# taz.de -- Flucht aus Westafrika auf die Kanaren: Die tödlichste Route
> Mehr Flüchtlinge nehmen die Route über die Kanaren nach Europa. Solange
> es keine legalen Wege gibt, geht das Sterben weiter.
IMG Bild: Der Weg über die Kanaren ist für Flüchtende tödlicher als jeder andere
Manche nennen sie die „tödlichste“ Flüchtlingsroute: die Überfahrt aus
westafrikanischen Ländern über den Atlantik zu den Kanarischen Inseln. Die
westafrikanische Seeroute nehmen in diesem Jahr deutlich mehr Menschen –
seit Jahresbeginn gab es nach [1][Angaben des spanischen Innenministeriums
14.000 Ankünfte auf den Kanaren], mehr als sieben Mal so viele wie im
Vorjahreszeitraum. Die Internationale Organisation für Migration (IOM)
veröffentlicht noch höhere Zahlen. Es sieht ganz danach aus, als würden die
Ferieninseln ein neuer Ort, für den sich die EU schämen müsste.
Auch hier wird wohl kaum das gelingen, was an anderen wichtigen
Ankunftsorten für Flüchtlinge praktiziert werden soll, aber auch dort nicht
klappt: dass ihr [2][Asylanspruch rechtmäßig und innerhalb zumutbarer
Fristen geprüft wird] – und die Menschen in dieser Zeit gut versorgt und
sicher untergebracht sind.
Medienberichten zufolge sind die Verhältnisse jetzt schon katastrophal: Im
Hafen von Aguineguín im Südwesten von Gran Canaria schliefen demnach
bereits am vergangenen Wochenende mehr als 2.000 Neuankömmlinge draußen auf
dem baren Boden.
Der spanische Innenminister Fernando Grande-Marlaska hatte Anfang der
Woche gesagt, die kanarischen Inseln würden [3][kein „neues Lesbos“]. Doch
mit Corona und den Ausgangsbeschränkungen in Spanien wird es wohl dauern,
bis die neu angekommenen Geflüchteten aufs spanische Festland weiterreisen
können.
Hier zeigt sich mal wieder die Brutalität der Einwanderung: Man kann davon
ausgehen, dass auch die Betroffenen wissen, dass die Überfahrt
lebensgefährlich sein wird, dass Holzboote dem rauen Atlantik kaum trotzen
können.
Sie machen sich trotzdem auf den Weg – womöglich [4][wegen neuer Konflikte
in Westafrika], weil Grenzüberquerungen auf anderen Routen wegen Corona
nicht möglich sind oder auch weil sich ihre Lebensverhältnisse wegen der
Pandemie so verschlimmert haben, dass selbst ein derartiges Risiko im
Vergleich zum Leben in ihrem Herkunftsland als hinnehmbar erscheint.
41 Mal kam es auf der Route zu Schiffbruch, [5][zählte die IOM von Anfang
Januar bis 15. November.] Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen.
511 Menschen starben oder verschwanden demnach in diesem Zeitraum auf
dieser Route. Solange die EU sich abschottet, solange Flüchtlinge kaum
sicheren und legalen Zugang zu einem Asylverfahren bekommen, wird das
Sterben nicht aufhören.
20 Nov 2020
## LINKS
DIR [1] ttp://www.interior.gob.es/documents/10180/11389243/Informe+Quincenal+sobre+Inmigraci%C3%B3n+Irregular+-+Datos+acumulados+desde+el+1+de+enero+al+31+de+octubre+de+2020.pdf/4c40e437-50f2-498d-8226-08a2bddb922c
DIR [2] /Asylverfahren/!t5013911
DIR [3] /Gefluechtete-auf-Lesbos/!5709876
DIR [4] /Generationskonflikte-in-Westafrika/!5720664
DIR [5] https://migration.iom.int/system/tdf/reports/IOM%20-%20Flow%20from%20Western%20African%20Route%20-%20November%202020%20-%20EN_FINAL%20V3.pdf?file=1&type=node&id=10170
## AUTOREN
DIR Eva Oer
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