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       # taz.de -- Finanzkrise in Spanien: Staat stoppt Zwangsräumungen
       
       > Nach mehreren Selbstmorden hat die spanische Regierung ein Dekret
       > erlassen. „Für besonders verletzliche Familien“ sollen Räumungen
       > ausgesetzt werden.
       
   IMG Bild: Demonstration in Madrid gegen die Zwangsräumungen.
       
       MADRID taz | Familien, die weniger als 19.200 Euro pro Jahr verdienen,
       sowie kinderreiche Familien, Haushalte mit einem Kind unter drei Jahren
       oder einem Behinderten und Opfer von häuslicher Gewalt sollen auf zwei
       Jahre von Zwangsräumungen verschont bleiben. Das hat das Kabinett in Madrid
       am Donnerstag verkündet.
       
       Außerdem verspricht die Regierung die Einrichtung einer Agentur für
       Sozialwohnungen mit besonders günstigen Mieten. „Das ist nur eine erste
       Phase für die größten Notfälle“, erklärt Regierungssprecherin Soraya Sáenz
       de Santamaría. Die Regierung strebe eine weitgehende Gesetzesreform an, „im
       Dialog mit allen Parteien“. Verhandlungen mit der Parlamentsfraktion der
       Sozialisten brachten bisher keine Ergebnisse. Die Sozialisten verlangen
       eine zeitweise Aussetzung aller Zwangsräumungsverfahren.
       
       Das Dekret wurde in aller Eile ausgearbeitet, nachdem sich in den
       vergangenen Wochen drei Schuldner das Leben genommen hatten, kurz bevor der
       Gerichtsvollzieher die Räumung vollzog. Die Proteste, die überall im Land
       über 500 Zwangsräumungen verhindern konnten, wurden stärker.
       
       Mehrere Bürgermeister drohten den Banken mit Schließung der Gemeindekonten,
       sollten sie weitere Wohnungen räumen lassen. Eine der Polizeigewerkschaften
       sichert ihren Mitgliedern Rechtsschutz zu, wenn sie sich weigern, an
       Zwangsräumungen teilzunehmen.
       
       ## 500 Zwangsräumungen täglich
       
       Bisher werden in Spanien täglich mehr als 500 Wohnungen geräumt. Die Opfer
       landen auf der Straße, die Schulden bleiben. Denn die Banken nehmen die
       Wohnung nur zum geschätzten Marktwert zurück. Der Rest plus die
       Gerichtskosten müssen weiterhin abbezahlt werden. Nach Angaben der Gerichte
       und der „Plattform der Opfer der Hypotheken“ (PAH) haben seit Krisenbeginn
       2007 über 400.000 Familien ihre Wohnung verloren. Für die PAH sind die
       Maßnahmen der Regierung völlig ungenügend.
       
       „Wir verlangen einen Stopp aller Räumungsverfahren, solange die Krise
       anhält. Denjenigen, die ihre Wohnung bereits verloren haben, müssen die
       Schulden erlassen werden. Außerdem wollen wir ein System sozialer Mieten,
       die sich an den Einnahmen der Familien orientierten“, sagt der PAH-Sprecher
       in Madrid, Vicente Pérez. Um dies durchzusetzen sammelt die PAH
       Unterschriften unter eine Gesetzesinitiative.
       
       Die spanische Verfassung sieht vor, dass sich das Parlament mit einem
       solchen Text beschäftigen muss, wenn mehr als eine halbe Million Menschen
       unterschreiben. Das dürfte Ende des Jahres der Fall sein.
       
       Es ist nicht klar, ob die zaghaften Reform der Regierung tatsächlich zum
       Tragen kommen. Laut Berichten der Tageszeitung El Mundo verlangen die EU
       und der Internationale Währungsfonds (IWF), dass alle Maßnahmen, die die
       Bankenrettung gefährden könnten, zuvor abgesegnet werden müssen.
       
       16 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
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