# taz.de -- „Finanzier“ von Ruandas Völkermord: Kabuga boykottiert seinen Prozess
> Vor einem UN-Gericht hat der Prozess gegen den ruandischen Geschäftsmann
> Félicien Kabuga begonnen. Er finanzierte 1994 Hetze und Milizen gegen
> Tutsi.
IMG Bild: Die Schädel und Knochen des im Genozid ermordeten. Der Mutmaßliche Finanzier des Völkermords von Ruanda Kabuga, blieb dem eigenen Prozess vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag fern
Berlin taz In Den Haag hat am Donnerstag der Prozess gegen einen der
berüchtigsten Drahtzieher des Völkermordes an Ruandas Tutsi 1994 begonnen.
[1][Félicien Kabuga], vor dem Genozid einer der reichsten und
einflussreichsten Geschäftsleute Ruandas, ist des Völkermordes und
zahlreicher weiterer Verbrechen [2][angeklagt].
Kabuga gründete und führte demnach den radikalen Radiosender „Mille
Collines“, der ab 1993 Ruandas Hutu zur Jagd auf Tutsi aufwiegelte und
schnell als erstes privates Radio in Ruanda zum beliebtesten Radiosender
des Landes aufstieg. Er finanzierte auch die Aufstellung und Aufrüstung
radikaler Hutu-Milizen, die ab dem Beginn des organisierten Massenmordens
ab 7. April 1994 als Hilfstruppe der Armee Tutsi in Häusern und an
Straßensperren aufspürten und abschlachteten. Während des Völkermordes
gründete er den „Nationalen Verteidigungsfonds“, der Spenden für
Waffenkäufe zur Fortsetzung der Massaker sammelte.
Beim Zusammenbruch des für den Völkermord an bis zu einer Million Menschen
verantwortlichen Regimes im Sommer 1994 floh Kabuga aus Ruanda. Erst 2020
wurde im Rahmen einer [3][international koordinierten Fahndung] in
Frankreich geschnappt.
Der Prozess findet vor dem [4][„Nachfolgemechanismus“ (IRMCT) der beiden
UN-Völkermordtribunale für Ruanda und Ex-Jugoslawien] statt, der die bei
der Schließung der beiden Sondertribunale noch unerledigten Fälle
abschließen soll. Haftbefehl des einstigen UN-Völkermordtribunals für
Ruanda gegen Kabuga bestand schon seit 1999.
Der mittlerweile 87-jährige Angeklagte hatte seit seiner Festnahme in
Frankreich unter Verweis auf seine schlechte Gesundheit versucht, erst
seine Inhaftierung, dann seine Überstellung an den UN-Mechanismus und
schließlich einen Prozess zu verhindern – vergeblich, aber immerhin
verzögerte er alles noch einmal deutlich.
Dem Prozessaufakt am Donnerstag blieb Kabuga fern. In einem Schreiben an
das Gericht lehnte er seinen Pflichtverteidiger ab. Die Verhandlung läuft
nun ohne ihn. Der aus Rücksicht auf die schlechte Gesundheit des
Angeklagten festgelegte Gerichtsplan, wonach täglich nur zwei Stunden
verhandelt wird, bleibt aber in Kraft.
So begann der Donnerstag zunächst mit der Verlesung der
Eröffnungs-Statements der Anklage, die am Freitag andauern sollte. Kommende
Woche beginnt die Beweisaufnahme. Wie lange der Prozess dauert, ist offen.
29 Sep 2022
## LINKS
DIR [1] /Ruandas-Voelkermord-Financier/!5686652
DIR [2] https://ucr.irmct.org/LegalRef/CMSDocStore/Public/English/Indictment/NotIndexable/MICT-13-38/MRA26499R0000637420.pdf
DIR [3] /Ruandas-Voelkermord-Financier-in-Haft/!5683817
DIR [4] https://www.irmct.org/en/cases/mict-13-38
## AUTOREN
DIR Dominic Johnson
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