogenhandel, Immobiliengeschäfte,
       Bestechungen und Mord. Damit soll nun Schluss sein. Es ist nicht das erste
       Mal, dass er versucht der Kriminalität zu entkommen. Doch dieses Mal wirkt
       er entschlossen.
       
       Er zieht in eine kleine Wohnung, tauscht seinen schwarzen Porsche gegen
       einen blauen Golf und sein Style erinnert nun eher an Hobby-Golfer als an
       Neuköllner-Gangster. Statt mit Koks und Machtspielen beschäftigt sich nun
       mit rosa Wandfarben, kauft ein Pony (kein Scherz!), spielt mit seinen
       Freunden Rummikub im Café und trainiert jugendliche Geflüchtete auf dem
       Fußballplatz.
       
       ## Alles, was eine Serie braucht: Fans, Preise und Debatten
       
       Als 2017 die dritte Eigenproduktion des Bezahlsender TNT bei der Berlinale
       seine Premiere feierte, gab es erst einmal Argwohn. [3][Drei weiße deutsche
       Drehbuchautoren] und ein österreichischer Regisseur wollen eine Serie über
       Gangster in Neukölln machen. Was könnte nur schiefgehen? Doch es kam
       anders.
       
       Die Serie wird nicht aus Sicht der Polizei, sondern aus der Perspektive der
       Kriminellen, der Familie Hamady erzählt. Eine Sichtweise, die mit den
       Sehgewohnheiten des deutschen Publikums bricht. Im Gegensatz zu [4][“Dogs
       of Berlin“] oder [5][“Skylines“] setzt „4 Blocks“ deutlich weniger auf
       Stereotype und mehr auf vielschichtigere Figuren.
       
       Was auch an der grandiosen Besetzung liegt. Wie Kida Khodr Ramadan, der den
       liebevollen Vater und knallharten Chef zugleich gibt. Oder Rapper Veysel
       Gelin, der im wirklichen Leben wegen Körperverletzung mit Todesfolge in
       Haft saß, und die Rolle als Tonis Bruder glaubhaft verkörpert. Statt eines
       festen Drehbuchs gibt es für die Schauspieler*innen inhaltliche Vorgaben,
       die sie dann in eigenen Worten wiedergeben sollen.
       
       Warum die Serie so gut funktioniert, liegt auch daran, dass in „4 Blocks“
       nicht nur von dem Unrecht erzählt, das von den Hamadys ausgeht, sondern
       auch von dem, das ihnen widerfährt. Wie von den Besuchen bei der
       Ausländerbehörde, bei denen Toni und Kalila Hamady (Maryam Zaree) für ihre
       deutsche Staatsbürgerschaft kämpfen und sich ständig mit dem bürokratischen
       Kalkül Deutschlands auseinandersetzen müssen.
       
       ## Legende oder Wand
       
       Mit diesen Voraussetzungen hat „4 Blocks“ schnelle eine große
       Fangemeinschaft gefunden, wurde von Feuilletonist*innen gefeiert und mit
       Preisen überhäuft. Die Hintergrunddoku „Inside 4 Blocks“ offenbart, dass
       auch die Schauspieler*innen teilweise zunächst skeptisch waren. So fasst
       Massiv, der Latif spielt, zusammen: „Entweder wird es Legende oder es fährt
       gegen die Wand“.
       
       Wie es sich für eine Legende gehört, löste die Serie nach ersten
       Lobhudeleien auch eine rege Debatte aus. Ob Gewalt und organisierte
       Kriminalität in ihr glorifiziert werde. Oder inwiefern sie die Realität des
       Neuköllner Straßenlebens wiedergebe. Auf diese Fragen kann vielleicht
       Regisseur Özgür Yıldırı, der seit der zweiten Staffel mit an Bord ist, mit
       der dritten und letzten Staffel eine Antwort geben.
       
       Für Toni, das zeigen die ersten zwei Folgen, wird es in jedem Fall nicht
       einfach. Denn dass er ein neues Leben beginnen will, gefällt nicht allen.
       [6][Die übrigen Hamady-Männer stecken noch in alten und neuen Geschäften
       fest.] Und auch der Drogenboss aus Beirut erinnert Tony brutal daran, dass
       er ihn nicht vergessen hat. Das kriminelle Leben zu beenden, wird nicht
       einfach. Ist da auch noch die neue Chefermittlerin des LKA Alexandra Winter
       (Lisa Maria Janke), die „endlich die Clankriminalität in Griff kriegen
       will“.
       
       Unabhängig davor, wie das Leben der Familie Hamady endet, „4 Blocks“ hat
       die deutsche Serienlandschaft zum Positiven verändert. Oder um es mit den
       Worten der Schauspielerin Almila Bagriacik zu sagen: „4 Blocks hat gezeigt,
       dass Made in Germany mehr kann.“
       
       8 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Carolina Schwarz
       
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