# taz.de -- Flüchtlinge in Bihać: Menschenrechte zählen nicht
> Die kleine Stadt weigert sich zu Recht, rund 7.000 Migranten zu
> beherbergen. Sowohl die Stadt als auch die Flüchtlinge werden
> alleingelassen.
IMG Bild: Im Stich gelassen: Geflüchtete im Lager Vučjak bei Bihać
Alle fordern nun, das [1][Lager Vučjak in Bihać] zu schließen. Das ist ja
auch richtig so. Sogar der EU-Delegationschef in Bosnien und Herzegowina
fordert die Auflösung. Das Lager wurde auf einer Müllhalde errichtet; ohne
Sanitäranlagen, Strom und Wasser müssen 800 Migranten Wind, Regen und Kälte
trotzen. Krankheiten und Unterernährung sind die Folge, das ist nicht nur
eine Gefahr für die Gestrandeten, Seuchen können sich auch über das Lager
hinaus schnell verbreiten.
Aber wohin mit ihnen? [2][Die kleine Stadt weigert sich] zu Recht,
weiterhin zusammengenommen 7.000 Migranten zu beherbergen. Die „Regierung“
von Bosnien und Herzegowina in Sarajevo ist angesichts der komplizierten
und zersplitterten politischen Struktur nicht in der Lage, eine
befriedigende Initiative zu ergreifen. Dabei warnten die
Hilfsorganisationen schon vor Monaten vor der Katastrophe, die jetzt
eingetreten ist.
[3][Und Europa]? Das EU-Land Kroatien, das zur Jahreswende die Führerschaft
in der EU übernimmt, tut nichts anderes, als Migranten mit teilweise
brutaler Gewalt daran zu hindern, weiter nach Norden zu kommen. Zeitgleich
lässt die Türkei zunehmend Migranten nach Griechenland ziehen. Von dort aus
versuchen immer mehr Menschen, die neue Balkanroute über Serbien und
Montenegro nach Bosnien zu nutzen. Und werden hier, nicht nur wegen des
Winters, hängen bleiben. Das Europa der EU schließt davor die Augen.
Und was macht Serbien? Niemand will dort die Migranten haben. Die Grenzen
nach Bosnien werden von serbischer Seite nur lax bewacht. Im serbischen
Teilstaat Bosnien und Herzegowinas, der Republika Srpska, geht die Polizei
hart gegen muslimische Migranten vor, wenn sie nicht sofort in die
bosniakischen Gebiete ausweichen. Ähnlich verfahren die bosnischen
Kroaten.
Die Migranten sitzen im Gestrüpp der balkanischen Verhältnisse fest. Nur
die, die Geld haben, können Schlepper bezahlen. Das ist ein gutes Geschäft
für manche in Serbien, Bosnien und Kroatien. Menschenrechte zählen vor
allem für die Männer von Vučjak nicht mehr. Aber nicht nur für die.
11 Nov 2019
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## AUTOREN
DIR Erich Rathfelder
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