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       # taz.de -- Flucht in Gaza: Zwischen Müll und Trümmern schlafen
       
       > In Gaza spielt sich derzeit eine der größten humanitären Katastrophen ab.
       > Nun müssen auch die Bewohner von Gaza-Stadt in andere Orte fliehen.
       
   IMG Bild: Aus dem Norden Gaza Geflüchtete bei ihrer Ankunft in Nuseirat am 11.07.2024
       
       Jerusalem taz | Während in Deutschland über Haushaltskürzungen in der
       Entwicklungszusammenarbeit diskutiert wird, [1][setzt sich in Gaza] eine
       der größten humanitären Krisen fort. Nun sollen auch die Bewohner:innen
       sowie die Binnengeflohenen in Gaza-Stadt das Gebiet verlassen, in der
       Regel ein Anzeichen für bevorstehende israelische Militäreinsätze. Die
       „Evakuierung“ werde sich negativ auf die humanitäre Hilfe für die Menschen
       im Gazastreifen auswirkten, warnte [2][Ocha], das Amt der Vereinten
       Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten.
       
       Als temporäre Unterkunft weist das Militär Deir el-Balah sowie az-Zawaida
       an. Mindestens 75.000 Einwohner:innen hatte Deir el-Balah vor dem Krieg,
       az-Zawaida über 25.000. In Gaza-Stadt lebten mehr als 580.000 Menschen. Wie
       sie in den beiden Kleinstädten Platz finden sollen, lässt das Militär
       offen. Seit Kriegsbeginn sollen im Gazastreifen nach palästinensischen
       Angaben mehr als 38.000 Menschen getötet und mehr als 88.000 verletzt
       worden sein. Diese Angaben lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen
       
       Nach Angaben von Ocha, seien geschätzt neun von zehn Menschen in Gaza
       mittlerweile Binnengeflüchtete, auch wenn Medienberichte und Videos in den
       sozialen Medien nahelegen, dass manche Geflohene zumindest temporär wieder
       in ihre Häuser oder deren Überreste zurückgekehrt sind.
       
       Andere mussten wiederum mehrfach fliehen: Ein Video in den sozialen Medien,
       das über 5.000-mal geteilt wurde, zeigt ein junges Mädchen, das ein
       hustendes Kleinkind im Arm hält. Mehr als zehnmal seien sie bereits
       weitergeflohen, sagt sie, den Tränen nahe: „Wir laufen weiter.“
       
       Bereits vor wenigen Tagen rief das israelische Militär zur „Evakuierung“
       von Teilen von Gaza-Stadt auf, nach Angaben von Ocha schlafen viele von
       ihnen nun zwischen Müll und Trümmern, ohne Matratzen und mit wenig
       Kleidung. Dass so viele Menschen nun auf einmal in die bereits überfüllten,
       vom israelischen Militär als solche ausgewiesenen Sicherheitszonen drängen,
       wird wohl auch die medizinische Versorgung dort weiter erschweren. Laut
       Ocha seien in Deir el-Balah derzeit drei Krankenhäuser teilweise operabel,
       dazu kommen etwa ein Dutzend Gesundheitseinrichtungen.
       
       Lange Schlangen für Trinkwasser 
       
       Auch die Versorgung mit Trinkwasser bleibt im ganzen Gazastreifen
       angespannt. Bereits im Mai berichtete [3][die BBC], dass mehr als die
       Hälfte aller Wasserspeicher und Reinigungsanlagen in ganz Gaza zerstört
       seien. Je mehr Menschen in die sogenannten humanitären Zonen flüchten,
       desto länger werden dort wohl die Schlangen, in die sich die Menschen laut
       verschiedener Medienberichte anstellen müssen, um Trinkwasser zu bekommen.
       
       Auch Lebensmittel sind nicht ausreichend verfügbar: Nach Angaben von Cogat,
       einer dem israelischen Verteidigungsministerium untergeordnete
       Koordinierungsstelle für Regierungsaktivitäten in Gaza und dem
       Westjordanland, seien zwar am Mittwoch insgesamt 261 Lastwagen [4][mit
       humanitären Gütern] nach Gaza eingefahren. Doch laut Ocha seien schon seit
       einem Monat keine Lastwagen mit kommerziellen Gütern mehr eingetroffen. Und
       die humanitären Lieferungen enthielten meist Mehl und Dosenessen, aber kein
       Fleisch und frisches Gemüse. Außerdem bleibt die Verteilung der Güter
       schwierig – durch die Kampfhandlungen, aber auch weil immer wieder Lager
       ausgeraubt werden, wie verschiedene Medien berichten.
       
       Nach Angaben von OHCHR, des Büros des Hohen Kommissars der Vereinten
       Nationen für Menschenrechte, mehrten sich außerdem die Anzeichen für eine
       „Hungersnot im gesamten Gazastreifen“. Das legten die Tode mehrerer
       palästinensischer Kinder wegen Hungers und Mangelernährung nahe, berichtet
       eine von OHCHR zitierte Gruppe von Experten.
       
       11 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Deutschlands-Rolle-im-Nahost-Konflikt/!6011739
   DIR [2] https://www.unocha.org/
   DIR [3] https://www.bbc.com/news/world-middle-east-68969239
   DIR [4] /Chef-der-Hilfsorganisation-IRC/!6018324
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lisa Schneider
       
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